VI. Kapitel: Von Marcellinus,1 Bischof der Stadt Ankona
Gregorius. Dieselbe Stadt Ankona besaß einen Bischof von ehrwürdigem Lebenswandel namens Marcellinus. Das Podagra halte seine Füße ganz S. 25 zusammengezogen, so daß ihn seine Hausgenossen je nach Wunsch da und dorthin auf den Händen tragen mußten. Eines Tages nun geriet die Stadt Ankona durch Fahrlässigkeit in Brand. Das Feuer wurde immer größer, und alles lief zusammen, um zu löschen. Aber obwohl man wie um die Wette Wasser hineinschleuderte, loderten die Flammen so gewaltig empor, daß der ganzen Stadt der Untergang drohte. Während das Feuer überall rings um sich griff und schon einen beträchtlichen Teil der Stadt eingeäschert hatte und niemand mehr ihm Einhalt gebieten konnte, erschien der Bischof, von den Seinigen auf den Händen herbeigetragen; tief ergriffen von der großen Gefahr und Bedrängnis, befahl er den Trägern: „Setzet mich gerade vor das Feuer!” Das geschah, und sie setzten ihn dahin, wo die ganze Gewalt des Brandes hinzudrängen schien. Wunderbarerweise schlugen jetzt die Flammen in sich zusammen, wie wenn sie dadurch die Ablenkung des Ansturms ausdrücken und sagen wollten, über den Bischof könnten sie nicht hinwegschreiten. So geschah es, daß der Feuersbrunst an jener Stelle Einhalt getan wurde, sie in sich selbst erlosch und weiter kein Haus mehr zu ergreifen wagte. Siehst du, Petrus, von welcher Heiligkeit es zeugt, daß ein kranker Mann sich hinsetzt und durch sein Gebet eine Feuersbrunst zurückdrängt?
Petrus. Ja, ich sehe es und staune.
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Martyrol. 9. Januar ↩
