21. Kap. Der Zusammenhang des Christentums mit dem Judentum. Der Logos, seine Gottheit, Menschwerdung, Geburt, Leben, Wunder, Leiden, Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt.
Weil wir jedoch behauptet haben, daß diese unsere Religionsgesellschaft -- welche zwar noch ziemlich neu ist, wie alle wissen und auch wir bekennen, nämlich im tiberianischen Zeitalter entstanden ist -- weil wir also behauptet haben, daß sie sich doch auf die sehr alten Schriften der Juden stütze, so könnte man vielleicht in Betreff ihrer Beschaffenheit in der Hinsicht Bedenken hegen, als wollte sie unter dem Deckmantel einer so bekannten Religion, die sicherlich eine erlaubte ist, von ihren eigenen Meinungen etwas verbergen, um so mehr, da wir außer dem Alter weder in Betreff der Speiseverbote noch der Feiertage, noch sogar des körperlichen Zeichens, noch in der Namensgemeinschaft es mit den Juden halten, was doch der Fall sein müßte, wenn wir demselben Gott zugehörten. Indes, sogar der große Haufe kennt schon Christum, als einen Menschen freilich, der so war1, daß ihn die Juden verurteilt haben, ein Umstand, kraft dessen man uns um so leichter für Menschenanbeter hält. Allein wir schämen uns Christi nicht, wir freuen uns vielmehr nach seinem Namen benannt und um seinetwillen verurteilt zu werden; auch haben wir darum keine andere Auffassung von Gott. Es ist also notwendig, über Christus, insofern er Gott ist, einiges Wenige zu sagen.
Die ganze Zeit hindurch besaßen die Juden bei Gott einen besonderen Vorzug2 wegen der ausgezeichneten Rechtschaffenheit und des Glaubens ihrer Urväter. Daraus erblühte die Größe ihres Stammes und das Ansehen ihres Reiches, und ein besonders großes Glück stand ihnen zur Seite infolge der Aussprüche Gottes, wodurch sie sowohl belehrt wurden, wie man sich vor Gott verdient machen könne, als auch im voraus gemahnt wurden, ihn nicht zu beleidigen. Wie große Fehltritte sie trotzdem begangen haben, durch vermessenes Vertrauen auf ihre Väter so aufgebläht, daß sie das Gesetz in eine S. 97/443 unheilige Art verkehrten, das würde, wenn sie es auch nicht selbst geständen, ihr heutiges Schicksal beweisen. Zerstreut, umherirrend, von ihrem heimischen Boden und Himmel verbannt, schweifen sie auf dem Erdkreise umher, ohne einen Menschen oder Gott zum König zu haben; es wird ihnen nicht einmal erlaubt, als Fremdlinge ihr Vaterland zu betreten und zu begrüßen. Die heiligen Aussprüche fügten, indem sie ihnen dieses Schicksal androhten, alle immer dasselbe bei: Gott werde in den letzten Zeitläufen sich aus jedem Stamme und Volke und an allen Orten treuere Verehrer auswählen und auf sie seine Gnade übertragen, und zwar eine reichlichere Gnade wegen des Reichtums des erhabeneren Lehrsystems. Es kam also derjenige, der nach Gottes Vorherverkündigung kommen sollte, um die Lehre zu erneuern und ins Licht zu stellen, Christus nämlich, der Sohn Gottes. Er, der Herr und Meister dieser Gnade und Lehre, der Erleuchter und Führer des Menschengeschlechtes, wurde als Sohn Gottes angekündigt, nicht zwar so erzeugt, daß er erröten müßte über den Namen „Sohn“ oder über den Samen des Vaters, als über den Beischlaf eines Stieres3. Er hat nicht Gott zum Vater bekommen infolge von Blutschande mit der Schwester oder Schändung der Tochter oder Gattin eines ändern -- etwa einen schuppigen, gehörnten, befiederten oder als Liebhaber der Danae in Gold verwandelten Vater. Das ist das Menschliche, das ihr dem Jupiter beilegt4. Der Sohn Gottes aber hat nicht eine Mutter bekommen infolge einer Verletzung ihrer Keuschheit, auch die, welche als seine Mutter angesehen wird, war nicht verheiratet.
