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Werke Zenon von Verona (300-371) Sermones seu Tractatus Predigten und Ansprachen (BKV)
Buch 1
Traktat IX. Die Habsucht I.

2.

Für die Habsucht bilden nicht Rechte, nicht Gesetze, nicht irgendeine Ehrenstellung ein Hindernis: denn was sich kaufen und verkaufen läßt, ist von ihr nicht frei. Auch nicht der Adel; denn um seinetwillen eröffnet sie Kredit,1 ihn umhegt sie, durch ihn sichert sie sich ihren glänzenden Namen, Auch nicht Unantastbarkeit und Festigung: es gibt nichts, was so unantastbar ist, daß es nicht verletzt, nichts, was so fest ist, daß es nicht gestürmt werden könnte — mit Geld. Nicht Blutsverwandtschaft, nicht Freundschaft; denn nicht um seiner selbst willen wird jemand geliebt oder gehaßt, sondern um seines Goldes, seines Silbers, seines Einflusses willen« Sie ist denn auch schließlich die Ursache, warum wir sehen müs S. 134 sen, daß Menschen, die den lieben Namen Bruder tragen, mehr mit dem Schwert vertraut sind als mit sich selbst. Die Ursache, daß wohlbegüterte Eltern diesen heiligen Elternnamen vergessen und zusehen, daß ihre Kinder zur Schande für beide Teile sich dem Bettel ergeben und so sich im Land umhertreiben. Die Ursache, daß Kinder zur Ansicht kommen, daß das lange Leben der Eltern für sie ein Schaden sei, und so an die Natur selbst gewaltsam Hand anlegen, sich schon vor der Zeit in den Besitz des Erbes setzen und die Eltern zwingen, für das Elend noch zu leben, für das Vermögen aber tot zu sein. Es ist entsetzlich! Warum nimmst du, Unglücklicher, dir, was dir doch gehört? Und was wirst du einem Fremden gegenüber tun, der du gegen dich selbst geizig bist? Es ist vom Abscheulichen das Abscheulichste! Indem sie gegenseitig sich ausplündern, sich verfolgen, sich betrügen, billigen sie das Tun von Feinden, loben die Räuber, entschuldigen die Mörder. Und dabei kommt es ihnen niemals zum Bewußtsein, daß schon der morgige Tag nicht in der Macht des Menschen steht, ja auch der Tag nicht, an dem sich ihr Tun vollzieht; denn das, was immer im Fluß ist, läßt es zweifelhaft, was es im nächsten Augenblick bringt. Aber sie, die bei offenen Augen blind sind, dehnen ihre Speicher, ziehen Grundstücke zusammen, fügen Waldstück an Waldstück; und wenn sie den ganzen Erdkreis in Besitz hätten, so würden sie noch unzufrieden sein, daß er Grenzen hat; einen Nachbarn zu haben, ist für sie etwas Unerlaubtes. Sie stellen Landgüter her, tragen aber die Grabdenkmäler ab:2 sie, S. 135 die den Tod nicht fürchten, fürchten den Hinweis darauf. So kommt es dann sehr oft vor, daß sie einmal vom Tod überrascht, herumliegen, Hunden, Vögeln, wilden Tieren zum Fraß preisgegeben, überall zerstreut, auf allen Seiten der Vernichtung geweiht, mit halb verzehrten Knochen, ohne noch etwas von ihrem Fleisch an sich zu haben. Sehet, dieses Los entspricht dem Geizhals! Er, der ein gewaltiges Vermögen sein eigen nannte, hat jetzt kein kleines Fleckchen Erde für einen GrabeshügeL Sie hat der berühmte Prophet scharf angelassen, wenn er sprach: "Was hat uns unser Hochmut genützt? Und was hat uns das Rühmen mit dem Reichtum gebracht? Vorübergegangen ist alles wie ein Schatten.„3 Aber auch der Herr selbst hat gesagt: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, aber Schaden litte an seiner Seele?“4


  1. Nach der Lesart der Ballerini: Quia per hanc credit. Giuliari: crescit, ohne handschriftliche Grundlage. ↩

  2. Giuliari läßt gegenüber anderweitigen Konjekturen die Textesform der Ballerini bestehen: Construunt praedia, se-pulcra defodiunt, timent omen, qui non timent mortem. Der Gedanke ist: Viele zerstören bei der Arrondierung ihres Landgutes die an den Straßen befindlichen Grabdenkmäler, entweder um Platz zu gewinnen oder auch, wie der Codex Theodosianus IX, 17: de sepulchris violatis andeutet, um das Material derselben zu verkaufen; vor allem aber scheinen sie nach dem Zusammenhang in den Grabdenkmälern eine unwillkommene Erinnerung an den Tod gesehen zu haben. ↩

  3. Weish. 5,8. 9. ↩

  4. Matth. 16,26. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Predigten und Ansprachen (BKV)

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