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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Zwölfte Homilie.

II.

Gleichwie wir nämlich die irdische Nahrung jeden Tag genießen, so, will der Apostel sagen, sollen wir auch die Worte des Glaubens fortwährend zu uns nehmen, sie sollen unsere ständige Nahrung sein. Was heißt „aufgezogen“ (ἐντρεφόμενος)? Es ist so viel als wiederkauend, fortwährend das Nämliche in sich hin und herwendend, immer Dasselbe erwägend. Es handelt sich ja nicht um eine gewöhnliche Nahrung. „Die profanen Altweiberfabeln weise ab!“ Was meint der Apostel hier für Fabeln? Die jüdischen Satzungen. Und diese nennt er „Fabeln“? Jawohl. Entweder wegen der Fiktion, die in ihnen liegt, oder weil sie nicht mehr zeitgemäß sind. Was zeitgemäß ist, Das ist nützlich; ausserdem ist es nicht bloß unnütz, sondern schädlich. Denk’ dir einen mehr als zwanzigjährigen Mann, der an der Ammenbrust saugt, wie lächerlich wäre ein solcher, rein weil so Etwas nicht mehr an der Zeit ist! Hast du auch bemerkt, wie der Apostel diese Dinge „profan“ und „altweiberhaft“ (γραιώδη) genannt hat? Das eine, weil sie veraltet sind, das andere, weil sie dem Glauben im Wege stehen. Denn es ist das Eigenthümliche dieser „profanen“ Lehren, daß sie der über solchen Dingen stehenden Seele Angst einjagen.

„Übe dich vielmehr als Kämpfer in der Gottseligkeit,“ d. h. im rechten Glauben und guten Wandel; denn Das versteht man unter Gottseligkeit. Also Kampfübung haben wir nöthig.

8. Denn die leibliche Kampfübung ist zu wenig nütze.1

Einige meinen, es sei mit diesen Worten das Fasten gemeint. Warum nicht gar! Das ist keine leibliche, sondern eine geistige Kampfübung. Wäre es eine leibliche, S. 148 dann würde es den Körper nähren; wenn es ihn aber entfettet, mager und dünn macht, dann ist es keine leibliche Kampfübung. Also der Apostel will Nichts wissen von Körperübungen; was wir brauchen, ist Gymnastik der Seele. Die erstere bringt keinen Gewinn, höchstens nützt sie dem Körper ein wenig, aber die Übung der Gottseligkeit trägt auch in der Ewigkeit Frucht, sie bringt hier und dort Nutzen.

9. Das ist ein treues Wort,

d. h. ein wahres, nämlich von Nutzen hier und dort. Der Apostel kommt darauf immer wieder zurück. Er bedarf dafür keiner Argumentation, er behauptet einfach; redet er doch zu Timotheus.

Also auch hienieden leben wir in frohen Hoffnungen. Wer sich keiner Sünde bewußt ist, wer lauter gute Handlungen aufzuweisen hat, der ist auch hienieden seines Daseins froh, gleichwie folgerecht der Sünder nicht nur dort, sondern auch schon hier gestraft wird, indem er in beständiger Furcht dahinlebt, Niemandem frei in’s Gesicht zu blicken wagt, zitternd, bleich, in Todesangst. Oder befinden sich nicht die Geizhälse in einem solchen Zustand, die Diebe, die sich ihres Besitzes nicht freuen können? Führen nicht Ehebrecher und Mörder, die selbst dem Sonnenlicht mißtrauen, ein erbärmliches Dasein? Ist das ein Leben? Nein, das ist ein harter Tod.

10. Denn darauf hin mühen wir uns ab und lassen uns schmähen, weil wir hoffen auf den lebendigen Gott, welcher ist der Retter aller Menschen, zumeist der Gläubigen.

Als wollte der Apostel sagen: Wofür plagen wir uns, wenn wir nicht eine Zukunft zu erwarten hätten? Weßhalb überhäuft uns Alles mit Schmähungen? Haben wir S. 149 nicht so viel Schlimmes erduldet? will er sagen. Nicht Mißhandlung, Schmähung und tausend Ungemach? Haben wir Das alles umsonst erduldet? Wenn wir nicht auf Gott hofften, wozu haben wir’s dann ertragen? Wenn aber Gott den Ungläubigen hienieden das Heil verleiht, um wie viel mehr den Gläubigen im Jenseits? Von welchem „Heil“ spricht der Apostel? Von dem ewigen.