Doch ich will erst sein Wesen besprechen, dann wird man die Beschaffenheit seiner Geburt verstehen. S. 98/444 Wir haben es schon ausgesprochen, Gott habe dieses Weltall durch sein Wort, seine Vernunft und seine Macht erschaffen. Auch bei euren Weisen steht es fest, daß der Logos, d. i. das Wort und die Vernunft, als der Bildner des All gelte. Ihn bezeichnet nämlich Zeno als den Hervorbringer, der alles in seinem Ratschluß gebildet habe; derselbe werde auch Fatum genannt, Gott, Seele des Jupiter und Notwendigkeit aller Dinge. Alle diese Prädikate zusammen überträgt Kleanthes auf den Geist, von dem er sagt, daß er das All durchdringe. Aber auch wir schreiben dem Worte, der Vernunft und ebenso der Macht, wovon wir gesagt haben, daß Gott alles durch sie geschaffen habe, als eigentümliche Substanz den Geist5 zu, in dem das Wort ist, wenn er spricht, bei dem die Vernunft ist, wenn er anordnet, und dem die Macht gegenwärtig ist, wenn er ausführt. Hinsichtlich seiner sind wir belehrt worden, er sei aus Gott hervorgebracht und durch Hervorbringen gezeugt und deswegen Sohn Gottes und Gott genannt wegen der Einheit der Substanz. Denn auch Gott ist Geist. Und wenn ein Strahl aus der Sonne ausgesendet wird, so ist er ein Teil vom Ganzen; aber dabei ist die Sonne doch in dem Strahl, weil er ein Sonnenstrahl ist, und die Substanz wird dabei nicht geteilt, sondern auseinandergebreitet, wie ein Licht am Lichte angezündet wird6. Es bleibt S. 99/445 der Mutter-Stoff7 unversehrt und unvermindert, auch wenn man ihm mehrere gleichartige Ableitungen entnimmt. In dieser Weise ist auch, was von Gott ausgegangen ist, Gott und Gottes Sohn, und beide sind einer8. In dieser Weise Geist vom Geiste und Gott von Gott dem Maß (der Wesenheit) nach ein Zweiter, bewirkte er die Zahl durch die Abstufung, nicht durch die Beschaffenheit (der Substanz)9, und er ist von der mütterlichen Substanz nicht weggetreten, sondern aus ihr ausgetreten. Dieser Strahl Gottes nun ist, wie früher immer geweassagt wurde, in eine Jungfrau herabgekommen, und, in ihrem Mutterschoße Fleisch geworden, wird er geboren als ein Mensch, der mit Gott geeint ist10. Das vom Geiste gebildete11 Fleisch wird genährt, wächst heran, redet, lehrt, wirkt und ist Christus. S. 100/446
Laßt euch diese Fabel -- sie ist ja den eurigen ähnlich -- einstweilen gefallen, bis wir euch zeigen, wie Christus bewiesen wird, und wer bei euch zum voraus für derartige Fabeln gesorgt hat, damit sie als Rivalen diese unsere Wahrheit zerstören sollten12. Auch die Juden wußten, daß Christus kommen würde, da zu ihnen ja die Propheten redeten. Denn sie erwarten seine Ankunft auch jetzt noch, und es gibt keinen größeren Streitpunkt zwischen ihnen und uns, als den, daß sie nicht glauben, er sei schon gekommen. Da nämlich in betreff seiner eine zweimalige Ankunft angezeigt wurde, die erste, welche schon vollbracht ist in der Niedrigkeit des menschlichen Lebens, und die zweite, welche zum Abschluß der Zeitlichkeit bevorsteht in der Hoheit der hell erstrahlenden Gottheit, so haben sie die erste nicht verstanden und die zweite, welche sie, weil deutlicher vorhergesagt, erhofften, für die einzige gehalten. Daß sie nämlich die frühere nicht verstanden, während sie doch, wenn sie sie verstanden, geglaubt und, wenn sie sie geglaubt haben würden, das Heil erlangt hätten, -- das hat ihre Sünde verschuldet. Daß sie gestraft seien um die Weisheit und um die Erkenntnis und um die Frucht der Augen und Ohren, das lesen sie selbst in der Schrift.
