7. Palladius
Sein Zeitgenosse, an Sitten ihm gleich und sein Vertrauter, war der berühmte Palladius. Denn wie berichtet wird, besuchten beide einander, sich gegenseitig Nutzen zu bringen, eiferten sich an und entflammten sich zu göttlicher Liebe. Palladius hatte sich in einer kleinen Zelle eingeschlossen, nahe einem sehr großen und volkreichen Dorfe, namens Immä. Von dem Starkmute des Mannes, seinem Fasten, seinen Nachtwachen und ununterbrochenem Gebete zu berichten, halte ich für überflüssig. Denn darin zog er mit jenem göttlichen Symeon unter dem gleichen Joche. Das Wunder aber, welches bis heute noch besungen wird, das von seiner Stimme und seiner Hand gewirkt wurde, hielt ich der Erzählung wert.
Ein Jahrmarkt wurde in dem genannten Dorfe abgehalten, der von allen Seiten Kaufleute herbeigezogen und eine sehr große Menschenmenge angelockt hatte. S. 80 Ein Kaufmann, der die mitgebrachten Waren verkauft und das Geld zusammengebracht hatte, wollte in der Nacht abreisen. Ein Raubmörder, der die Summe gesehen, wurde von einer wahnsinnigen Leidenschaft erfaßt, verscheuchte den Schlaf von den Augen und lauerte auf die Abreise des Mannes. Nach dem Hahnenruf machte der Kaufmann sich arglos auf den Weg. Der andere aber war ihm zuvorgekommen, hatte einen für einen Hinterhalt geeigneten Platz ausgesucht, sprang plötzlich daraus hervor, versetzte ihm einen Schlag und vollbrachte den Mord. Aber zu dieser Schandtat fügte er noch ein anderes Verbrechen. Er nahm das Geld, den entseelten Leib aber warf er vor die Türe des großen Palladius. Als der Tag angebrochen war und das Gerücht davon sich verbreitete, besprach der ganze Jahrmarkt das Geschehene. Alles lief zusammen, sie erbrachen die Türe und verlangten für die Meintat Rechenschaft von dem göttlichen Palladius. Einer von diesen war der Mörder selbst. Von einer so großen Menge umringt, erhob der gottselige Mann seine Augen zum Himmel und seinen Geist über den Himmel hinaus und flehte zum Herrn, daß er die lügenhafte Verleumdung widerlegen und die verborgene Wahrheit offenbaren möge. Indem er so betete und die Rechte des Daliegenden erfaßte, sprach er: „Sage, o Jüngling, wer hat dir den Schlag beigebracht? Zeige den Urheber der Schandtat und befreie den Unschuldigen von der bösen Verleumdung.” Es folgte dem Worte das Wort und der Rechten der Mensch: der Tote setzte sich auf, musterte die Anwesenden und wies mit dem Finger auf den Mörder. Da erhob sich ein allgemeines Geschrei über das Wunder, man staunte und war entrüstet über die schändliche Verleumdung. Sie zogen dem Mörder die Kleider aus und fanden das noch vom Blute gerötete Messer sowie das Geld, welches die Ursache des Mordes gewesen war. Der göttliche Palladius, vorher schon sehr geehrt, ward noch weit geehrter von jetzt an. Denn das Wunder genügte, des Mannes Macht bei Gott darzutun.
In derselben Familie lebte auch der wundervolle Abraames, der den sogenannten Paratomos bewohnte, nach allen Seiten aber die Strahlen seiner Tugend S. 81 sandte. Zeugnis für den Glanz seines Lebens legen die Wunder ab, die nach seinem Tode geschehen. Denn aus seinem Sarge strömen bis auf den heutigen Tag Heilkräfte verschiedener Art. Zeugen sind die, welche im Glauben reichlich daraus schöpfen. Mir aber möge vergönnt sein, deren Hilfe zu erlangen, durch deren Erwähnung ich meine Zunge geheiligt habe.