9.
Allein, ihr saget: „Warum wollt ihr, daß wir uns mit euch verbinden, wenn wir lasterhafte Leute sind?“ Die Antwort lautet: „Weil ihr noch lebet und, wofern ihr wollt, gebessert werden könnt.“ Denn wenn ihr euch uns, das heißt der Kirche Gottes, dem Erbteile Christi, dessen Besitztum die Grenzen der Erde sind, anschließt, so wird eure Besserung derart sein, daß ihr neues Leben aus der Wurzel empfanget. Von abgebrochenen Zweigen sagt der Apostel: „Gott ist mächtig, sie wieder anzufügen“1. Ihr ändert euch dann insofern, als ihr losgetrennt wäret, obgleich die Sakramente, in deren Besitz ihr seid, heilig sind, weil sie für alle die gleichen sind. Wir wollen darum nur, daß ihr eure Verkehrtheit aufgebt, das heißt daß eure Lostrennung wieder mit der Wurzel sich vereinigt. Denn die Sakramente, die ihr unverändert behalten habt, werden von uns, so wie ihr S. 331 sie besitzet, anerkannt, damit wir nicht, indem wir eure Verkehrtheit bessern wollen, jenen Geheimnissen Christi, die durch eure Sünden nicht verdorben worden sind, eine gottesräuberische Unbill zufügen. Auch Saul hat ja die Salbung nicht verdorben, die er empfangen hatte2, und der König David, jener fromme Gottesdiener, hat ihr deshalb die größte Ehrfurcht erwiesen. Darum taufen wir euch nicht noch einmal, da wir euch nur die Wurzel wieder verleihen wollen, während wir die Gestalt des abgerissenen Zweiges, wenn sie nicht verändert wurde, anerkennen. Mag aber sie immerhin unverändert sein, ohne Wurzel ist der Zweig doch unfruchtbar. Eine andere Frage ist die der Verfolgungen, die ihr, wie ihr sagt, mit so großer Geduld und Sanftmut von unseren Angehörigen erduldet, während eure Leute in Wahrheit und auf unerlaubte und eigenmächtige Weise viel Ärgeres tun — etwas anderes ist die Frage von der Taufe; hier handelt es sich nicht darum, auf welcher Seite sie sich findet, sondern auf welcher sie nützt. Denn wo sie sich findet, ist sie überall dieselbe; derjenige aber, der sie empfängt, ist nicht auf jeder Seite in der gleichen Lage. Deshalb verabscheuen wir das Schisma als einen eigenmächtigen Menschenfrevel, die Taufe Christi aber verehren wir unter allen Umständen. Wenn Deserteure die kaiserlichen Feldzeichen mit sich nehmen, so werden zwar sie selbst verurteilt und bestraft oder begnadigt und gebessert; die Feldzeichen aber nimmt man unverletzt wieder zurück, wenn sie unverletzt geblieben sind. Wenn in dieser Beziehung eine genauere Untersuchung angestellt werden soll, ist dies, wie gesagt, eine andere Frage; denn in diesen Dingen muß man sich an dasjenige halten, was die Kirche Christi beobachtet.