III.
„Wir wünschen,“ sagt er. Nicht bloße Worte wollen wir, sondern was wünschest du? sprich! Wir S. 176 wünschen, daß ihr im Tugenddienst wirket, nicht, indem ihr, was vordem gewesen, verwerfet, sondern indem ihr Furcht habet in Bezug auf Das, was zukünftig ist. Er vermeidet es, zu sagen: indem ihr nicht, was früher gewesen, verwerfet, sondern was gegenwärtig ist; denn ihr seid abgewichen, seid träger geworden. Aber betrachte, wie zart er Dieses zeigt, ohne zu verletzen! Denn was sagt er? „Wir wünschen aber, daß ein Jeder von euch denselben Eifer beweise, um volle Hoffnung zu haben bis an’s Ende.“ Darin muß man die Klugheit des Paulus bewundern, daß er nicht nachweist, wie sie nachlässig, wie sie saumselig geworden; denn die Worte: „Wir wünschen, daß ein Jeder von euch,“ haben den gleichen Sinn, als wenn Einer sagte: Ich wünsche, daß du dich bemühest, dich jetzt und in Zukunft so zu betragen, wie du dich früher aufgeführt hast. Denn Dieß milderte den Tadel und bewirkte eine bessere Aufnahme. Auch sprach er nicht: Ich will, worin sich der Charakter des Lehrmeisters ausspricht, sondern er sagt: „Wir wünschen,“ was mehr als das Wort „wollen“ väterlich klingt, als wollte er sagen: „Habet Nachsicht, wenn unsere Rede irgend etwas Lästiges hat! „Wir wünschen aber, daß ein Jeder von euch denselben Eifer beweise, um vollem Hoffnung zu haben bis an’s Ende.“ Was will Das sagen? Die Hoffnung, sagt er, trägt und verleiht neue Kraft. Verzaget nicht, hütet euch vor Verzweiflung damit euere Hoffnung nicht vergebens sei; denn wer Gutes thut, hofft auch Gutes und stürzt sich nie in Verzweiflung. „Daß ihr nicht träge werdet,“ - jetzt nämlich. Oben hat er gesagt: „Weil ihr schwach geworden seid zum Vernehmen.“ Allein betrachte, wie er dort die Trägheit darstellt, die bis zum Anhören reicht! Wenn er auch hier Dasselbe sagt, so deutet er doch noch etwas Anderes an. Denn anstatt zu sagen: Verharret nicht im Leichtsinne! sagt er: Werdet nicht träge! Er führt sie wieder in die Zukunft, die von Rechenschaft frei ist, indem er spricht: „Daß ihr nicht träge werdet;“ denn für die Zeit, die noch S. 177 nicht da ist, können wir nicht verantwortlich sein. Wer nämlich für die Gegenwart zum Eifer Ermunterung empfängt, wird in seinem Leichtsinne vielleicht noch träger; aber in Bezug auf die Zukunft verhält es sich anders. „Wir wünschen aber, daß ein Jeder von euch.“ Groß ist seine Liebe, und er ist für Groß und Klein gleichmäßig besorgt. Alle kennt er und läßt Keinen ausser Acht, sondern offenbart die gleiche Sorge für Alle und erweist Allen die gleiche Ehre, weßhalb er ihnen auch so sehr zusprach, seine scharfe Rede nicht übel zu nehmen. „Daß ihr nicht träge werdet;“ denn gleichwie die Unthätigkeit dem Leibe schadet, so macht auch die Verabsäumung guter Werke die Seele schlaff und kraftlos. „Nachahmung Derer,“ sagt er, „welche durch Glauben und Geduld Erben der Verheissungen geworden sind.“ Und welche Diese seien, sagt er im Folgenden. Früher sagte er: „Ahmet das eigene Gute nach, was ihr vordem gethan!“ Damit sie aber nicht fragen könnten: Welches denn? führt er sie zum Patriarchen und stellt ihnen die Beispiele ihrer eigenen Thaten vor Augen, und in Bezug auf die Meinung, als seien sie verladen, stellt er ihnen den Patriarchen als Beispiel hin. Dieß thut er aber, damit sie nicht sagen könnten, unbeachtet und verachtet seien sie verlassen, sondern die Überzeugung gewännen, daß gerade Dieß das Loos der tüchtigsten Männer sei, daß nämlich ihr Lebensweg von Prüfungen begleitet werde, und daß Gott bewunderungswürdige und große Männer auf diese Weise behandle; - aber man muß, sagt er, Alles mit Starkmuth ertragen; denn Das heißt auch glauben. Wenn ich aber eine Gabe verspreche, und du empfängst sie sogleich, wo ist da dein Glaube? Hier ist dieselbe nicht das Verdienst deines Glaubens, sondern sie kommt von mir, der ich dem Versprechen fast zuvorkam und solches erfüllte. Wenn ich aber ein Geschenk verspreche und sage, daß ich dasselbe nach hundert Jahren geben werde, du aber die Hoffnung nicht aufgibst, dann hältst du mich für glaubwürdig, dann hast du von mir die geziemende S. 178 Meinung. Siehst du, daß oft nicht allein der Mangel an Hoffnung den Unglauben erzeugt, sondern daß derselbe aus einem schwachen Geiste und aus Kleinmuth entspringt, keineswegs aber von Dem herrührt, der das Versprechen gegeben: „Denn Gott,“ heißt es, „ist nicht ungerecht, daß er vergessen sollte eueres Thuns und der Liebe, die ihr gegen seinen Namen bewiesen, da ihr den Heiligen dientet und dienet.“ Er rühmt Großes von ihnen, nicht allein ihre Werke, sondern auch daß sie dieselben mit Eifer vollbracht, was er auch anderwärts sagt: „Nicht aber nur ..., sondern auch sich selbst gaben sie dem Herrn und uns.“1 „Die ihr,“ heißt es, „gegen seinen Namen bewiesen habt, da ihr den Heiligen dientet und dienet.“ Siehst du, wie er sie wiederum hebt, indem er die Worte hinzufügt: „und dienet“? Auch jetzt noch, sagt er, „dienet ihr“, um sie aufzurichten und zu zeigen, daß sie, was sie gethan, nicht Jenen, sondern Gott erwiesen haben. „Die ihr bewiesen habt,“ sagt er, nicht allein gegen die Heiligen, sondern gegen Gott; denn Das heissen die Worte: „gegen seinen Namen,“ als ob er sagte: Seines Namens wegen habt ihr Alles gethan. Der daher solchen Eifer und solche Liebe von euch erfährt, wird euch nicht verachten und nicht vergessen.
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vgl. 2 Kor 8,5 ↩