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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
27. Die Ausdeutung der Götter auf natürliche Dinge zeigt, daß man nicht die wahre Gottheit verehrte, wie man auch nicht jene Art von Verehrung pflegte, die der wahren Gottheit gebührt.
Gleichwohl sind diese auserlesenen Götter, wie wir sehen, bekannter und berühmter geworden als die Band 1, S. 373übrigen, jedoch nicht indem Verdienste von ihnen ans Licht gerückt worden wären, sondern indem ihre Schmach nicht verborgen blieb; darum ist eher glaubhaft, daß sie Menschen gewesen sind, wie das nicht nur in dichterischen, sondern auch in historischen Schriften überliefert ist. Denn was Vergil1 sagt:
„Erstlich erschien Saturn aus Äthershöh'n des Olympus,
Fliehend die Waffen des Zeus und verbannt aus entrissener Herrschaft“
und was er im Anschluß daran Einschlägiges berichtet, das hat alles Euhemerus geschichtlich ausgelegt und Ennius hat sein Werk ins Lateinische übertragen; weil jedoch die Schriftsteller, die vor mir wider derartige Irrtümer in griechischer oder in lateinischer Sprache geschrieben haben, dieses Werk schon sehr fleißig benützt haben2, so will ich mich dabei nicht aufhalten3.
Wenn man die Beziehungen auf die Natur ins Auge faßt, durch welche Gelehrtheit und Scharfsinn diese menschlichen Dinge in göttliche umzuwandeln versucht, so zeigt sich, daß man sie nur auf vergängliche und irdische Werke, auf die körperhafte Natur oder, wenn auch auf eine unsichtbare, so doch auf eine vergängliche Natur anzuwenden vermocht hat; eine solche aber ist der wahre Gott keineswegs. Wenn das nun wenigstens in Deutungen geschähe, die dem religiösen Gefühl entsprechen, so müßte man zwar bedauern, daß darin nicht auf den wahren Gott hingewiesen werde, doch wäre es noch einigermaßen erträglich, da dann so grauenhafte und schändliche Dinge unterblieben und nicht zur Pflicht gemacht würden; so aber, da es schon eine Sünde ist, statt des wahren Gottes, durch dessen Einwohnung allein die Seele glücklich ist, einen Körper oder eine Seele zu verehren, wieviel abscheulicher ist es, diese Gegenstände in einer Weise zu verehren, daß der menschliche Leib und die Seele des Verehrenden weder Heil noch Band 1, S. 374Zier gewinnen! Wenn demnach ein Element der Welt oder ein geschaffener Geist — es bräuchte nicht ein unreiner und böser Geist zu sein — durch Tempel, Priestertum, Opferdienst, was alles nur dem wahren Gott gebührt, verehrt würde, so ist das nicht insofern sündhaft, als wären die Mittel der Verehrung sündhaft, sondern insofern als es sich um Mittel handelt, mit denen nur der verehrt werden darf, dem ein solcher Kult und Dienst gebührt. Wenn dagegen jemand den einen wahren Gott das heißt den Schöpfer jeglicher Seele und jeglichen Leibes durch alberne oder ungeheuerliche Bildnisse, durch Menschenopfer, durch Bekränzung der männlichen Scham, durch Entlohnung der Unzucht, durch Verstümmelung von Gliedern, durch Verschneidung der Zeugungsglieder, durch Weihung von Lustknaben, durch die Feier unreiner und unzüchtiger Spiele zu verehren behauptete, so sündigt er nicht insofern als dürfte der, den er verehrt, nicht verehrt werden, wohl aber insofern als er den, den man verehren muß, nicht so verehrt, wie er zu verehren ist. Wer aber seine Verehrung betätigt einerseits mit solchen schändlichen und verbrecherischen Mitteln, andrerseits nicht in der Richtung auf den wahren Gott das heißt den Schöpfer der Seele und des Leibes, sondern in der Richtung auf ein Geschöpf, wenn auch nicht auf ein lasterhaftes, gleichviel ob es eine Seele oder ein Körper oder beides zumal ist, der sündigt zweifach gegen Gott, indem er einerseits statt seiner etwas verehrt, was nicht Gott ist, und andrerseits es durch Mittel verehrt, durch die man weder Gott, noch etwas, was nicht Gott ist, verehren darf. Auf welche Weise nun das heißt wie schändlich und abscheulich die heidnischen Römer ihre Verehrung betätigt haben, liegt offen da; was oder wen sie aber verehrt haben, wäre dunkel, wenn nicht ihre Geschichte4 bezeugte, daß man eben das, was sie als unflätig und schändlich einbekennen, auf die schrecklich drohende Forderung der Gottheiten gewährt habe; damit schwindet alle Dunkelheit und es ist klar, daß es verruchte Dämonen und höchst unreine Geister waren, Band 1, S. 375die durch diese ganze staatliche Theologie angezogen wurden, sich in albernen Bildnissen einzunisten und durch sie auch von törichten Herzen Besitz zu ergreifen.
