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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Epistulae (Auswahl) Ausgewählte Briefe (BKV)
Drittes Buch (Jahre 411—430).
I. (Nr. 127.) An Armentarius und Paulina

4.

Wenn wir nun all dies in Erwägung ziehen, was verlangt da Großes das ewige Leben von seinen Liebhabern, als daß sie es so lieben, wie dieses Leben von seinen Freunden geliebt wird? Oder ist es etwa geziemend oder erträglich, daß man alles, was in der Welt: geliebt wird, gering schätzt, nur um das Leben, das nach kurzer Zeit ein Ende hat, noch eine kleine Weile in der Welt zu besitzen, während man die Welt nicht verachtet, um jenes Leben zu erlangen, das ohne Ende bei dem ist, der diese Welt geschaffen hat? Als in unseren Tagen Rom, die Residenz des erhabensten Kaiserreiches, durch einen Einfall der Barbaren verwüstet wurde1, wie viele Liebhaber dieses zeitlichen Lebens haben da, nur um es in völliger Entblößung zu retten und es wenn auch im Unglücke fortsetzen zu können, alles hingegeben, was sie aufbewahrt hatten, nicht nur um es angenehm und schön zu machen, sondern auch um es zu erhalten und zu schützen! Allerdings pflegen die Liebhaber vieles an ihre Geliebten zu hängen, um ihren Besitz zu erlangen; sie würden ihre Geliebte nicht besitzen, wenn sie sie nicht durch ihre Liebe arm gemacht hätten. Auch würden sie nicht vieles an sie hängen, sondern vielmehr ihr alles nehmen, damit sie ihnen nicht vom Feinde geraubt S. 489 werde. Und doch tadle ich das Verhalten jener nicht. Denn wer weiß nicht, daß sie ihr Leben verloren hätten, wenn sie nicht geopfert hätten, was sie um des Lebens willen verborgen hatten? Zwar mögen viele zuerst ihre Schätze und dann ihr Leben verloren haben; manche hingegen mögen zwar bereit gewesen sein, alles um des Lebens willen zu verlieren, werden aber das Leben zuerst verloren haben. Aber daraus geht für uns die Lehre hervor, wie wir Liebhaber des ewigen Lebens sein müssen: wir müssen nämlich um seinetwillen alles Überflüssige gering schätzen, da man um des vergänglichen Lebens willen verachtet hat, was für dasselbe notwendig gewesen wäre.


  1. Im Jahre vorher, 410, hatte der Gotenfürst Alarich Rom geplündert. ↩

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