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Werke Gregor von Tours (538-593) Historiarum libri x Zehn Bücher fränkischer Geschichte
Achtes Buch.

40. Von Pelagius von Tours

In der Stadt Tours lebte damals ein gewisser Pelagius, ein Mann, der in allen Ränken erfahren war und sich vor keinem Richter scheute, denn er war den Wächtern der königlichen Gestüte vorgesetzt. Deshalb ließ er nicht ab, Diebstähle, Überfälle, Plünderungen, Mordtaten und andere Verbrechen, sowohl auf dem Wasser, als auf dem Lande, zu S. 305 verüben. Häufig ließ ich ihn zu mir kommen und wollte ihn durch Drohungen wie durch sanfte Worte bewegen, von diesem bösen Treiben abzulassen, aber ich erntete eher Haß, als irgendeine Frucht der Gerechtigkeit bei ihm, wie Salomon in den Sprüchen sagt: „Strafe den Spötter nicht, er hasset dich(1)." Der Unselige faßte einen solchen Haß gegen mich, daß er sogar die zur heiligen Kirche gehörigen Leute öfters beraubte, schlug und für tot liegen ließ, ja er suchte absichtlich immer neue Veranlassungen, um der Hauptkirche oder der Kirche des heiligen Martinus Schaden zuzufügen. So schlug er auch einstmals unsere Leute, als sie vorbeikamen und Thunfisch(2) in Gefäßen trugen, setzte ihnen hart zu und nahm ihnen die Gefäße fort. Als ich dies erfuhr, schloß ich ihn von der Kirchengemeinschaft aus, nicht um mich wegen des Unrechts zu rächen, sondern um ihn so leichter von seinem schlechten Wandel ab-zubringen und zu bessern. Doch er nahm sich zwölf Männer(3) und kam zu mir, um durch einen Meineid sich von dem Verbrechen zu reinigen. Ich wollte ihn nicht schwören lassen, aber auf seine und unsrer Bürger Bitten nahm ich ihm selbst doch endlich den Eid ab, die ändern ließ ich gehen. Darauf befahl ich, ihn wieder in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen. Es war damals März. Im Juli aber, wo man die Wiesen zu mähen pflegt, machte er sich unrechtmäßigerweise auch an eine Wiese der Nonnen, welche an seine Wiese grenzte. Hierbei befiel ihn, sobald er die Hand an die Sichel legte, ein Fieber, und am dritten Tage starb er. Er hatte sich schon früher ein S. 306 Grab in der Kirche des heiligen Martinus zu Landes(1) machen lassen; dies fanden jedoch die Seinigen erbrochen und zertrümmert, und begruben ihn deshalb in der Säulenhalle derselben Kirche. Die Gefäße mit Thunfisch, um derentwillen er einen Meineid geleistet hatte, wurden nach seinem Tode aus seiner Wirtschaftskammer wieder herbeigeschafft, und es erwies sich an ihm die Wunderkraft der heiligen Maria, in deren Kirche(2) jener Elende den falschen Eid geschworen hatte.

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