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XXVII: De figmentis physiologorum, qui nec ueram diuinitatem colunt, nec eo cultu quo colenda est uera diuinitas.
Istos uero deos selectos uidemus quidem clarius innotuisse quam ceteros, non tamen ut eorum inlustrarentur merita, sed ne occultarentur obprobria; unde magis eos homines fuisse credibile est, sicut non solum poeticae litterae, uerum etiam historicae tradiderunt. nam quod Vergilius ait: primus ab aetherio uenit Saturnus Olympo, arma Iouis fugiens et regnis exul ademptis, et quae ad hanc rem pertinentia consequuntur, totam de hoc Euhemerus pandit historiam, quam Ennius in Latinum uertit eloquium; unde quia plurima posuerunt, qui contra huiusmodi errores ante nos uel Graeco sermone uel Latino scripserunt, non in eo mihi placuit inmorari. ipsas physiologias cum considero, quibus docti et acuti homines has res humanas conantur uertere in res diuinas, nihil uideo nisi ad temporalia terrenaque opera naturamque corpoream uel etiamsi inuisibilem, tamen mutabilem potuisse reuocari; quod nullo modo est uerus deus. hoc autem si saltem religiositati congruis significationibus ageretur, esset quidem dolendum non his uerum deum adnuntiari atque praedicari, tamen aliquo modo ferendum tam foeda et turpia non fieri nec iuberi; at nunc cum pro deo uero, quo solo anima se inhabitante fit felix, nefas sit colere aut corpus aut animam, quanto magis nefarium est ista sic colere, ut nec salutem nec decus humanum corpus aut anima colentis obtineat. quamobrem si templo sacerdote sacrificio, quod uero deo debetur, colatur aliquod elementum mundi uel creatus aliquis spiritus, etiamsi non inmundus et malus: non ideo malum est, quia illa mala sunt, quibus colitur, sed quia illa talia sunt, quibus ille solus colendus sit, cui talis cultus seruitus que debetur. si autem stoliditate uel monstrositate simulacrorum, sacrificiis homicidiorum, coronatione uirilium pudendorum, mercede stuprorum, sectione membrorum, abscisione genitalium, consecratione mollium, festis inpurorum obscenorum que ludorum unum uerum deum, id est omnis animae corporisque creatorem, colere se quisque contendat: non ideo peccat, quia non est colendus quem colit, sed quia colendum non ut colendus est colit. qui uero et rebus talibus, id est turpibus et scelestis, et non deum uerum, id est animae corporis que factorem, sed creaturam quamuis non uitiosam colit, siue illa sit anima siue corpus siue anima simul et corpus, bis peccat in deum, quod et pro ipso colit, quod non est ipse, et talibus rebus colit, qualibus nec ipse colendus est nec non ipse. sed hi quonam modo, id est quam turpiter nefarieque coluerint, in promptu est; quid autem uel quos coluerint, esset obscurum, nisi eorum testaretur historia ea ipsa, quae foeda et turpia confitentur, numinibus terribiliter exigentibus reddita; unde remotis constat ambagibus nefarios daemones atque inmundissimos spiritus hac omni ciuili theologia inuisendis stolidis imaginibus et per eas possidendis etiam stultis cordibus inuitatos.