V.
Dort in den Klöstern ertönt kein Heulen und Wehklagen. Rein ist jener Wohnraum von solch unangenehmen Tönen, rein von solchem Geschrei. Es sterben auch dort Leute. Sie haben keine unsterblichen Leiber, aber der Tod ist für sie kein Tod. Mit Lobgesängen geleiten sie die Hingegangenen zum Grabe. Eine Prozession (προπομπήν) nennen sie es, keinen Grabgang (ἐκφοράν). Und wird die Meldung gemacht, daß Der oder Jener gestorben sei, dann herrscht Freude und Frohlocken. Oder vielmehr, es getraut sich gar Niemand zu sagen: Der oder Jener ist „gestorben“, sondern: „er hat’s vollbracht.“ Dann hört man Danksagung, Äusserungen der Beglückwünschung und Freude, indem Jeder wünscht, ein solches Ende zu haben, so aus der Rennhahn dieses Lebens auszutreten, so auszurasten von Mühe und Kampf, Christum zu schauen. Und ist Einer krank, — keine Thränen, keine Klagen, sondern Gebete. Nicht die Hand des Arztes, sondern der Glaube allein hat schon oftmals den Kranken gesund gemacht. Und wenn auch ein Arzt nothwendig wird, so zeigt sich auch in diesem Falle viel Philosophie, viel Heroismus. Da steht kein jammerndes Weib mit aufgelösten Haaren, keine Kinderschaar, welche über die bevorstehende Verwaisung jammert, keine Dienerschaft, die den Sterbenden anfleht, ihre Zukunft zu sichern, sondern aller derartigen Scenen enthoben blickt die S. 190 Seele bloß ihrem letzten Athmenzuge entgegen, daß sie in Freundschaft mit Gott hinübergehe. Und wenn eine Krankheit entsteht, so ist sie nicht die Folge von Überfüllung des Magens und Beschwerniß des Kopfes, sondern die Ursachen der Krankheit selber sind durchaus löblicher Art, nicht tadelnswerth wie die eben genannten. Denn entweder ist allzu eifriges Wachen oder Fasten oder etwas Derartiges, was die Krankheiten hervorruft; deßhalb sind sie auch leicht heilbar. Es reicht ja hin, sich nicht mehr in dem Grade zu kasteien, um aller krankhaften Zustände los zu werden.