• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Vierzehnte Homilie.

I.

8. Wenn aber Jemand für die Seinigen und insbesondere für seine Hausgenossen keine Sorge trägt, so hat er den Glauben verläugnet und ist ärger als ein Ungläubiger.

I. Viele sind der Ansicht, es genüge ihnen zur Erlangung der Seligkeit ihre eigene Tugend. Und wenn es mit ihrem eigenen Leben gut bestellt ist, so glauben sie, es fehle Nichts mehr zu ihrem ewigen Heile. Jedoch, sie täuschen sich! Das beweist jener Mann im Evangelium, der sein einziges Talent vergrub. Er brachte es nämlich nicht verringert zurück, sondern vollständig und so, wie es ihm anvertraut worden war. Und Das beweist auch in dieser Stelle der heilige Paulus, indem er also spricht: „Wenn aber Jemand für seine Hausgenossen keine Sorge trägt.“ Er spricht von der Sorge im Allgemeinen, in geistiger und leiblicher Hinsicht. Auch in letzterem Sinne gibt es eine Sorge. „Wer für die Seinigen und am meisten für seine Hausgenossen,“ — d. h. für seine Anverwandten, — „keine Sorge trägt, ist ärger als ein Ungläubiger.“ Das sagt auch Isajas, der erste der S. 176 Propheten: „Verachte deine eigenen Blutsverwandten nicht!“1 Wenn nämlich Jemand seiner Verwandten und Blutsfreunde aus Engherzigkeit nicht achtet, wie soll er gegen Andere ein liebendes Herz haben? Werden es nicht alle Leute für Windbeutelei erklären, wenn er mit fremden Leuten schön thut, seine Angehörigen aber verachtet und hart behandelt? Warum unterrichtet er die Fremden und läßt die Angehörigen im Irrthum, obschon es leichter und natürlicher wäre, für die letzteren ein Wohlthäter zu sein? Das ist gewiß richtig. Sind nicht die Christen, wird man sagen, durch ihre Nächstenliebe berühmt, und nun kümmern sie sich nicht um ihre Angehörigen?

„Er ist ärger als ein Heide.“ Warum? Weil dieser sich am Ende zwar nicht um die Fremden, wohl aber um seine Angehörigen kümmert. Was der Apostel sagen will, ist Dieß: Sowohl das göttliche wie das Naturgesetz verletzt Derjenige, der seine eigenen Angehörigen vernachlässigt. Wenn aber Derjenige, welcher für seine Hausgenossen keine Sorge trägt, den Glauben verläugnet hat und ärger ist als ein Ungläubiger, welche Stelle soll man Dem anweisen, der seinen Hausgenossen sogar Unrecht zufügt? Neben wen soll man einen solchen Menschen stellen? „Sie behaupten,“ sagt Paulus, „daß sie Gott kennen, durch die Werke aber verläugnen sie ihn.“2 Was befiehlt aber Gott, an den man glaubt? Seine Blutsverwandten nicht zu verachten. Wie kann dann Einer, der auf solche Weise zum Gottesläugner geworden ist, an Gott glauben? Bedenken wir, wie Viele unter uns aus Knickerei ihre Hausgenossen vernachlässigen. Gott hat deßhalb das Verwandtschaftsband angeordnet, damit wir recht viele Veranlassungen haben, einander Wohlthaten zu erweisen. Wenn du nun nicht einmal thust, was der Ungläubige thut, hast du dann nicht den Glauben verläugnet? Es besteht ja der Glaube S. 177 nicht darin, daß man ihn bloß bekennt, sondern darin, daß man auch die entsprechenden Werke aufzuweisen hat. Und es steht Jedem frei, zu glauben und nicht zu glauben.

