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Werke Augustinus von Hippo (354-430) De doctrina christiana

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Vier Bücher über die christliche Lehre (BKV)

20. und 21. Kapitel: Gott allein darf man genießen

20. Unter all diesen Dingen sind also nur jene zum Genuß bestimmt, die wir als ewig und unveränderlich geschildert haben; alle übrigen Dinge aber hat man nur dazu zu gebrauchen, um zum Genuß jener (ewigen und unveränderlichen) Dinge zu gelangen. Auch wir Menschen, die wir andere Sachen gebrauchen und genießen, sind selber Sachen. Ja wahrlich: eine große Sache ist der Mensch; ist er doch erschaffen nach dem Bilde und Gleichnis Gottes1, nicht zwar insofern er von seinem sterblichen Leib umschlossen wird, sondern insofern er durch die Auszeichnung seiner vernünftigen Seele die Tiere überragt. Daher ist es eine große Streitfrage, ob sich die Menschen genießen oder bloß gebrauchen dürfen oder ob ihnen beides gestattet ist. Wir haben zwar das Gebot erhalten, einander zu lieben2, aber es steht in Frage, ob denn der Mensch von einem anderen Menschen um seiner selbst willen geliebt werden soll oder wegen etwas anderem. Soll er um seiner selbst willen geliebt werden, so genießen wir ihn; lieben wir ihn aber wegen etwas anderem, so gebrauchen wir ihn bloß. Meiner Ansicht nach muß der Mensch wegen etwas anderem geliebt werden. Denn in einem Gute, das um seiner selbst willen geliebt werden muß, beruht ja schon das ewige Leben. Und dieses haben wir doch noch nicht in seiner Wesenheit, wenn uns auch die Hoffnung darauf schon in diesem Leben tröstet. „Verflucht aber ist, wer seine Hoffnung auf einen Menschen setzt3.“

21. Beim rechten Licht betrachtet, darf sich aber der Mensch nicht einmal selbst genießen, weil man ja auch nicht einmal sich selbst um seinetwillen, sondern S. 29um dessen willen lieben soll, der zum Genuß bestimmt ist. Dann ist der Mensch am allerbesten, wenn er mit seinem ganzen Leben nach dem unveränderlichen Leben strebt und mit ganzem Herzen an diesem hängt. Liebt er sich aber um seiner selbst willen, dann bringt er sich nicht mit Gott in Beziehung, sondern da er nur sich selbst zugewandt ist, wendet er sich zu nichts Unveränderlichem. Darum haftet dem Selbstgenuß des Menschen ein Mangel an, weil der Mensch dann besser ist, wenn er ungeteilt an einem unveränderlichen Gut (an Gott) hängt und daran gefesselt ist, als wenn er fern davon auch nur sich selber etwas nachsieht. Wenn also nicht einmal du selbst dich um deinetwillen lieben darfst, sondern nur um dessentwillen, in dem das richtigste Ziel deiner Liebe ruht, so darf auch kein anderer Mensch darüber zürnen, wenn du auch ihn nur liebst wegen Gott. Denn das ist die von Gott vorgeschriebene Ordnung der Liebe: „Du sollst den Nächsten“, sagt er, „lieben wie dich selbst; Gott aber (sollst du lieben) aus ganzem Herzen und aus ganzer Seele und aus ganzem Gemüt4.“ Daher mußt du all deine Gedanken, dein ganzes Leben, deine ganze geistige Tätigkeit jenem widmen, von dem du diese Gabe empfangen hast. Da er aber sagt: („Du sollst Gott lieben) aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzem Gemüt“, so läßt er keinen Teil unseres Lebens übrig, der unbeschäftigt wäre und so gewissermaßen Gelegenheit hätte, eine andere Sache zu genießen. Was sich sonst noch Liebenswürdiges der Seele darstellt, das soll dorthin mitfortgerissen werden, wohin der ganze Strom der Liebe läuft. Wer also seinen Nächsten in der rechten Weise liebt, muß bei ihm dahin wirken, daß auch dieser sein Nächster Gott liebt von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte. Wenn er ihn auf diese Weise wie sich selbst liebt, dann bezieht er seine ganze Selbst- und Nächstenliebe auf jene Gottesliebe, die nicht zuläßt, daß von ihrem Strom auch nur ein Bächlein abgeleitet werde, durch dessen Abfluß sie selbst einen Verlust erleiden könnte.


