Inhalt
S. 48 Augustinus wendet sich nunmehr zur Besprechung der Zeichen. Diese zerfallen in natürliche und gegebene; nur letztere will er besprechen. Für die zahlreichsten und wichtigsten Zeichen, für die Worte, wurden wieder eigene Zeichen erfunden, die Buchstaben. Die ursprüngliche Einheit der Sprache, ging infolge des menschlichen Hochmutes verloren (1—5). Das wichtigste Buch, die Heilige Schrift, ist dunkel und schwer verständlich; aber gerade dies fesselt den denkenden Geist. Ist auch das Verständnis schwierig, so ist es doch möglich durch die sieben Gaben des Heiligen Geistes (6—7), unter denen die wichtigste die Wissenschaft ist; diese Wissenschaft betätigt sich in dem Studium der kanonischen Schriften. Der Hauptgrundsatz einer katholischen Schriftauslegung besteht darin, dunkle Stellen durch klar verständliche zu erklären und in allem die Glaubensregel als Richtschnur anzulegen (8—9). Was die Zeichen insbesondere betrifft, so sind eigentliche und übertragene Zeichen zu unterscheiden; die Dunkelheit der eigentlichen Zeichen wird gehoben durch die Kenntnis der biblischen Sprachen; sogar aus der Vergleichung der sich vielfach widersprechenden Übersetzungen kann man häufig den richtigen Sinn erschließen. Auch die übertragenen Zeichen lassen sich in ähnlicher Weise wie die eigentlichen durch Wort- und Sachkenntnis, besonders durch Kenntnis der Naturgeschichte, der Zahlen und der Musik erschließen (10—17).
Die Erwähnung der Musik veranlaßt den hl. Augustinus, die Fabel von den neun Musen zu erwähnen und dann überhaupt die Kenntnisse der Heiden zu besprechen. Soweit diese heidnischen Wissenschaften gut sind, sind sie nicht zu verachten (18—19). Sie sind teils menschliche Erfindungen, teils beruhen sie auf göttlicher Anordnung. Die ersteren sind teils abergläubisch S. 49und verwerflich, wie die Wahrsagerei und die Astrologie (20—25). Soweit die menschlichen Erfindungen nicht abergläubisch sind, sind sie teils überflüssig, wie die Mimik, die Malerei, die Bildhauerei und ein Teil der Poesie, teils aber auch nützlich, wie gewisse gesellschaftliche Einrichtungen, an die sich auch der Christ zu halten hat (26—27). Die von Gott stammenden Kenntnisse der Heiden fallen teils in das Gebiet der Sinneswahrnehmung, wie Geschichte, Naturwissenschaft, Astronomie und die mechanischen Künste (28—31). Unter den geistigen Kenntnissen behauptet die Dialektik den ersten Rang, deren Kenntnis aber keineswegs mit der Kenntnis der Wahrheit selbst zusammenfällt. Sowohl Dialektik als auch Rhetorik sind wertvoll als wissenschaftliche Hilfsmittel; dasselbe gilt von der Mathematik (32—39). Bei weiser Vorsicht ist es dem christlichen Jüngling wohl gestattet, sich die Wissensschätze der Heiden anzueignen (40—41). Doch übertrifft die Heilige Schrift an Tiefe des Inhaltes weitaus alle Schriften der Heiden (42—43).