Nachdem nämlich der Apostel über Schlemmerei und Üppigkeit gesprochen, sagt er nun, es könne Jemand nicht bloß dadurch zu Grunde geben, daß er der Schlemmerei huldigt, sondern auch dadurch, daß er von derselben sich verleiten läßt, seine Hausgenossen zu vernachlässigen. Eine ganz richtige Bemerkung. Eine Wittwe, die bloß dem Bauche lebt, geht auch in dem letzteren Sinne dem Verderben entgegen, indem sie den Glauben verläugnet. Und warum ist sie „ärger als ein Ungläubiger“? Weil es nicht Dasselbe ist, einen Verwandten zu vernachlässigen und einen Fernestehenden. Wie so? Ja, es ist eben ein größeres Vergehen, einen Bekannten als einen Unbekannten, einen Freund als einen gleichgiltigen Menschen zu vernachlässigen.

9. Zur Wittwe werde erwählt, die nicht unter sechzig Jahren alt ist, die eines einzigen Mannes Weib gewesen ist, 10. die das Zeugniß guter Werke für sich hat.

Der Apostel hatte gesagt: „Sie sollen zuerst lernen, gegen ihr eigenes Haus frommen Sinn zu beweisen und Vergeltung zu geben den Eltern.“3 Er hatte ferner gesagt: „Die üppige Wittwe ist lebendig todt;“4 und weiter, daß sie, wenn sie für ihre Hausgenossen keine Sorge trage, ärger sei als ein Ungläubiger. In dieser Stelle sagt er, was sie sonst noch für Eigenschaften haben muß. Wie nun, werden wir sie nach der Zahl ihrer Jahre beurthei- S. 178 len? Und was liegt darin für ein Vorzug? Es ist ja doch nicht ihr Verdienst, daß sie sechzig Jahre alt geworden ist? Nicht auf’s Alter allein kommt es an; denn wenn sie auch dieses Alter überschritten hat, so darf sie dann noch nicht in die Liste der Wittwen eingetragen werden, meint der Apostel, wenn sie nicht gute Werte aufzuweisen hat. Warum aber der Apostel das Alter so genau fixirt, dafür gibt er den Grund später an, und zwar einen Grund, der nicht von ihm selber, sondern von den betreffenden Wittwen geltend gemacht wurde. Für jetzt hören wir weiter!

„Die das Zeugnis guter Werke für sich hat.“ Welcher Werke?

„Wenn sie Kinder erzogen hat.“ Das ist wahrhaftig kein kleines Werk, die Kindererziehung! Die Erziehung besteht aber nicht einfach in dem Großziehen der Kinder, sondern in dem richtigen Großziehen derselben, wie es oben heißt: „Wenn sie im Glauben, in der Liebe und Heiligung beharrt.“5

Siehst du, wie der Apostel überall die Wohlthaten gegen die Angehörigen über die gegen Fremde geübten stellt? Zuerst sagt er: „Wenn sie Kinder erzogen hat,“ und dann erst:

Wenn sie Fremde gastlich aufgenommen, die Füße der Heiligen gewaschen, Bedrängten Beistand geleistet und jeglichen guten Werkes sich beflissen hat.

Wie nun, wenn sie arm ist? Auch dann ist ihr die Gelegenheit nicht benommen, die Kinder zu erziehen, Fremde gastlich aufzunehmen, Bedrängten Beistand zu leisten. Sie S. 179 ist nicht ärmer als die Frau im Evangelium, die zwei Pfennige in den Opferkasten geworfen hat. Auch wenn sie arm ist, hat sie eine Wohnung. Sie bleibt nicht unter freiem Himmel. „Wenn sie die Füße der Heiligen gewaschen.“ Das macht keine Kosten. „Wenn sie jeglichen guten Werkes sich beflissen.“ Welches Gebot spricht der Apostel da aus? Er verlangt äusserliche Dienstleistungen. Zur Bedienung sind ja die Frauen ganz besonders geeignet, z. B. zum Herrichten des Bettes, zur Besorgung des Schlafzimmers.


  1. Is. 58, 7. ↩

  2. Tit. 1, 18. ↩

  3. V. 4. ↩

  4. V. 7. ↩

  5. I. Tim. 2, 15. ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (181.62 kB)
  • epubEPUB (158.04 kB)
  • pdfPDF (622.11 kB)
  • rtfRTF (497.82 kB)
Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur la première épitre à Timothée vergleichen
Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung