XIV. 32.
Da wir also, wie schon bemerkt, in den Evangelien und den Briefen der Apostel, die die Offenbarung des Neuen Bundes enthalten, kein Gebot finden, das gerade für bestimmte Tage unzweideutig die Beobachtung des Fastens befiehlt, und so auch diese Sache wie so viele andere, die aufzuzählen Schwierigkeiten bieten dürfte, ihren Platz findet an dem bunten Kleide der Königstochter, d. h. der Kirche, so will ich dir mitteilen, was mir auf eine hieraufbezügliche Frage der ehrwürdige Ambrosius, der Bischof von Mailand, der mich getauft hat, zur Antwort gab. Als nämlich in jener Stadt meine Mutter bei mir war und wir Katechumenen1 uns wenig um solche Dinge bekümmerten, war die Mutter im Zweifel, ob sie nach der Sitte unserer Heimat am Sabbate fasten oder nach mailändischer Sitte Mittag essen solle. Um sie von dieser Bedenklichkeit zu befreien, fragte ich darüber den erwähnten Mann. Dieser aber sprach: „Was kann ich hierüber mehr sagen, als was ich selbst tue?“ Ich dachte mir, er wolle damit nichts anderes vorschreiben, als daß wir am Sabbat Mittag essen sollten; denn ich wußte, daß er dies selbst tat. Allein er fuhr fort: „Wenn ich hier bin, faste ich nicht am Sabbate; wenn ich zu Rom bin, faste ich am Sabbat; und zu welcher Kirche ihr auch kommen möget, haltet euch an ihren Gebrauch, wenn ihr kein Ärgernis nehmen oder geben wollt.“ Diese Antwort hinterbrachte ich der Mutter; sie genügte ihr, und sie gehorchte ohne Bedenken. Auch wir richteten uns danach. Da es aber in Afrika sehr häufig vorkommt, daß in einer Kirche oder in den Kirchen eines Sprengels die einen am Sabbate fasten, die anderen aber Mittag essen, so scheint mir, man solle sich nach dem Gebrauche derer richten, denen die Leitung der betreffenden Gemeinden anvertraut ist. Wenn du also, besonders nachdem ich auf dein Bitten und Drängen vielleicht mehr als genug über diese Sache gesprochen habe, meinen Rat dir zunutze S. 137 machen willst, so widerstrebe deinem Bischofe nicht in dieser Sache, sondern was er tut, das tue auch du ohne Skrupel und Bedenklichkeit.
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Augustinus und Alypius. ↩