„Welcher ist der Retter aller Menschen, zumeist der Gläubigen,“ d. h. er zeigt mehr Sorge für die Gläubigen auch schon hier auf dieser Welt. In welchem Sinne ist er aber der Retter der Gläubigen? frägt man. Wäre er es nicht, so hätte Nichts gehindert, daß dieselben, von aller Welt angefeindet, längst zu Grunde gegangen wären. Hienieden schon rüstet Gott den Gläubigen gegen die Gefahren, so daß er nicht zu verzagen braucht, da er einen solchen Gott sein nennt, daß er keiner Hilfe von anderer Seite bedarf, sondern gerne Alles mit starkem Sinne trägt. Es ist ja auch bei Denen so, welche irdisches Gut erstreben. Die Hoffnung auf Gewinn im Auge treten sie an ihre Unternehmungen heran.

Aber die schlimmsten Zeiten kommen erst noch. Denn „in den letzten Zeiten (hieß es oben) werden Einige vom Glauben abfallen, indem sie Truggeistern und Teufelslehren Gehör geben, welche in ihrer Heuchelei Lügen sprechen und in ihrem Gewissen gebrandmarkt sind, welche verbieten zu heiraten.“ Wie so? Verbieten wir nicht auch das Heiraten? frägt man. Bewahre! Denen, die heiraten wollen, verbieten wir es nicht, sondern wir bestärken nur Die, welche keine Lust dazu haben, in ihrem jungfräulichen Leben. Etwas Anderes ist es, Etwas verbieten, und etwas Anderes, Einem den freien Willen lassen. Wer das Heiraten verbietet, thut Das ein für alle allemal; wer aber zu einem höheren Leben, dem jungfräulichen, anleitet, der verbietet damit nicht das Heiraten, sondern er stellt nur die Jungfräulichkeit als etwas Vollkommeneres hin.

S. 150 „Welche verbieten, zu heiraten und Speisen zu genießen, die Gott geschaffen zum Genusse mit dankbarem Herzen für die Gläubigen und für die Kenner der Wahrheit.“ Treffend heißt es: „für die Kenner der Wahrheit“. Das Frühere besaß ja nur typischen Charakter. Es ist nämlich Nichts von Natur unrein, sondern wird es nur durch das Gewissen des Genießenden. Warum hat also Gott den Juden viele Speisen verboten? Er wollte die üppigen Mahlzeiten hintanhalten. Hätte er gesagt: Das dürst ihr nicht essen, weil es gegen die Mäßigkeit verstößt, so hätten sie sich desselben nicht enthalten. So aber hat er die Sache in ein zwingendes Gesetz eingeschlossen, damit sie sich durch größere Furcht eher zur Enthaltsamkeit veranlaßt fühlten. Der Fisch wäre ja eigentlich noch unreiner als das Schwein, wie Jedermann weiß; und doch hat ihn Gott nicht verboten. Wie schlimm aber die Üppigkeit im Essen für sie war, darüber höre man auch, was Moses spricht: „Der Liebling aß und wurde fett und feist und schlug aus.“2 Es war auch noch ein anderes Motiv maßgebend. Damit nämlich die Juden bei einem enger gezogenen Kreise von Nahrungsmitteln sich zu den Rindern wendeten und Schafe schlachteten, so hat Gott auf solche Weise für die Folge wohl den Dienst des Apis und des goldenen Kalbes von ihnen ferne halten wollen.3 Dieses Thier war wirklich unrein, verabscheuenswerth, fluchwürdig und profan.


  1. Der andere Theil des Verses 8 folgt weiter unten. ↩

  2. Deut. 32, 15. ↩

  3. Wenn nämlich das Rind gegessen wurde, so konnte eine götzendienerische Verehrung desselben nicht Platz greifen, meint Chrysostomus. ↩

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Commentaire sur la première épitre à Timothée vergleichen
Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

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