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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Tractatus in Euangelium Iohannis Vorträge über das Johannes-Evangelium (BKV)
49. Vortrag

8.

Nun sehet, wie auf dieses Wort hin die Jünger erschraken. „Da sagen zu ihm die Jünger: Meister, soeben suchten die Juden Dich zu steinigen, und Du gehst wieder dorthin? Jesus antwortete: Sind nicht zwölf Stunden des Tages?“ Was hat es mit dieser Antwort auf sich? Jene sagten: „Soeben suchten die Juden Dich zu steinigen, und Du gehst wieder dorthin“, damit sie Dich steinigen. Und der Herr: „Sind nicht zwölf Stunden des Tages? Wenn einer am Tage wandelt, stößt er nicht an, weil er das Licht dieser Welt sieht; wenn er aber in der Nacht wandelt, stößt er an, weil das Licht nicht in ihm ist“. Er redete zwar vom Tage, aber in unserem Verstande ist es gleichsam noch Nacht. Rufen wir den Tag an, damit er die Nacht vertreibe und das Herz mit seinem Lichte erleuchte. Was wollte denn der Herr sagen? Soviel mir scheint, soviel mir die Höhe und Tiefe des Ausspruches aufleuchtet, wollte er ihren Zweifel und Unglauben tadeln. Sie wollten nämlich dem Herrn den Rat geben, er, der gekommen war zu sterben, S. 718 solle nicht sterben, damit nicht auch sie sterben müßten. So hat an einer gewissen Stelle auch der heilige Petrus, der den Herrn liebte, aber den Zweck seiner Ankunft nicht vollständig erfaßte, sich besorgt gezeigt, er möchte sterben, und er mißfiel dem Leben d. i. dem Herrn selbst; denn als er den Jüngern mitteilte, daß er in Jerusalem von den Juden leiden würde, da antwortete Petrus unter den übrigen und sprach: „Das sei ferne von Dir, o Herr, schone Dich, das wird Dir nicht geschehen“. Und der Herr sagte sofort: „Weiche zurück hinter mich, Satan, denn du fassest nicht was Gottes ist, sondern was der Menschen ist“. Und doch hatte er kurz vorher, da er ihn als den Sohn Gottes bekannte, Lob verdient; er durfte nämlich hören: „Selig bist du, Simon, Sohn des Jona, denn Fleisch und Blut haben dir dies nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist“1. Zu dem er gesagt hatte: „Selig bist du“, sagt er: „Weiche zurück, Satan“, weil er nicht selig aus sich selbst war, sondern durch wen? „Denn Fleisch und Blut hat dir dies nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist.“ Siehe, wodurch du selig bist, nicht von dem Deinigen, sondern von dem Meinigen. Nicht weil ich der Vater bin, sondern weil alles, was der Vater hat, mein ist2. Wenn selig durch die Gnade des Herrn, wodurch Satan? Da sagt er es; den Grund der Seligkeit nämlich gab er mit den Worten an: „Fleisch und Blut hat dir dies nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist“; das ist die Ursache deiner Seligkeit. Wenn ich aber gesagt habe: „Weiche zurück hinter mich, Satan“, so höre auch davon die Ursache: „Denn du fassest nicht das, was Gottes ist, sondern das, was des Menschen ist“. Niemand also schmeichle sich; von dem Seinigen ist er ein Satan, von dem, was Gottes ist, ist er selig. Denn was heißt „von dem Seinigen“, außer von seiner Sünde? Nimm die Sünde weg, was ist dann noch dein? Die Gerechtigkeit, sagt er, ist von dem Meinigen. Denn was hast du, was du nicht empfangen hast?3 Da also Menschen Gott einen Rat S. 719 geben wollten, die Jünger dem Meister, die Knechte dem Herrn, die Kranken dem Arzte, wies er sie zurecht und sprach: „ Sind nicht zwölf Stunden des Tages? Wenn einer am Tage wandelt, stößt er nicht an“. Folget mir nach, wenn ihr nicht anstoßen wollt; gebt mir keinen Rat, ihr, die ihr von mir Rat empfangen müßt. Worauf bezieht sich also: „Sind nicht zwölf Stunden des Tages?“ Darauf, daß er, um sich als den Tag zu zeigen, zwölf Jünger erwählte. Wenn ich, sagt er, der Tag bin und ihr die Stunden, geben etwa die Stunden dem Tage einen Rat? Die Stunden folgen dem Tag, nicht der Tag den Stunden. Wenn also jene die Stunden sind, was ist da Judas? Ist auch er unter den zwölf Stunden? Wenn er eine Stunde war, leuchtete er; wenn er leuchtete, wie hat er den Tag zum Tode ausgeliefert? Allein der Herr sah bei diesem Worte nicht Judas selbst, sondern seinen Nachfolger voraus. Denn als Judas fiel, folgte ihm Matthias nach, und die Zwölfzahl blieb4. Also nicht ohne Grund hat der Herr zwölf Jünger erwählt, sondern weil er selbst der geistige Tag ist. Es mögen also die Stunden dem Tage folgen, die Stunden den Tag verkünden, die Stunden vom Tage sich erhellen, die Stunden vom Tage sich erleuchten lassen, und durch die Predigt der Stunden soll die Welt an den Tag glauben. Dies also sagt er in zusammenfassender Weise: Folget mir nach, wenn ihr nicht anstoßen wollt.


  1. Matth. 16, 16―23. ↩

  2. Joh. 16, 15. ↩

  3. 1 Kor. 4, 7. ↩

  4. Apg. 1, 26. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Vorträge über das Johannes-Evangelium (BKV)

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