Vorrede.
S. IX Die Bedeutung der Briefe eines Geistesriesen wie Augustinus für seine innere Entwicklung ist allzu bekannt, als daß über die Notwendigkeit ihrer Herausgabe und Übersetzung noch viele Worte zu verlieren wären.
Augustinus’ Briefe behandeln philosophische Themata, Abstellung von Mißbräuchen, innerkirchliche Kontroversen, Kämpfe gegen Irrlehren und Irrlehrer. Der gesamte uns vorliegende Briefwechsel umfaßt nach der Maurinerausgabe (Editio tertia Veneta 1797) 270 Briefe, von denen 223 von Augustinus selbst geschrieben, 47 an ihn gerichtet sind. Die neue, unter den Auspizien der kaiserlichen Akademie in Wien erschienene und von Al. Goldbacher besorgte Ausgabe im Wiener Corpus scriptorum ecclesiasticorum hat bisher zwei neue Briefe bringen können, Nr. 92a an Cyprianus und Nr. 173a an Deogratias und Theodorus, und Nr. 185a, das Bruchstück eines Briefes an Bonifatius; ein weiterer neuer Brief findet sich bei Morin in der Revue Bénéd. 18, 1901, 241—256; er ist gerichtet an den Abt Valentin, den Adressaten von Nr. 214 und 215. Die Briefe haben sehr verschiedenen Umfang, vom kurzen Briefchen bis zur langausgedehnten, von Augustinus selbst als ,Buch' bezeichneten Abhandlung. Die Adressaten wohnen in aller Welt, doch sind es meist Afrikaner.
Die beiden Bände der Übersetzuelng der Briefe stellen zunächst eine Neubearbeitung der Übersetzung, die Kranzfelder für die zweite Auflage der Kirchenväter veranstaltet hatte, dar. Während dieser seiner Übersetzung noch die Maurinerausgabe zugrunde legte, ist in dieser Neubearbeitung Goldbachers Textgestaltung benützt worden; an nicht wenigen Stellen ergab sich aus der anders gestalteten Textrevision die Notwendigkeit der Änderung einer Übersetzung. Einige Briefe sind neu beigegeben worden, die Briefe Nr. 16, 17. 37, 50 und 58. Bei der Nachprüfung der Übersetzung ergab S. X sich ferner, daß in Kranzfelders Übersetzung öfters halbe oder gar ganze Zeilen weggefallen waren; auch dieser Mangel wurde beseitigt. Die Zitate wurden alle nachgeprüft und ihre Zahl erheblich vermehrt. Kirchen- und Dogmengeschichtliches verdanke ich den Werken von Knöpfler (Lehrbuch der Kirchengeschichte 19105) und Bardenhewer (Patrologie 19103). Einiges verdanke ich Cunninghams englischer Übersetzung der Briefe (A select library of the Nicene and Post-Nicene fathers of the Christian Church, New-York 1892). Für die Auswahl bezw. Beibehaltung der einzelnen Briefe war vielfach entscheidend Thimme: Augustin, Ein Lebens- und Charakterbild auf Grund seiner Briefe. 1910.
Lebhaft bedauere ich, daß Goldbachers Einleitung, die nach einer freundlichen Mitteilung des Verlages des Corpus im Manuskript druckfertig vorliegt, noch nicht erschienen ist.
Der zweite Band der Briefe ist schon fertiggestellt und folgt demnächst.
Neustadt (Schles.), Januar 1917.
Dr. Alfred Hoffmann.