10.
Hätte er sie nämlich in der Tat, wie man ihm nachsagte, verworfen und nur deshalb sich zu ihrer Übung verstanden, um heuchlerisch seine wahre Meinung verbergen zu können, so würde Jakobus nicht sagen: „Und es werden alle erkennen“, sondern: „Es werden alle meinen, daß es unrichtig ist, was sie über dich gehört haben.“ Die Apostel hatten gerade in Jerusalem schon beschlossen1, daß niemand die Heiden zu jüdischen Gebräuchen zwingen dürfe; hingegen hatten sie nicht beschlossen, es solle niemand die Juden von ihren jüdischen Gebräuchen abhalten, obwohl auch die christliche Lehre sie keineswegs zu ihnen verpflichtete. Wenn nun nach diesem Beschlusse der Apostel Petrus in Antiochia sich der Heuchelei schuldig machte und er die Heiden zur Judensitte zwang, obwohl er selbst hierzu nicht verpflichtet war, wenn ihn auch kein Verbot S. 298 hinderte, aus Ehrfurcht „vor den den Juden anvertrauten Aussprüchen Gottes“2 sich nach ihnen zu richten, ist es dann ein Wunder, wenn Paulus in ihn drang, offen zu bekennen, was er, wie er sich erinnern mußte, in Jerusalem mit den übrigen Aposteln beschlossen hatte?