Da sie ihn also infolge seiner Niedrigkeit für einen bloßen Menschen hielten, so bereiteten sie ihm Nachstellungen13, so daß sie ihn wegen seiner Machttaten als S. 101/447 einen Zauberer ansahen, da er durch sein bloßes Wort Dämonen aus den Menschen austrieb, Blinde wieder sehend machte, Aussätzige reinigte, Gelähmte wieder straff machte, Tote sogar durch sein Wort dem Leben wieder gab, die Elemente selbst zu Dienern machte, indem er die Stürme bändigte und auf dem Meere einherging, und so zeigte, daß er der Sohn Gottes war, jener, der von alters her verkündigt und zum Heil aller geboren war14, jenes uranfängliche, erstgeborene, von der Macht und der Vernunft begleitete und vom Geiste getragene Wort, eben derselbe, der alles durch sein bloßes Wort macht und gemacht hat. Die Lehrer und Vornehmen der Juden waren aber gegen seine Lehre, durch welche sie widerlegt wurden, so erbittert, am meisten deswegen, weil sich eine sehr große Menge von ihnen weg ihm zuwandte, daß sie ihn zuletzt dem Pontius Pilatus, damaligem Prokurator Syriens15 von römischer Seite, überlieferten und durch das Ungestüm ihrer Stimmen von ihm erzwangen, daß er ihnen zur Kreuzigung ausgeliefert wurde. Er hatte es auch selbst vorhergesagt, daß sie es so machen würden, was jedoch nicht genügen würde, hätten es nicht auch die früheren Propheten verkündet. Und doch hat er, ans Kreuz geheftet -- das war die für ihn bestimmte Todesstrafe -- noch Wunder getan16. Er hauchte nämlich, der Dienstleistung des Scharfrichters zuvorkommend17, freiwillig den Geist mit einem Ausrufe aus. In demselben Augenblick verschwand das Tageslicht, obwohl die Sonne Mittagshöhe zeigte. Das hielten die, welche nicht wußten, daß auch dies in betreff Christi vorhergesagt war, natürlich für S. 102/448 eine bloße Sonnenfinsternis18. Und doch findet sich auch dieser Zwischenfall im Weltall in euren geheimen Archiven berichtet.
Nachdem er darauf herabgenommen und ins Grab gelegt war, ließen ihn die Juden mit großer Sorgfalt bewachen und von einer Militärwache umzingeln, damit ja die Jünger, weil er seine Auferstehung von den Toten nach drei Tagen vorhergesagt hatte, nicht den Leichnam durch Diebstahl auf die Seite brächten und die, um welche man bangte, in Irrtum führten19. Aber bei Anbruch des dritten Tages20 wurde plötzlich die Erde erschüttert, der Steinkoloß, welcher das Grab verschloß, weggewälzt, die Wache durch Schrecken zersprengt, und ohne daß irgendein Jünger dabei zugegen war, wurde nichts im Grabe gefunden, als die abgelegten Umhüllungen des Begrabenen. Nichtsdestoweniger S. 103/449 sprengten die Vornehmen der Juden, denen daran lag, das Vorkommnis eines Verbrechens auszusprengen und das ihnen steuerpflichtige und untergebene Volk vom Glauben fernzuhalten, aus, er sei von den Jüngern gestohlen worden. Denn Christus selbst zeigte sich nicht mehr dem Volke, damit die Gottlosen nicht von ihrem Irrtum befreit würden, damit auch der Glaube, dem ja eine nicht gewöhnliche Belohnung vorbehalten ist, nicht ohne Schwierigkeit sei. Mit einigen Schülern aber verkehrte er gegen vierzig Tage in Galiläa, einer Provinz des Judenlandes, sie lehrend, was sie lehren sollten. Nachdem diese hierauf für das Amt, auf dem ganzen Erdkreis zu predigen, bestimmt waren, wurde er, von einer Wolke umgeben, in den Himmel aufgenommen, was viel zuverlässiger ist, als was bei euch Leute wie Proculus von Leuten wie Romulus zu bekräftigen pflegen21. Dies alles hat Pilatus, selbst schon in seinem Innersten ein Christ, dem damaligen Kaiser Tiberius über Christus gemeldet. Aber auch die Kaiser hätten hinsichtlich Christi geglaubt, wenn nicht einesteils die Kaiser für den Weltlauf22 notwendig wären, oder wenn andererseits Christen Kaiser sein könnten. -- Die Jünger aber gehorchten folgend dem Befehl ihres göttlichen Lehrers und zerstreuten sich über den Erdkreis, und nachdem auch sie von den sie verfolgenden Juden vieles erduldet, haben sie -- ihrem Vertrauen auf die Wahrheit entsprechend, mit Freudigkeit -- zuletzt zu Rom durch die Grausamkeit des Nero ihr Christenblut als Samen ausgestreut23.
