47. Von dem Bürgerkriege zu Tours
Schwere heimische Kämpfe erhoben sich damals zwischen Bewohnern des Gebiets von Tours(1) Sichar nämlich, weiland Johannes Sohn, feierte das Fest der Geburt des Herrn mit Austregisil und den ändern Gaugenossen in dem Dorfe Mauthelan(2), und der Priester des Orts sandte einen Knecht aus, um S. 247 einige Leute einzuladen, daß sie in sein Haus kämen, bei ihm zu zechen. Da aber der Knecht kam, zog einer von denen, die eingeladen wurden, sein Schwert und vermaß sich aus ihn einzuhauen, und alsobald sank der Knecht hin und starb. Als dies Sichar, der mit dem Priester in Freundschaft lebte, hörte, daß nämlich ein Knecht desselben ermordet worden sei, nahm er seine Waffen, ging in die Kirche und erwartete Austregisil(1). Dieser aber rüstete sich, da er solches vernahm, auch mit seinen Waffen und ging ihm entgegen. Und da sie alle ins Gemenge gerieten und ein Teil wie der andere zu Schaden kam, stahl sich Sichar unbemerkt unter dem Schutz der Geistlichkeit fort und entfloh auf seinen Hof, ließ aber sein Silber, seine Kleider und vier seiner Knechte, die verwundet warm, im Hause des Priesters zurück. Nach seiner Flucht brach Austregisil in dieses Haus ein, tötete die Knechte und nahm das Gold, Silber und die übrigen Sachen Sichars mit sich. Danach, als sie im Gericht der Bürger(2) erschienen, wurde entschieden, daß Austregisil wegen Totschlags zu der gesetzlichen Buße zu verurteilen sei und weil er, nachdem er die Knechte getötet, die Sachen an sich gebracht hatte, ohne ein Urteil abzuwarten. Sichar hatte sich auf diese Abmachungen eingelassen(3), hörte S. 248 aber nach einigen Tagen, daß die Sachen, welche Austregisil ihm entwendet hatte, bei Auno, bei seinem Sohne und seinem Bruder Eberulf aufbewahrt wären und, ohne die Abmachung zu beachten, tat er sich mit dem Audin zusammen, brach den Frieden und überfiel sie mit Bewaffneten bei Nacht. Er erbrach das Haus, wo sie schliefen, tötete den Alten(1) , den Sohn und den Bruder, erschlug die Knechte und nahm alle ihre Sachen und Herden mit sich fort. Da wir dies hörten, wurden wir sehr darüber betrübt, verbanden uns mit dem Richter des Orts und schickten Botschaft an sie, sie möchten vor uns erscheinen(2), ihre Sache austragen und in Frieden auseinander gehen, damit der Hader nicht noch weiter um sich greife. Als sie aber kamen und die Bürger beieinander waren, redete ich sie also an: „Lasset ab, ihr Männer, von weiteren Freveln, daß dies Übel nicht noch mehr um sich fresse. Wir haben schon Söhne unserer Kirche in diesem Streite verloren und besorgen, daß wir noch andere einbüßen. Verhaltet euch also, ich bitte euch, friedfertig, und wer Unrecht getan hat, büße es, um der Liebe willen, daß ihr Kinder des Friedens seid, würdig durch die Gnade des Herrn Gottes Reich zu empfangen. Denn er spricht: -Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen'(3). Und sehet, wenn der, welcher die Schuld trägt, zu arm sein sollte, die Buße zu zahlen, so soll er mit dem Silber der Kirche ausgelöst werden, nur daß seine Seele nicht verloren gehe." So bot ich ihnen das Geld der Kirche an. Die Partei des Chramnesind(4) aber, welche den Tod seines Vaters, seines Bruders und seines Oheims rächen wollte, weigerte sich, die Buße anzunehmen. Also gingen sie fort, S. 249 und Sichar schickte sich zu einer Reise an, um zum König zu ziehen. Er begab sich deshalb in das Gebiet von Poitiers(1), um dort sein Weib(2) zu besuchen. Und als er dort einen Knecht antrieb, seine Arbeit zu tun, den Stock erhob und ihn schlug, zog dieser das Schwert, das er am Gürtel hängen hatte, und ließ es sich beikommen, seinen Herrn zu verwunden. Da Sichar zu Boden stürzte, liefen seine Freunde(3) herbei, ergriffen den Knecht, richteten ihn fürchterlich zu, schnitten ihm Hände und Füße ab und überlieferten ihn dem Galgen. Inzwischen verbreitete sich das Gerücht zu Tours, Sichar sei umgekommen, und als dies Chramnesind vernahm, entbot er seine Verwandten und Gefolgsleute(4) und stürmte nach Sichars Hause. Nachdem er es ausgeplündert und mehrere Knechte getötet hatte, steckte er alle Häuser, sowohl die des Sichar als die der ändern, die am Hofe Anteil hatten(5), in Brand und nahm die Herden und alles, was fortzubringen war, mit sich. Darauf wurden die Parteien vom Richter(6) nach der Stadt vorgefordert. Sie vertraten hier ihre Sache, und die Richter(7) fanden das Urteil, , daß der, welcher früher die Buße nicht habe annehmen wollen und Feuer in den Häusern angelegt habe, die Hälfte des Wergelds, das ihm früher zuerkannt war, verlieren sollte — dies war eigentlich gegen die Gesetze und geschah nur, um sie zu beruhigen —, die andre Hälfte der Buße aber Sichar er- S. 250 lege1 sollte . Darauf gab die Kirche das Geld her, die Buße wurde nach dem Urteilsspruch gezahlt, die Parteien versöhnten sich und schwuren sich gegenseitig, daß kein Teil mehr zu irgendeiner Zeit sich gegen den ändern erheben wollte. So nahm der Hader ein Ende2.
Hier endet das siebente Buch.