XII. Kapitel: Von der Seele des Bischofs Probus von Rieti
Bei diesem Punkt möchte ich nicht verschweigen, was mir Probus, der Diener des allmächtigen Gottes, zur Zeit Abt des Klosters zum heiligen Renatus dahier, von seinem Onkel, dem Bischof Probus1 von Rieti, gar oft erzählte. Dieser wurde am Ende seines Lebens von einer sehr schweren Krankheit befallen. Sein Vater, Maximus mit Namen, schickte überall Diener hin und ließ Ärzte kommen, um, wenn möglich, ihm in seinem Leiden Linderung zu verschaffen. Aber die Ärzte, die aus der Nachbarschaft herbeigeholt waren, erklärten, sobald sie den Puls griffen, daß das Ende nahe bevorstehe. Da es unterdessen Essenszeit und schon spät am Tage geworden war, bat der ehrwürdige Bischof die Anwesenden - mehr auf ihr als auf sein Wohl bedacht -, sie möchten mit seinem Vater sich in das obere Geschoß der bischöflichen Wohnung begeben und sich auf die Anstrengung hin stärken. Sie begaben sich also alle nach oben und nur ein kleiner Knabe blieb zurück, der jetzt noch lebt, wie der erwähnte Probus versichert. Während dieser am Bette des Kranken stand, sah er plötzlich zu dem Manne Gottes weiß gekleidete Männer treten; das Leuchten ihres Angesichtes übertraf noch den Glanz ihrer Gewänder. Durch den Lichtglanz aufgeschreckt, fing er an zu schreien: „Wer sind diese?” Durch diesen Ruf aufmerksam gemacht, sah auch Bischof Probus die Eintretenden und erkannte sie; er tröstete den zitternden und weinenden Knaben: „Fürchte dich nicht, mein Sohn, denn die heiligen Märtyrer Juvenalis und Eleutherius sind zu mir gekommen!” Dieser aber konnte eine so ungewohnte Erscheinung nicht er tragen, lief eilig zur Türe hinaus und erzählte dem Vater des Bischofs und den Ärzten, was er gesehen. Sogleich kamen sie herab, fanden aber den Bischof, den S. 202 sie krank verlassen, schon tot; denn jene hatten ihn mit sich genommen, deren Erscheinung der Knabe nicht hatte ertragen können.
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Martyrol. 15. März ↩