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Werke Zenon von Verona (300-371) Sermones seu Tractatus Predigten und Ansprachen (BKV)
Buch 1
Traktat V. Die Enthalsamkeit.

4.

Und du, Witwe, warum verlangst du nach einer zweiten Ehe, wenn du doch siehst, daß der Apostel schon einer ersten Beschränkung auferlegt? Denn von ihm stammt das Wort: „Die Zeit ist abgekürzt; es sollen künftighin diejenigen, welche Frauen haben, so leben, als ob sie keine hätten; denn die Gestalt dieser Welt vergeht“1 Zu der Zeit, da dieses Gebot des Apostels hinausging, vor vierhundert und noch mehr Jahren,2 waren die Menschen noch lebenskräftiger und die Christen noch sehr, selten. Warum soll ich jetzt, da schon nahezu der ganze Erdkreis selbst christlich ist und die Lebenskraft der Menschen bei der alternden Welt abgenommen hat, mit schmeichelnden Worten die Schärfe der Wahrheit abstumpfen und nicht vielmehr es vollständig darlegen, wie vollkommen die Durchführung der Gottesverehrung eingehalten werden muß? Um so mehr, da bei Salomon geschrieben steht: „Wenn sich deine Kinder auch vermehren, freue dich nicht über sie, wenn nicht die Furcht Gottes sie erfüllt; und freue dich nicht über ihr Leben! Besser ist ein Kind, das Gott fürchtet, als tausend gottlose Kinder.“3 Unter solchen Umständen frage ich dich, Witwe, die du oftmals wie eine unerfahrene Jungfrau zu heiraten drängst: Hast du einen guten Mann verloren oder einen schlimmen? Wohlan, antworte! Hast du einen schlimmen Mann verloren und hast doch wieder den Wunsch, zu heiraten, so verdienst du, daß ein noch schlimmerer dich prügelt. Hast du einen guten verloren, so wahre ihm das Siegel der Treue! Er, dem du selbst ein gutes Zeugnis ausstellst, verdient den Schimpf nicht, den er damit erleidet. Wo ist jener erste Tag der Ehe, der euch beiden in eurem Verlangen nacheinander zögernder als die andern Tage herzuziehen schien? Wo ist die festliche Opferung der kostbaren Jungfrauschaft, die euch beiden so süß war? Wo ist die Liebe, die in einer Ehe der Gleichberechtigung und der Einigkeit auch nicht stirbt, wenn von den beiden der eine Teil den andern überlebt? Bist nicht du die Frau, die den aufgebahrten Leichnam ihres Gatten mit ihren Tränen abwusch, mit ihren Küssen abtrocknete, mit ihren abgeschnittenen Haaren bedeckte, Furchen in den Wangen, an der Brust die Flecken, wie sie das Schlagen hervorrief, mehr mit schmutziger Asche als mit dem Trauerkleid bedeckt? Ja, sage ich, bist nicht du es, die den Himmel selbst mit ihren Klagen erschütterte und es hinausrief, nach einem solchen Mann nicht einen Augenblick mehr leben zu können? Die damals mit ihrem durch den Schmerz gedämpften Seufzen, mit ihrem versagenden Atem, mit ihrem auf den Boden sinkenden Körper die Trauergäste schwanken ließ, wem sie mehr ihre Tränen weihen sollten, dem Toten oder der Sterbenden? Wenn du darnach Heiratsgedanken hast, dann war all das Verstellung! Und was ist nun das? Sieh da, du kehrst wieder zu den Schönheitsmitteln zurück, du entleihst wieder die Farbe, die du kurz zuvor so verpönt, der Schminkbüchse! Sieh da, du pflegst wieder sorgfältig dein Haar; du vertauschest die Asche der Trauer mit dem Puderstaub! Unter der Augenschwärze des Spießglaspuders verbirgst du deine Tränen; du legst Schmuckketten um den Hals, dem du den Strick zum Aufhängen zugedacht hattest; du befragst den Spiegel um Orakelsprüche, wie du auf passende Art einen Freier einfangen kannst! Aber was du auch tust, eine Jungfrau wirst du nicht mehr sein, Aber das weiß ich, daß einem, der um eines andern willen seine Gestalt und sein Betragen verändert, nichts fehlt zu einem Ungeheuer.


  1. 1 Kor. 7,29. 31. ↩

  2. Über diese Zeitbestimmung siehe die Einleitung S. 25f. ↩

  3. Sir. 16, 1-3. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Predigten und Ansprachen (BKV)

Inhaltsangabe

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