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Werke Gregor der Grosse (540-604) Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum Vier Bücher Dialoge (BKV)
Viertes Buch

XLVIII. Kapitel: Ob man auf Träume etwas geben muß und wie viele Arten Träume es gibt

Gregorius. Bei diesem Punkt, Petrus, muß man wissen, daß die Traumbilder auf sechsfache Weise den Geist berühren. Manchmal entstehen nämlich die Träume durch einen vollen oder leeren Magen, manchmal durch eine täuschende Vorspiegelung, manchmal zugleich durch Denktätigkeit und durch täuschende Vorspiegelung, manchmal durch Offenbarung, manchmal zugleich durch Denktätigkeit und durch Offenbarung. Die zwei erstgenannten Entstehungsarten kennen wir alle aus Erfahrung, die andern vier aber finden wir auf den Seiten der Heiligen Schrift. Denn wenn die Träume nicht in den meisten Fällen durch täuschende Vorspiegelungen unseres verborgenen Feindes entstünden, würde der Weise nicht darauf hinweisen und sagen: „Denn viele wurden durch Träume betrogen und in ihrem Vertrauen darauf getäuscht”;1 oder gar: „Ihr sollet nicht wahrsagen noch auf Träume achten.”2 Aus diesen Worten erhellt deutlich, welchen Abscheu solche Träume verdienen, da sie sogar mit Wahrsagereien auf gleiche Stufe gestellt werden. Wenn die Träume ferner nicht bisweilen S. 258 zugleich aus der Denktätigkeit und aus falscher Vorspiegelung entstünden, hätte der Weise nicht gesagt: „Auf viele Sorgen folgen Träume”.3 Und wenn nicht bisweilen die Träume in geheimnisvoller Offenbarung ihren Grund hätten, so hätte Joseph nicht seine künftige Erhebung über seine Brüder im Traume sehen können, noch hätte der Engel im Traume den Bräutigam Mariens ermahnt, er solle das Kind nehmen und mit ihm nach Ägypten fliehen. Und wenn endlich die Träume nicht manchmal zugleich von der Denktätigkeit und von der Offenbarung herkämen, so hätte der Prophet Daniel bei der Auslegung des Gesichtes des Nabuchodonosor nicht die Denktätigkeit zuerst erwähnt und gesagt: „Du, König, fingest auf deinem Lager zu denken an, was nach dieser Zeit kommen werde, und der so die Geheimnisse offenbart, zeigte dir, was kommen wird;”4 und gleich darauf: „Du sähest, und siehe, es war wie eine große Bildsäule: die Bildsäule war groß, von erhabener Gestalt, und stand dir gegen über.”5 Da also Daniel einerseits ehrerbietig von der Erfüllung des Traumes spricht und andrerseits angibt, aus welchem Gedanken der Traum entsprang, so wird hiermit deutlich gezeigt, daß der Traum oft in Denktätigkeit und Offenbarung zugleich seinen Ursprung hat. Da somit die Träume von gar vielen Dingen abhängig sind, muß man ihnen gegenüber um so vorsichtiger sein, je weniger leicht man die Anregung kennt, von der sie kommen. Die heiligen Männer aber unterscheiden durch ein gewisses inneres Gefühl die Täuschungen von den Offenbarungen gerade nach den Worten und Bildern und erkennen, ob sie eine Mitteilung von einem guten Geist empfangen oder ob sie unter einer falschen Vorspiegelung zu leiden haben. Denn wenn die Seele in diesen Dingen nicht vorsichtig ist, wird sie vom Lügengeist in viele nichtige Dinge verstrickt; sagt er doch mitunter sogar viel Wahres voraus, um die Seele schließlich in irgendeinem Trug gefangen zu nehmen. S. 259


  1. Ekkli 34,7 ↩

  2. Lev 19,26 ↩

  3. Ekkle 5,2 ↩

  4. Dan 2,29 ↩

  5. Dan 2,31 ↩

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