  1. Gen. 1, 27. ↩

  2. Joh. 13, 34; 15, 12; 15, 17; vgl. Joh. 4, 12. ↩

  3. Jer. 17, 5. ↩

  4. Matth. 22, 37. Vgl. Deut, 6, 5 und Lev. 19, ↩

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De doctrina Christiana

CAPUT XXI.-- Rursus corporis de resurrectione.

Hoc itaque fides habet, atque ita se rem habere credendum est, neque animum, neque corpus humanum omnimodum interitum pati; sed impios resurgere ad poenas inaestimabiles, pios autem ad vitam aeternam.

CAPUT XXII.-- Solo Deo fruendum.

20. In his igitur omnibus rebus illae tantum sunt quibus fruendum est, quas aeternas atque incommutabiles commemoravimus; caeteris autem utendum est, ut ad illarum perfructionem pervenire possimus. Nos itaque qui fruimur et utimur aliis rebus, res aliquae sumus. Magna enim quaedam res est homo, factus ad imaginem et similitudinem Dei, non in quantum mortali corpore includitur, sed in quantum bestias rationalis animae honore praecedit. Itaque magna quaestio est utrum frui se homines debeant, an uti, an utrumque. Praeceptum est enim nobis ut diligamus invicem; sed quaeritur utrum propter se homo ab homine diligendus sit, an propter aliud. Si enim propter se, fruimur eo; si propter aliud, utimur eo. Videtur autem mihi propter aliud diligendus. Quod enim propter se diligendum est, in eo constituitur vita beata; cujus etiamsi nondum res, tamen spes ejus nos hoc tempore consolatur. Maledictus autem qui spem suam ponit in homine 1.

21. Sed nec seipso quisquam frui debet, si liquido advertas; quia nec seipsum debet propter seipsum diligere, sed propter illum quo fruendum est. Tunc est quippe optimus homo, cum tota vita sua pergit in incommutabilem vitam, et toto affectu inhaeret illi: si autem se propter se diligit, non se refert ad Deum; sed ad seipsum conversus, non ad incommutabile aliquid convertitur. Et propterea jam cum defectu aliquo se fruitur; quia melior est cum totus haeret [P. 0027] atque constringitur incommutabili bono, quam cum inde vel ad seipsum relaxatur. Si ergo teipsum non propter te debes diligere, sed propter illum ubi dilectionis tuae rectissimus finis est, non succenseat alius homo, si etiam ipsum propter Deum diligis. Haec enim regula dilectionis divinitus constituta est: Diliges, inquit, proximum tuum sicut teipsum; Deum vero ex toto corde, et ex tota anima et ex tota mente 2; ut omnes cogitationes tuas et omnem vitam et omnem intellectum in illum conferas, a quo habes ea ipsa quae confers. Cum autem ait, toto corde, tota anima, tota mente, nullam vitae nostrae partem reliquit, quae vacare debeat et quasi locum dare ut alia re velit frui; sed quidquid aliud diligendum venerit in animum, illuc rapiatur, quo totus dilectionis impetus currit. Quisquis ergo recte proximum diligit, hoc cum eo debet agere, ut etiam ipse toto corde, tota anima, tota mente diligat Deum. Sic enim eum diligens tanquam seipsum, totam dilectionem sui et illius refert in illam dilectionem Dei, quae nullum a se rivulum duci extra patitur, cujus derivatione minuatur.


  1. Jerem. XVII, 5 ↩

  2. Levit. XIX, 18; Deut. VI, 5; et Matth. XXII, 37, 39 ↩

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