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Werke Leo der Grosse (400-461) Epistulae Die (echten) Briefe v. J. 440–450 (BKV)
Erste Abteilung. Die (echten) Briefe v. J. 440-450.
35. Brief des Papstes Leo an Julianus, Bischof von Kos.

3. Cap.

[In dem aber, was Eutyches in dem bischöflichen Gerichte zu sagen wagte, dass „vor der Menschwerdung in Christus zwei Naturen gewesen seien, nach der Menschwerdung (nur) eine“,1 war es notwendig gewesen, dass S. 237 er durch häufige und sorgfältige Fragen der Richter zur Rechenschaftsablegung über sein Bekenntnis gedrängt wurden, damit nicht als unbedeutend durchging, was nur aus der Annahme vergifteter Lehren hervorgekommen. Denn ich glaube, dass der, welcher solches redet, überzeugt sei, dass die vom Erlöser angenommene Seele vorher im Himmel weilte, bevor er aus Maria der Jungfrau geboren wurde und das Wort sich dieselbe im Schoße (der Mutter) verband. Das aber ertragen katholische Gesinnungen und Ohren nicht; denn der Herr brachte, da er vom Himmel, kam nichts mit, was uns angehört, er nahm nämlich weder eine Seele an, welche schon vorher existierte, noch ein Fleisch, welches nicht vom Leibe der Mutter war. Unsere Natur wurde ja nicht so angenommen, dass sie zuerst erschaffen, nachher angenommen wurde, sondern so, dass sie eben bei der Annahme geschaffen wurde. Was daher mit Recht an Origenes verdammt wurde, welcher behauptete, dass die Seelen vor ihrer Einschließung in die Körper nicht nur schon lebten, sondern auch verschiedenartige Handlungen verrichteten, das muss auch an diesem geahndet werden, wenn er es nicht vorzieht, (seine) Meinung aufzugeben.] Denn die Geburt des Herrn im Fleische hat allerdings gewisse Eigentümlichkeiten, durch welche sie die Anfänge der menschlichen Erschaffung überragt, sei es nun deshalb, weil er allein von der unverletzten Jungfrau ohne die Begierlichkeit empfangen und geboren worden, oder deswegen, weil er im Schoße der Mutter so zur Welt kam, dass sowohl die Fruchtbarkeit gebar als auch die Jungfräulichkeit blieb; nichts destoweniger ist sein Fleisch von keiner andern als von unserer Natur; auch wurde ihm die Seele von keinem anderen Ursprunge aus eingehaucht als den übrigen Menschen, welche sich nicht durch die Verschiedenheit des S. 238 Ursprungs, sondern durch die Erhabenheit der Tugend auszeichnete. Denn er hatte an seinem Fleische nichts als Gegensätzliches [noch erzeugte ein (etwaiger) Zwiespalt der Wünsche einen Kampf der Willen]2 Die Sinne Körpers wirkten ohne das Gesetz der Sünde,3 und Wahrheit der Affekte (stand) unter der Leitung der Gottheit und des Geistes, wurde weder durch Verlockungen versucht, noch gab sie einem Unrechte nach. Der wahre Mensch war mit dem wahren Gott vereinigt und wurde weder mit einer früher (schon) eristierenden Seele vom Himmel herabgezogen noch dem Fleische nach aus nichts erschaffen, da er in der Gottheit des Wortes dieselbe Person darstellte4 und dem Leibe sowie der Seele nach die gemeinsame Natur mit uns hatte. Er wäre ja nicht der Mittler zwischen Gott und den Menschen, wenn nicht derselbe Gott und derselbe Mensch wäre, in beidem der eine und wahrhaft. Die Wichtigkeit des Gegenstandes veranlasst uns zwar zu weitläufigen Erörterungen, allein bei deinem Wissen is große Mühe überflüssig, besonders da wir schon durch unsere Brüder an den Bruder Flavianus ein Schreiben schickten, welches zur Bekräftigung der Gemüter nicht nur von Bischöfen, sondern auch von Laien ausreicht. Gottes Barmherzigkeit wird, wie wir glauben, es dahin bringen, dass, ohne Verlust irgend einer Seele, gegen die Ränke desTeufels das Gesunde verteidigt und das Verwundete geheiltt werden kann.5 Gegeben am 13. Juni unter dem Consulate S. 239 des Asturius und Protogenes, der erlauchtesten Männer.


  1. Vorzüglich in diesem Punkte bildet unser Brief eine Ergänzung zu dem obigen (28.) dogmatischen Schreiben des Papstes an Flavianus; was er dort (s. oben S. 209 in c. 6) nur kurz andeutete, führt er hier weitläufiger aus, egänzt und berichtigt hiermit die Ansichten und das Verfahren der Synode von Konstantinopel gegen Eutyches. ↩

  2. Nach manchen Handschriften und nach den Druckausgaben der Concilien ist Subjekt und Objekt dieses Satzes umgekehrt. ↩

  3. D. h. ohne dem Gesetze der Sünde unterworfen zu sein. ↩

  4. Nach der griech. Version: da er in der Gottheit und Menschheit dieselbe Person hatte. ↩

  5. Die griech. Übersetzung schließt den Brief ohne Datum mit der Grußformel: Gott erhalte dich unversehrt, ehrwürdigster Bruder! ↩

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Die (echten) Briefe v. J. 440–450 (BKV)

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