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Bekenntnisse
5. Niemand sündigt ohne Grund.
Wie schöne Körper, Gold, Silber usw. das Auge reizen, wie auf den Gefühlssinn harmonische Anpassung äußerst wohltuend wirkt, so findet auch jeder der übrigen Sinne gewisse, ihm zusagende Eigenschaften der Körperwelt. Auch zeitliche Ehre und die Macht des Herrschers und des Siegers haben ihren Wert, dem auch die Begierde nach Freiheit entspringt. Dennoch darf man, um dies alles zu erlangen sich nicht von dir, o Herr, entfernen und dein Gesetz übertreten. Auch unser irdisches Leben hat seinen Reiz wegen einer ganz eigenartigen Schönheit und wegen seiner Harmonie mit all dem Schönen hier auf Erden. Auch die Freundschaft S. 33 der Menschen mit ihrem Liebesband ist süß wegen der Einheit der Herzen. Dies alles und Ähnliches gibt aber Veranlassung zur Sünde, wenn man in ungeordneter Zuneigung zu ihnen, die doch nur niedere Güter sind, die besseren und höheren, dich, o Herr, mein Gott, deine Wahrheit und dein Gesetz preisgibt. Zwar gewähren auch jene niederen Güter Freude, doch nicht so große wie du, mein Gott, der alles geschaffen: bist du doch selbst die Freude des Gerechten, du die Wonne derer, die rechten Herzens sind.
Wird also die Frage nach dem Beweggrunde einer Sünde gestellt, so schenkt man in der Regel der Antwort erst dann Glauben, wenn das Verlangen klar zutage tritt, eines jener erwähnten niederen Güter zu gewinnen, oder aber die Furcht, es zu verlieren. Denn sie sind schön und reizend, wenn auch im Vergleiche mit den höheren und eigentlich beseligenden verächtlich und niedrig. Jemand hat einen Mord begangen. Warum? Er liebte die Gattin oder das Gut des Ermordeten oder wollte sich durch Raub Lebensunterhalt erwerben oder er fürchtete, daß der andere ein ähnliches Verbrechen an ihm begehen würde, oder er glühte vor Rache wegen irgendeiner Beleidigung. Hätte er wohl aus bloßer Lust am Morde selbst die Sünde begangen? Wer würde das glauben? Wenn auch der Geschichtschreiber von einem sinnlos grausamen Manne berichtet, daß er um nichts schlecht und grausam gewesen sei, so hat er doch vorher den Grund angegeben; er fürchtete nämlich, „daß Hände oder Geist in der Ruhe erschlafften“1. Und warum dies? Was bestimmte ihn dann zu seinen Freveltaten? Durch die stete Übung in Verbrechen geschult, wollte er sich der Stadt bemächtigen, dann Ehren, Herrschaft, Reichtum erwerben und so, befreit von der peinlichen Lage der Vermögenslosigkeit und vom Bewußtsein seiner Verbrechen, der Gesetze hohnlachen dürfen. Selbst ein Catilina also liebte nicht seine Verbrechen, sondern nur die Zwecke, die er durch sie erreichen wollte. S. 34
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Sall. De bello Cat. C. 16. ↩
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The Confessions of St. Augustin In Thirteen Books
Chapter V.--Concerning the Motives to Sin, Which are Not in the Love of Evil, But in the Desire of Obtaining the Property of Others.
10. There is a desirableness in all beautiful bodies, and in gold, and silver, and all things; and in bodily contact sympathy is powerful, and each other sense hath his proper adaptation of body. Worldly honour hath also its glory, and the power of command, and of overcoming; whence proceeds also the desire for revenge. And yet to acquire all these, we must not depart from Thee, O Lord, nor deviate from Thy law. The life which we live here hath also its peculiar attractiveness, through a certain measure of comeliness of its own, and harmony with all things here below. The friendships of men also are endeared by a sweet bond, in the oneness of many souls. On account of all these, and such as these, is sin committed; while through an inordinate preference for these goods of a lower kind, the better and higher are neglected,--even Thou, our Lord God, Thy truth, and Thy law. For these meaner things have their delights, but not like unto my God, who hath created all things; for in Him doth the righteous delight, and He is the sweetness of the upright in heart. 1
11. When, therefore, we inquire why a crime was committed, we do not believe it, unless it appear that there might have been the wish to obtain some of those which we designated meaner things, or else a fear of losing them. For truly they are beautiful and comely, although in comparison with those higher and celestial goods they be abject and contemptible. A man hath murdered another; what was his motive? He desired his wife or his estate; or would steal to support himself; or he was afraid of losing something of the kind by him; or, being injured, he was burning to be revenged. Would he commit murder without a motive, taking delight simply in the act of murder? Who would credit it? For as for that savage and brutal man, of whom it is declared that he was gratuitously wicked and cruel, there is yet a motive assigned. "Lest through idleness," he says, "hand or heart should grow inactive." 2 And to what purpose? Why, even that, having once got possession of the city through that practice of wickedness, he might attain unto honours, empire, and wealth, and be exempt from the fear of the laws, and his difficult circumstances from the needs of his family, and the consciousness of his own wickedness. So it seems that even Catiline himself loved not his own villanies, but something else, which gave him the motive for committing them.