Jedoch, ich werde euch später sogar noch diejenigen, welche ihr anbetet, als geeignete Zeugen für Christus vorführen24. Etwas Großes ist es, wenn ich, S. 104/450 damit ihr den Christen Glauben schenket, diejenigen als Mittel anwende, durch deren Einfluß ihr den Christen den Glauben versaget. Für jetzt habt ihr den geschichtlichen Zusammenhang, in dem unser Religionssystem steht, so legen wir dar25 den Ursprung unserer Genossenschaft und unseres Namens im Zusammenhang mit ihrem Stifter.
Es möge nun niemand mehr uns in Verruf bringen, niemand denken, es sei doch anders, da es doch keinem möglich ist, in betreff seiner Religion lügnerische Angaben zu machen. Denn dadurch, daß man vorgibt, man verehre ein anderes Wesen, als man wirklich verehrt, verleugnet man das, welches man eigentlich verehrt, überträgt Kult und Ehre auf ein anderes und verehrt eben durch diese Übertragung das auch schon nicht mehr, welches man verleugnet hat. Wir machen ja die Aussage, und zwar die öffentliche Aussage und rufen es unter euren Martern, zerfleischt und von Blut übergössen, laut aus: „Wir verehren Gott durch Christus!“ Haltet ihn immerhin für einen bloßen Menschen! Dennoch will Gott durch ihn und in ihm erkannt und verehrt werden. Um den Juden Rede zu stehen, sagen wir: sie haben selbst durch den Menschen Moses Gott verehren gelernt; um den Hellenen zu entgegnen: Orpheus hat in Pieria, Musäus in Athen, Melampus zu Argos, Trophonius zu Böotien die Leute durch Einweihungszeremonien in religiöse Pflicht genommen; um mich an euch, ihr Beherrscher der Völker, zu wenden, sagen wir: Numa Pompilius war nur ein Mensch und hat doch die Römer mit so mühevollem Aberglauben belastet. Es dürfte auch wohl Christus freigestanden haben, Erklärungen über die Gottheit, sein Eigentum26, zu geben, nicht in der Weise, daß er ganz ungebildete und noch wilde Menschen durch eine so große Anzahl Gottheiten, deren Wohlwollen zu gewinnen sei, gleichsam verblüfft machte und sie so zur Zivilisation heranbildete, wie Numa es tat, sondern wie einer, der schon S. 105/451 zivilisierten und durch Überbildung in die Irre geführten Menschen die Augen zur Erkenntnis öffnet. Untersuchet also, ob diese Gottheit eine wahre sei. Wenn sie das ist, so folgt aus ihrer Erkenntnis, daß man der falschen entsagen muß, nachdem man vor allem jene in ihrer ganzen Art genau kennen gelernt hat, die, unter Namen und Bildern von Verstorbenen versteckt, durch gewisse Zeichen, Wunder und Orakel den Glauben an ihre Göttlichkeit hervorzurufen sucht27.
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Nach der Lesart in F : hominem utique aliquem, qualem Judaei iudicaverunt. ↩
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Nach der Lesart in F: Totum Judaeis erat apud deum praerogativa. Totum = in totum, entweder „die ganze Zeit hindurch“ oder „ganz und gar, vollständig, in allem“. ↩
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Nach, der Lesart in F: aut de patris semine, sicut de concubitu tauri. ↩
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Nach der richtigen Lesart in F: Jovis ista sunt humana vestra. Die Lesart in P: Jovis ista sunt numina vestra durfte nicht verteidigt werden. Den Ausdruck „humana“ wählt T. in bitterem Sarkasmus zum Vergleich mit der Menschwerdung des Sohnes Gottes. ↩
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propriam substantiam spiritum. „Spiritum“ ist in F ausgelassen, darf aber nicht fehlen. T. benutzt für seinen apologetischen Zweck die stoische Pneumalehre. Unrichtig ist es, wenn Schrörs (S. 21) meint, sermo, ratio und virtus seien nicht gleichgeordnete Begriffe. „Virtus“ bei T. stammt aus Lukas l, 35 „virtus altissimi“, das ebenso wie „spiritus dei superveniet in te“ von ihm auf die zweite Person in der Gottheit gedeutet und mit „sermo“, „ratio“, „Logos“ identifiziert wird. Vgl. adv. Prax. 26; de carne Christi 14; 19; de orat. 1. Auch darf sermo et ratio nicht mit „Wort--Vernunft“ übersetzt werden. ↩
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P hat hier den Text … nec separatur substantia sed extenditur. Ita de spiritu spiritus et de deo deus, ut lumen de lumine accensum. Mit Recht sind in P die Worte: Ita de spiritu … deus ausgelassen. Sie finden sich einige Zeilen später, und sind hier eingedrungen, wo sie nicht passen. Es ist also zu lesen … nec … expanditur (oder extenditur) ut lumen de lumina accensum. ↩
