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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Epistulae (Auswahl) Ausgewählte Briefe (BKV)
Drittes Buch (Jahre 411—430).
II. (Nr. 130.) An Proba

5.

So lange wir also in der Finsternis dieses Lebens, „ferne gerückt vom Herrn, im Glauben und nicht im Schauen wandeln“1, muß sich die christliche Seele als trostlos betrachten, damit sie nicht zu beten ablasse. Auch lerne sie, das Auge des Glaubens hinzuwenden auf das Wort der göttlichen und heiligen Schriften „wie auf eine an finsterem Orte befindliche Leuchte, bis der Tag heranbricht und der Morgenstern sich in unserem Herzen erhebt“2. Diese Leuchte hat gleichsam ihre unergründliche Quelle in jenem Licht, das so in der Finsternis leuchtet, daß es von der Finsternis nicht begriffen wird, weil die Herzen, um es zu sehen, durch den Glauben gereinigt werden müssen. Denn „selig, die eines S. 499 reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen“3. Und: „Wir wissen, daß, wenn es offenbar sein wird, wir ihm ähnlich sein werden, weil wir ihn sehen werden, wie er ist“4. Dann wird nach dem Tode das wahre Leben und nach der Trostlosigkeit der wahre Trost sein. Jenes Leben wird unsere „Seele vom Tode“5 retten und jener Trost unsere „Augen von den Tränen“ befreien. Und weil dort keine Versuchung mehr sein wird, so folgt in demselben Psalm das Wort: „Und meine Füße vom Falle“. Wo es aber keine Versuchung mehr gibt, da gibt es auch kein Gebet mehr6; denn dort ist keine Erwartung eines verheißenen Gutes mehr, sondern die Anschauung eines empfangenen. Darum heißt es: „Ich will dem Herrn gefallen im Lande der Lebendigen“7, wo wir dann sein werden, nicht in der Wüste der Toten, in der wir uns jetzt befinden. „Denn ihr seid abgestorben“, schreibt der Apostel, „und euer Leben ist mit Christus in Gott verborgen. Wenn aber Christus, euer Leben, erschienen ist, dann werdet auch ihr selbst vor ihm in Herrlichkeit erscheinen“8. Dies ist nämlich das wahre Leben, das die Reichen nach dem Befehle des Apostels durch gute Werke erfassen sollen, und dort ist der wahre Trost, dessen die trostlose Witwe jetzt entbehrt. Wenn sie darum auch „Söhne und Enkel hat“9, ihr Haus mit Frömmigkeit verwaltet und bei all den Ihrigen dahin wirkt, daß sie ihr Vertrauen auf Gott setzen, so spricht sie doch in ihrem Gebete: „Nach Dir dürstet meine Seele, wie sehr schmachtet nach Dir mein Fleisch im wüsten, S. 500 weg- und wasserlosen Lande!”10, das heißt in diesem Sterbensleben. Denn wieviel menschlicher Trost ihr auch zu Gebote stehe, wie viele Reisegefährten sie auch begleiten mögen, wie große Schätze sich auch vor ihr aufhäufen — du weißt ja, wie unsicher all dieses ist! Und was wäre dieses alles im Vergleich mit der verheißenen Glückseligkeit, auch wenn es nicht so unsicher wäre!


  1. 2Kor. 5, 6 und 7. ↩

  2. 2Petr. 1, 19. ↩

  3. Matth. 5, 8. ↩

  4. 1 Job. 3, 2. Zum Verständnis der Stelle muß an den Anfang dieses Verses erinnert werden: „Vielgeliebte! Jetzt sind wir Kinder Gottes, aber es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden.“ ↩

  5. Ps. 114, 8. Die Stelle lautet vollständig: „Er errette meine Seele vom Tode, meine Augen von den Tränen und meine Füße vom Falle.“ ↩

  6. Offenbar meint der hl. Augustinus hier zunächst das Bittgebet für eigene Angelegenheiten. ↩

  7. Ps. 114, 9. ↩

  8. Kol. 3, 3 und 4. ↩

  9. 1Tim. 5, 4 und 5. ↩

  10. Ps. 62, 2 und 3. ↩

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