3.
Pilatus gab also, Geliebteste, dem verblendeten und unversöhnlichen Volke nach: Er liß Jesus durch allerlei Hohnreden beschimpfen, maßlos mißhandeln, geißeln, mit Dornen krönen und mit einem Spottgewand bekleiden. Dann zeigte er ihn den Priestern und Schriftgelehrten, indem er ohne Zweifel meinte, durch diesen Anblick die Herzen seiner Feinde zur Milde zu stimmen, so daß sie nach Sättigung ihres neidischen Hasses den nicht weiter verfolgen zu müssen glaubten, den sie auf so vielfache Weise gedemütigt sahen. Allein wutentbrannt verlangte das schreiende Volk, daß Barabbas begnadigt und freigegeben, Jesus dagegen mit dem Kreuzestode bestraft werden solle. Lärmend riefen die Scharen wie aus einem Munde: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“1 . Da erlangten die Gottlosen zu ihrem eigenen Verderben, was sie so hartnäckig forderten. „Waren doch“, wie der Prophet bezeugte,„ihre Zähne Waffen und Pfeile und ihre Zunge ein scharfes Schwert“2 . Umsonst war es darum, daß sie nicht selbst mit Hand anlegten, um den Herrn der Herrlichkeit zu kreuzigen,da sie gegen ihn die todbringenden Geschosse ihrer Reden und die vergifteten Pfeile ihrer Worte schleuderten. Auf euch, auf euch, ihr falschen Juden und ihr gottvergessenen Führer des Volkes, lastet die ganze Schwere dieses Frevels. Und wenn auch der Statthalter und seine Soldaten zu Mitschuldigen an diesem entsetzlichen Verbrechen geworden sind, so fällt doch die ganze Verantwortung dafür auf euch zurück. S. 308Das Unrecht, das bei der Hinrichtung des Herrn Pilatus durch seinen Urteilsspruch und die Soldaten durch Ausführung des Befehls auf sich luden, macht euch in den Augen der Menschen noch hassenswerter. Konnten doch infolge eures Tobens und Drängens die nicht schuldlos bleiben, denen euere Ungerechtigkeit mißfiel.