X. 23.
S. 127 „Endlich“, sagt er, „wenn der Jude durch die Sabbatfeier den Sonntag verwirft, wie kann der Christ den Sabbat feiern? Entweder wollen wir Christen sein und den Sonntag feiern oder Juden sein und den Sabbat halten.“ Denn „niemand kann zwei Herren dienen!“1 Redet er da nicht, als ob der Sabbat einen anderen Herrn hätte als der Sonntag? Er merkt nicht auf die Stelle, die er selbst angeführt hat: „Herr ist aber der Menschensohn auch über den Sabbat“2. Wenn wir also nach seiner Ansicht vom Sabbat so wenig wissen sollen als die Juden vom Sonntag, geht dann sein Irrtum nicht so weit, daß er ebensogut auch sagen könnte: wir dürften das Gesetz und die Propheten ebensowenig annehmen, wie die Juden das Evangelium und die Apostel annehmen? Du siehst gewiß ein, wie schlimm es wäre, eine solche Ansicht zu hegen. „Aber“, sagt er, „alles Alte ist vergangen und ist in Christo erneuert worden“3. Das ist wahr. Deshalb halten wir nicht wie die Juden am Sabbat Ruhe von der Arbeit, obwohl wir zur Erinnerung an die Ruhe, die durch jenen Tag vorbedeutet ist, unter Wahrung der christlichen Nüchternheit und Mäßigung die Strenge des Fastens mildern. Und wenn einige von unseren Brüdern glauben, die Erinnerung an die Sabbatruhe ohne Milderung des Fastens begehen zu müssen, so streiten wir deshalb nicht über die bunten Farben des königlichen Gewandes, um nicht die inneren Glieder der Königin in Qual zu versetzen, da wir doch auch hinsichtlich des Ruhetages an dem einen Glauben festhalten. Denn wenn auch, da das Alte vergangen ist, mit ihm auch die fleischliche Sabbatruhe verschwunden ist, so dienen wir doch, auch wenn wir am Sabbat und am Sonntag ohne abergläubische Enthaltung von Arbeiten ein Mittagsmahl nehmen, keineswegs zwei Herren, da Sabbat und Sonntag nur einen Herrn haben.