35. Vom Ende des Waddo
Beretrude1 setzte bei ihrem Tode ihre Tochter zur Erbin ein und hinterließ auch manches den Nonnenklöstern, welche sie errichtet hatte, wie den Hauptkirchen der Städte und den Kirchen der heiligen Bekenner.
S. 58 Waddo aber, dessen wir in dem frühren Teile des Buchs gedachten2 beklagte sich, ihm seien seine Pferde von Beretrudens Eidam genommen worden, und er gedachte deshalb, sich eines Hofes zu bemächtigen, den jene ihrer Tochter hinterlassen hatte und der im Gebiet von Poitiers lag. „Jener kam aus fremdem Lande", sagte er, „und nahm mir meine Pferde, so will ich jetzt ihm seinen Hof nehmen." Inzwischen ließ er dem Verwalter auf jenem Hofe melden, er möge alles zu seiner Ankunft bereithalten und beschaffen, was zu seinem Unterhalt notwendig sei. Da der dies vernahm, sammelte er die Leute auf jenem Hofe und machte sich zum Widerstande bereit. „So lange ich lebe", sprach er, „soll Waddo das Haus meines Herrn nicht betreten." Da nun Waddos Weib vernahm, daß man sich zum Kampfe Wider ihren Gemahl rüste, sprach sie zu ihm: „Gehe nicht dorthin, mein teurer Gatte, denn du wirst umkommen, wenn du von dannen ziehest, und ich werde mit unseren Kindern im Elend Zurückbleiben". Sie hielt ihn fest und wollte ihn zurück-halten, wie auch ihr Sohn, der zu ihm sprach: „Ziehest du fort, so werden wir beide sterben, und du wirst die Mutter zur Witwe und meine Brüder zu Waisen machen". Aber diese Worte vermochten nicht ihn zurückzuhalten; er geriet vielmehr in Zorn gegen seinen Sohn, schalt ihn einen Feigling und Weichling, warf mit der Streitaxt nach ihm und hätte ihm beinahe den Schädel gespalten. Jener entschlüpfte jedoch zur Seite und wich dem Wurfe aus. Dann stiegen sie zu Pferde und zogen von dannen. Waddo schickte abermals zu dem Verwalter, er solle das Haus reinfegen und die Bänke mit Teppichen belegen. Aber jener achtete nicht seines Gebotes, sondern stellte sich, wie erzählt, mit allen Männern und Frauen vor dem Hause seines Herrn auf und erwartete Waddos Ankunft. Als dieser nun kam, drang er S. 59 sogleich in das Haus ein und sprach: „Warum sind die Bänke nicht mit Teppichen belegt und warum ist das Haus nicht rein gefegt?" Und sofort erhob er die Hand mit dem Schwerte und spaltete den Kopf des Mannes, der hinsank und starb. Da dies der Sohn des Ermordeten sah, schleuderte er seinen Speer und richtete ihn gerade auf Waddo; das Geschoß drang diesem mitten in den Leib und zum Rücken wieder heraus. Als er zu Boden sank, lief die Menge, welche sich gesammelt hatte, herbei und begann, Steine auf ihn zu werfen. Einige aber von denen, die mit ihm gekommen waren, drangen durch den Steinregen hindurch, breiteten einen Mantel über ihn und beruhigten die Menge. Unter lautem Klagen hob ihn sein Sohn auf ein Pferd und brachte ihn noch lebendig nach Hause. Hier aber starb er alsbald unter den Tränen seiner Frau und seiner Kinder. Nach diesem seinem unglücklichen Ende begab sich sein Sohn zum Könige und erhielt von diesem des Vaters Besitzungen(1)