2.
S. 117Es hat also die leibliche Geburt des Gottessohnes seiner Majestät nichts entzogen und nichts hinzugefügt, da die Unveränderlichkeit seiner Wesenheit weder verringert noch erhöht werden konnte. Wenn es nun heißt: „Das Wort ist Fleisch geworden“1 , so bedeutet das nicht, daß sich die Gottesnatur in menschliche Gestalt verwandelt hat, sondern daß der menschliche Leib vom Worte zu „e i n e r“ Person mit ihm vereinigt wurde. Unter dem Wort „Fleisch“ ist also der ganze Mensch zu verstehen, mit dem der Sohn Gottes in dem vom Heiligen Geiste befruchteten Schoße der Jungfrau, der niemals seine Reinheit verlieren sollte, so unzertrennlich verbunden worden ist, daß jener, der vor der Zeit aus dem Wesen des Vaters bezeugt worden war, nunmehr auch i n der Zeit aus dem Mutterleibe der Jungfrau geboren wurde. Könnten wir ja sonst nicht aus den Banden ewigen Todes erlöst werden, wenn sich nicht der in dem Unsrigen erniedrigte, der in dem Seinigen allmächtig blieb. Indem also unser Herr Jesus Christus als wahrer Mensch geboren wurde, ohne darum jemals aufzuhören, wahrer Gott zu sein. machte er in seiner Person den Anfang mit einer neuen Schöpfung, verlieh er dem Menschengeschlechte in dieser Art seiner Geburt einen geistigen Ursprung. Um die Befleckung leiblicher Zeugung zu tilgen, sollte es für jene, die zur Wiedergeburt berufen waren, eine Abstammung o h n e den Samen der Sünde geben. Von diesen heißt es: „Die nicht aus dem Geblüte, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind“2 . Wessen Verstand könnte dieses Geheimnis fassen, wessen Zunge diese Gnade schildern? Die Sünde kehrt zurück zur Unschuld, und was alt war, wird wieder neu. Fernstehende werden an Kindes Statt angenommen, und Fremdlinge treten das Erbe an. Aus Gottlosen werden Gerechte, aus Geizigen Mildtätige, aus Unenthaltsamen Jünger der Keuschheit und aus jenen, die die Welt liebten, eifrige Anhänger des Himmlischen. Worauf anders ist dieser wunderbare Umschwung zurückzuführen S. 118als auf die Hand des Allerhöchsten? Ist doch der Sohn Gottes in die Welt gekommen, „um die Werke des Teufels zu vernichten“3 ; hat er sich doch in der Weise mit uns und uns mir sich vereint, daß durch das Herniedersteigen der Gottheit zu uns Menschen der Mensch zu Göttlichem erhoben wurde.