IX. Kapitel: Von Frigdianus,1 Bischof von Lucca
Auch das möchte ich nicht verschweigen, was ich von dem ehrwürdigen Mann Venantius, Bischof von Luni, vor zwei Tagen zufällig erfahren habe. Er erzählte nämlich, die ihm benachbarte Kirche von Lucca habe einen Mann von großer Wunderkraft mit Namen Frigdianus zum Bischof gehabt. Er bezeugt, daß alle dortigen Einwohner sich an folgendes hochverehrte Wunder von ihm erinnern. Der Fluß Auseris,2 der an den Mauern dieser Stadt vorbeifloß, schwoll oft so an, daß er sein Bett verließ, die Felder überschwemmte und alle Saaten und Pflanzungen, die er antraf, vernichtete. Da sich dies häufig wiederholte und infolgedessen eine große Not unter den Bewohnern der Stadt entstand, gaben sie sich alle Mühe, den Fluß anderswohin zu leiten; aber obwohl lange Zeit daran gearbeitet wurde, konnte man doch den Fluß nicht von seinem früheren Bette ablenken. Da verfertigte sich der Mann Gottes Frigdianus eine kleine Harke, begab sich an das Flußbett und betete für sich ganz allein. Dann befahl er dem Fluß, ihm zu folgen, und zog die Harke, wo es ihm gut dünkte, über die Erde hin. Und alles Flußwasser verließ sein Bett und lief ihm nach, so daß es den gewohnten Lauf ganz aufgab und sich dort ein Bett wühlte, wo es der Mann Gottes mit seiner Harke auf dem Boden vorzeichnete; S. 121 der Fluß beschädigte auch die Saaten und Pflanzungen, die zur Ernährung der Menschen dienen sollten, weiter hin nicht mehr.