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Werke Zenon von Verona (300-371) Sermones seu Tractatus Predigten und Ansprachen (BKV)
Buch 1
Traktat II. Hoffnung, Glaube und Liebe.

4.

Aber, Brüder, es würde zu weit führen, sich in Einzelheiten einzulassen. Das um so mehr, als die Liebe ihre stärkeren Rechte geltend macht, sie, die alle Vorzüge in so hohem Maße ihr eigen nennt, daß sie schon von Rechts wegen die Königin von allen ist. Der Glaube mag mit Kräften Triumphe feiern, wie er will, und die Hoffnung mag vieles und Großes in Aussicht stellen: ohne die Liebe haben beide keinen Bestand; der Glaube vor allem nicht, wenn er nicht sich selbst liebt, und die Hoffnung nicht, wenn sie nicht geliebt wird. Und weiter: Der Glaube nützt nur sich selbst; die Liebe nützt allen. Weiter: der Glaube kämpft nicht umsonst; die Liebe ist gewohnt, auch ohne auf Dank zu rechnen, ihre Gaben auszuteilen. Weiter: Der Glaube geht nicht auf einen andern über; die Liebe geht nicht nur auf einen andern über — das ist zu wenig gesagt —, sie geht auf das ganze Volk über. Und weiter: Der Glaube ist nur wenigen eigen, Liebe aber allen. Und weiter: Hoffnung und Glaube sind auf eine gewisse Zeit beschränkt; die Liebe hat kein Ende,1 sie wächst jeden Augenblick; und je mehr die Liebenden einander Liebe erweisen,2 desto größer wird ihre gegenseitige Liebesschuld. Sie liebt auch niemanden aus Rücksicht auf ihre eigene Persönlichkeit; denn sie versteht es nicht, zu schmeicheln. Sie liebt nicht um der Ehre willen; denn sie ist nicht ehrgeizig. Sie liebt nicht um des Geschlechtes willen; für sie sind beide Geschlechter nur eines. Sie liebt nicht nur eine Zeitlang; denn sie ist nicht wankelmütig. Sie ist nicht eifersüchtig; denn sie weiß nicht, was Neid ist. Sie wird nicht aufgeblasen; denn sie hegt die Demut. Sie denkt nichts Arges; denn sie ist einfältig. Sie zürnt nicht; denn sie erträgt auch gern das Unrecht. Sie täuscht nicht; denn sie hält getreu S. 72 ihr gegebenes Wort. Sie verlangt nichts; denn sie hat nichts notwendig als ihr Sein, Die Liebe ist es, die das flache Land, die Städte und Völker bis zur Stunde in Ruhe und Frieden erhält. Die Liebe ist es, die in der Umgebung der Könige die Schwerter für sie gefahrlos macht. Die Liebe ist es, die Kriege unterdrückt, Streitigkeiten aus der Welt schafft, Rechte auf ihre Ansprüche verzichten läßt, Gerichsthöfe milde stimmt, den Haß ausrottet, den Zorn erstickt. Die Liebe ist es, die das Meer durchschifft, den Erdkreis umwandert, durch den Handel den Nationen das Notwendige vermittelt. Und, Brüder, ein kurzes Wort über ihre Macht! Alles, was die Natur einem Ort versagt hat, übermittelt ihm die Liebe» Sie ist es, die als eheliche Liebe zwei Menschen durch das ehrwürdige Sakrament vereinigt zu einem Fleisch. Sie ist es, die der Menschheit durch die Geburt das Sein3 ermöglicht. Ihr ist es zu danken, daß die Gattin teuer ist, die Kinder gut geartet, die Väter wahre Väter sind. Ihr ist es zu danken, daß andere uns wie wir uns selbst, ja noch mehr als wir uns selbst, nahestehen, ja unsere Freunde sind. Ihr ist es zu danken, daß wir unsere Sklaven wie Kinder lieben und umgekehrt sie uns gern als ihre Herren verehren. Ihr ist es zu danken, daß wir nicht nur Bekannten oder Freunden, sondern oftmals auch solchen, die wir niemals gesehen, Liebe erweisen. Ihr ist es zu danken, daß wir auch von den Alten noch Tugenden aus Büchern oder Bücher über ihre Tugenden kennen.


  1. Vgl. zum Folgenden 1 Kor. 13,4-8 ↩

  2. Zu lesen mit der Ausgabe der Ballerini: diligentibus, statt der Konjektur von Giuliari: diligentius ↩

  3. Nach der Ausgabe der Ballerini: Praestet esse statt des von Giuliari gewählten: ex se. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Predigten und Ansprachen (BKV)

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