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Nach der richtigen Lesart in F: „materia matrix“, vgl. Rauschen S. 55. ↩
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unus ambo, nämlich: unus Deus. ↩
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F gibt zweifellos den Text so, wie ihn T. geschrieben hat: modulo alter, numerum gradu non statu fecit. P hat den entstellten Text: modulo alternum numerum, gradu non statu fecit. Er entstand durch Anhängung der drei ersten Buchstaben von numerum an alter. -- Alter kann „ein Zweiter“ oder „ein Anderer“ übersetzt werden, da bei T. alter = alius steht. Modulo alter = er ist ein Anderer, ein vom Vater Unterschiedener durch das Maß der Substanz, weil er portio ex summa ist. Die weitere Ausführung dieses subordinatianischen Gedankens enthält die Schrift adv. Prax. -- Status ist hier die „Beschaffenheit“ der Substanz; Status steht sehr oft bei T. als Zusammenfassung der sog. naturalia, also gleichbedeutend mit dem, was wir im philosophischen Sinne die Natur nennen. Vgl. z. B. de anima 4. Post definitionem census quaestionem Status patitur, und diese Untersuchung erstreckt sich auf die der Seele kraft ihrer Wesenheit zukommenden, stets gleichbleibenden natnralia. -- A matrice non recessit, sed excessit will sagen: durch seinen Ursprung ist er so aus der göttlichen Wesenheit hervorgegangen, daß er diese Wesenheit, wenn auch in abgestuftem Maße, behält, aber er ist der göttlichen Wesenheit nicht fremd geworden, nicht von ihr getrennt, er ist nicht alienus, nicht separatus a patre. Vgl. ady. Prax. 8 den Unterschied zwischen der προβολὴ veritatis und der προβολὴ bei Valentinus. ↩
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homo deo mixtus. Ähnlich de carne Christi 18: homo cum deo. Die nähere Erklärung enthält die Schrift de carne Christi und adv. Prax. 27. ↩
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Nach der Lesart in F caro spiritu structa. T. denkt an Luk. 1, 35; Matth. 1, 20 und will die Empfängnis „sine viri semine“ hervorheben. Zum Sprachgebrauch vgl. de carne Christi 8 caro Christi de caelestibus structa; de an. 18 neque animum aliud quid esse quam animae structum; de an. 14 non magis instructilis aliunde. Unter „spiritu“ versteht, wie schon hervorgehoben, T. nicht die dritte, sondern die zweite göttliche Person. ↩
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Nach der richtigen Lesart in F qui penes vos eiusmodi labulas ad destruetionem veritatis istius aemulas praeministraverint. P hat eiusmodi fabulas aemulas ad destruetionem veritatis istiusmodi praeministraverint. Schon „istiusmodi“ beweist, daß diese Lesart entstellt ist. Während T. an hunderten von Stellen eiusmodi, huiusmodi schreibt, schreibt er immer nur „istius“, niemals „istiusmodi:', Weitere Bemerkungen zu dieser Stelle bei Rauschen 56. ↩
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Nach der Lesart in F insequebantur. P hat sequebatur; dann wäre zu übersetzen: so ergab sich als Folge, daß sie ihn usw. ↩
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Nach der Lesart in F ostendens se esse filium, et illum olim a deo praedicatum et ad omnium salutem natum, verbum dei illud primordiale etc. P hat ostendens se esse verbum dei, id est λόγον, illud primordiale etc., ein Text, der wegen des „id est λόγον“ sehr verdächtig ist. ↩
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Pilatus war nicht Prokurator von Syrien, sondern von Judäa, dieses aber gehörte zur Provinz Syrien. ↩
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Et tamen subfixus, multa mortis illius propria, ostendit insignia. Nam spiritum cum verbo sponte dimisit. Die Worte multa … Nam fehlen in F und anderen Handschriften. ↩
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Job. 19, 31 ff. „non fregerunt eius crura“. ↩
