4.
Sehet und beherziget, Geliebteste, verständigen Sinnes, welche Keime und Früchte aus der Wurzel der Habsucht kommen, die mit Recht vom Apostel als die Ursache aller Übel bezeichnet wurde!1 . Jeder Sünde liegt Begehrlichkeit zugrunde, und jedes unerlaubte Verlangen entspringt aus dieser Krankheit. Für die Liebe zum Gelde ist jede andere Liebe wertlos, und eine gewinnsüchtige Seele scheut sich nicht, sich selbst für Geringfügiges ins Verderben zu stürzen. Keine Spur von Gerechtigkeit findet sich in einem Herzen, in dem sich die Habsucht eine Stätte bereitet hat. Berauscht von diesem Gifte, griff der treulose Judas zum Stricke, während er nach Gewinn S. 317dürstete2 . Und so töricht war der Gottlose, daß er seinen Herrn und Meister um dreißig Silberlinge verschacherte3 . Als nun der Sohn Gottes das Gericht der Ruchlosen über sich ergehen ließ, geriet der selige Apostel Petrus, dessen Glauben so innig und glühend war, daß er mit dem Herrn leiden und sterben wollte4 , durch die Verdächtigungen der Magd des Hohenpriesters dermaßen in Furcht, daß er aus Schwachheit der Versuchung, Christus zu verleugnen, unterlag5 . Offenbar ließ ihn Gott deshalb wankend werden, um im Oberhaupt der Kirche das Heilmittel der Buße zu gründen und uns zu warnen,vermessen auf eigene Kraft zu vertrauen, da selbst der selige Petrus der Gefahr der Unbeständigkeit nicht entrinnen konnte. Der Herr Jesus aber, der nur dem Leibe nach im Rate der Hohenpriester festgehalten wurde, sah mit seinem göttlichen Auge die Verwirrung des draußen stehenden Jüngers. Darum richtete er den Strauchelnden alsbald mit seinem Blicke wieder auf und gab er ihm Tränen der Buße6 . Glückselig bist du, heiliger Apostel, wegen dieser Tränen, denen die Kraft der heiligen Taufe innewohnte, so daß sie die Schuld der Verleugnung von dir nahm! Zur Seite war dir die Rechte unseres Herrn Jesus Christus, die dich auffing, ehe du niedersankst. Als du schon zu fallen drohtest, gab sie dir wieder sicheren Stand. Der Herr sah eben, daß dein Glaube nicht besiegt und deine Liebe nicht erstorben, sondern nur deine Standhaftigkeit ins Wanken gekommen war. Reich flossen die Tränen, wo die Liebe nicht erkaltete, und diese Tränen der Liebe sühnten die Worte der Furcht. Rasch wurde d e m Heilung und Verzeihung zuteil, dessen Wille nicht frei entschieden hatte. Rasch erhielt also der Fels seine Festigkeit wieder. Und so groß war die Stärke, die ihm verliehen wurde, daß er später bei seinem S. 318eigenen Tode nicht mehr fürchtete, wovor er beim Leiden Christi zurückgeschreckt war. Durch unseren Herrn, Jesus Christus, dem Ehre und Herrlichkeit eigen ist in Ewigkeit. Amen.