8.
Wenn wir nämlich die Zahl festsetzen, welche das Gesetz bedeutet, was wird das sein als eben zehn? Daß nämlich der Dekalog des Gesetzes, d. h. jene allbekannten Gebote zuerst mit dem Finger Gottes auf zwei steinerne Tafeln geschrieben wurden1, steht für uns durchaus fest. Aber das Gesetz macht, wenn die Gnade nicht hilft, Übertreter und ist nur im Buchstaben; denn deshalb ganz besonders sagt der Apostel: „Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig“2. Es soll also zum Buchstaben der Geist hinzutreten, damit nicht der Buchstabe den töte, den der Geist nicht lebendig macht, sondern damit wir die Gebote des Gesetzes S. 1155 erfüllen, nicht durch unsere Kräfte, sondern durch die Hilfe des Heilands. Wenn aber zum Gesetze die Gnade hinzukommt, d. i. zum Buchstaben der Geist, so wird gewissermaßen der Zehnzahl die Siebenzahl hinzugefügt. Denn daß durch diese Zahl, d. h. die Siebenzahl, der Heilige Geist angedeutet wird, bezeugen beachtenswerte Stellen der Heiligen Schrift. Die Heiligkeit oder Heiligung geht ja doch in besonderer Weise den Heiligen Geist an; obwohl daher der Vater Geist ist und der Sohn Geist ist, weil Gott ein Geist ist3, und der Vater heilig ist und der Sohn heilig ist, so heißt doch mit einem besonderen Namen der Geist beider der Heilige Geist. Wo erklang nun zuerst im Gesetze die Heiligung außer am siebenten Tage? Denn nicht hat Gott den ersten Tag geheiligt, an dem er das Licht machte; oder den zweiten Tag, an dem er das Firmament machte; oder den dritten, an welchem er das Meer vom Festlande schied und die Erde Kraut und Holz hervorbrachte; oder den vierten, an welchem die Sterne erschaffen wurden; oder den fünften, an welchem die Tiere, die in den Gewässern leben und in der Luft umherfliegen, ins Dasein traten; oder den sechsten, an welchem die Landtiere und der Mensch selbst hervorgebracht wurde, sondern er heiligte den siebten Tag, an welchem er von all seinen Werken ruhte4. Passend also wird durch die Siebenzahl der Heilige Geist angedeutet. Auch der Prophet Isaias sagt: „Es wird auf ihm ruhen der Geist Gottes“, und indem er ihn hierauf durch sein siebenfaches Werk oder Geschenk näher bezeichnet, sagt er: „Der Geist der Weisheit und der Erkenntnis, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Wissenschaft und der Frömmigkeit, und der Geist der Furcht Gottes wird ihn erfüllen“5. Und in der Apokalypse? Werden dort nicht sieben Geister Gottes genannt6, obwohl es ein und derselbe Geist ist, der einem jeden das Seinige zuteilt, wie er will?7 Allein die S. 1156 siebenfache Wirksamkeit des einen Geistes ist von demselben Geiste, der dem Schreibenden beistand, so bezeichnet worden, daß sieben Geister genannt wurden. Wenn nun zur Zehnzahl des Gesetzes der Heilige Geist durch die Siebenzahl hinzukommt, werden es siebzehn, und diese Zahl, von eins an bis zu ihr selbst durch Zusammenzählung aller wachsend, steigt bis auf hundertdreiundfünfzig. Wenn man nämlich zu eins zwei hinzufügt, werden es natürlich drei; wenn man hierzu drei und vier hinzutut, werden es zusammen zehn; wenn man dann alle folgenden Zahlen bis zu siebzehn dazuzählt, so ergibt sich als Summe die oben genannte Zahl, d. h. wenn man zu zehn, wozu man von eins bis vier gekommen war, fünf hinzufügt, so werden es fünfzehn; nimm dazu sechs, und es werden einundzwanzig; nimm dazu sieben, und es werden achtundzwanzig; nimm dazu acht und neun und zehn, und es werden fünfundfünfzig; nimm dazu elf und zwölf und dreizehn, und es werden einundneunzig; hierzu wieder vierzehn und fünfzehn und sechzehn, und es werden hundertsechsunddreißig; dieser Zahl füge noch die übrigbleibende, um die es sich handelt, d. i. siebzehn, und jene Zahl der Fische wird voll sein. Nicht also nur hundertdreiundfünfzig Heilige werden bezeichnet als solche, die zum ewigen Leben auferstehen werden, sondern Tausende von Heiligen, die zur Gnade des Geistes gehören. Durch diese Gnade kommt man mit dem Gesetze wie mit einem Gegner überein, damit durch die Belebung des Geistes nicht der Buchstabe töte, sondern das, was durch den Buchstaben befohlen wird, mit dem Beistande des Heiligen Geistes vollbracht und, wenn zu wenig geschieht, nachgelassen werde. Alle also, welche zu dieser Gnade gehören, werden durch diese Zahl gesinnbildet, d. h. sinnbildlich bezeichnet. Diese Zahl enthält auch dreimal den Fünfziger und überdies noch drei wegen des Geheimnisses der Trinität; der Fünfziger aber ergibt sich durch Vermehrung von sieben mit sieben und Hinzufügung von eins; denn siebenmal sieben gibt neunundvierzig. Eins aber wird beigefügt, um anzudeuten, daß es einer sei, der wegen der siebenfachen Wirksamkeit durch die Zahl sieben bezeichnet wird; und wir wissen, S. 1157 daß am fünfzigsten Tage nach der Auffahrt des Herrn der Heilige Geist gesandt wurde, den die Jünger als verheißen erwarten mußten8.