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P hat hier folgenden Text: Deliquium utique putaverunt, qui id quoque super Christo praedicatum non scierunt, ratione non deprehensa negaverunt; et tarnen etc. Dieser Text verdient deshalb den Vorzug, weil er weit besser den Nachsatz: et tarnen eum mundi casum relatum in arcanis vestris habetis erklärt, dessen Zusammenhang mit dem Vorhergehenden sonst weniger verständlich ist. T. unterscheidet zwei Gruppen, solche, die sich mit dem Vorgang abfanden, indem sie ihn als natürliche Sonnenfinsternis ansahen (hierbei denkt er wohl an die Juden mit, oder in erster Linie an die Juden, dio den Vorgang sahen, ihn nicht leugnen konnten, und ihn natürlich zu erklären suchten, obwohl er natürlich nicht erklärbar war) und solche, die ihn, obwohl er zuverlässig berichtet war, einfach leugneten, weil sie keine Ursache für ihn auffinden, also ihn nicht natürlich erklären konnten (nulla ratione deprehensa; ratio steht öfters = causa, vgl. z. B. cap. 22, 6: caeca ratione temptatus aer). Es wäre also mit „qui id quoque“ ein neuer Satz zu beginnen, oder nach „scierunt“ „alii“ einzufügen. „Casus mundi“ ist nicht ein „Vorgang im Weltall“, sondern ein (unerklärlicher) „Zwischenfall im Weltall“. ↩
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Fallerent suspectos kann nicht übersetzt werden „die zum Argwohn geneigten Menschen“. Zum Sprachgebrauch vgl. ad ux. I, l me de contumeliae dolore suspectum insinuare iam hinc tibi consilium viduitatis. Suspectos bezeichnet diejenigen, um welche die Pharisäer in Besorgnis waren, weil sie sie im Verdacht hatten, im geheimen noch auf der Seite Jesu zu stehen. ↩
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Nach der Lesart in F: Sed ad tertium diem, die den Vorzug verdient vor der anderen: Sed ecce tertia die. ↩
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Nach der Lesart in F de Romulis Proculi, vgl. Justin, Apol. I, 21. P hat de Romulo Proculi. Proculus hieß der Bauer, der nach dem Tode des Romulus den Römern verkündete, derselbe sei ihm erschienen und müsse als Gott verehrt werden. Livius l, 16. ↩
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Weil das Weitende mit dem Ende des römischen Reiches zusammenfällt. ↩
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Vgl. c. 50, 13 semen est sanguis christianorum. ↩
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c. 23 T. denkt an die Dämonen. ↩
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Nach der Lesart in F „edimus“, die besser ist als „edidimus“. ↩
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Die “Worte „rem propriam“ fehlen in F. ↩
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Nach der richtigen Lesart in F: Si ea est, qua cognita sequitur, ut falsae renuntietur, comperta in primis illa omni ratione etc. Im vorhergehenden Satz hat T. die Heiden aufgefordert zu untersuchen: si vera sit ista divinitas Christi. Wenn, so fährt der Gedankengang fort, sie sich als wahre herausstellt, so entsteht ans dieser Erkenntnis die Pflicht, der falschen zu entsagen; für die Christen also, die diese Wahrheit erkennen, besteht diese Pflicht, und die Erfüllung derselben darf ihnen nicht als Verbrechen angerechnet werden. P bringt mit „qua cognita in bonum quis reformatur“ einen willkürlichen, in den Zusammenhang nicht passenden Zusatz. Die Bemerkungen von Schrörs zu dieser Stelle (S. 22 u. 115) sind unrichtig; auch die Übersetzung von Rauschen (S. 30) „Ist sie so, wie sie erkannt wurde“, verfehlt den Sinn; „qua“ heißt hier nicht „wie“, sondern ist mit cognita zu verbinden (relative Anknüpfung). Die Erkenntnis begründet die Pflicht der renuntiatio. -- Mit comperat etc. bringt T. einen häufig von ihm ausgesprochenen Gedanken. Aus der wahren Gottes- und Christus-Erkenntnis folgt die Erkenntnis seines Widersachers. Vgl. z. B. de spect. 2 (4/8) domino cognito etiam aemulatorem eins inspeximus, qui institutore comperto et interpolatorem una deprehendimus. Offenbar schwebt in der ganzen Stelle T. das Taufbekenntnis vor Augen „renuntiasse nos diabolo et pompae et angelis eius“, de spect. 4 (6/3). „illa omni ratione“ ist also zu übersetzen: „jene ganze Art“ oder „jene (falsche) in ihrer ganzen Art“. T. will damit kurz begründen, daß die Christen sich von dem ganzen Religionswesen der Heiden, soweit es das öffentliche und private Leben durehdringt, fernzuhalten die Pflicht haben. Den Kommentar bieten die Schriften de spect. und de idol. ↩