Übersetzung
ausblenden
Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
23. Der Irrtum in der Lehre des Origenes.
Band 16, S. 620Aber merkwürdig, auch unter denen, die mit uns einen einzigen Urgrund aller Wesen annehmen und jegliches Wesen, das nicht ist, was Gott ist, seinem Ursprung nach auf Gottes Schöpfung zurückführen, haben manche diesen Grund der Weltschöpfung, so schlicht und recht er ist, nicht schlicht und recht glauben wollen, nämlich daß Gottes Gutheit Gutes erschaffe und daß in Unterordnung unter Gott Wesen existieren, die nicht sein sollten, was Gott ist, jedoch gute Wesen, die nur der gute Gott erschaffen konnte. Sie sagen vielmehr, die Seelen — nach ihrer Ansicht nicht Teile Gottes, sondern erschaffen von Gott — hätten gesündigt durch Abkehr vom Schöpfer und hätten in verschiedenen Abstufungen je nach Maßgabe ihrer Sünden verschiedene Körper, von himmlischen bis herab zu irdischen, gleichsam als Fessel verdient, und diese Fessel sei die Welt, und darin liege der Grund für die Weltschöpfung, durch die also nicht Gutes ins Dasein gerufen, sondern Böses eingedämmt werden sollte. Daraus macht man mit Recht dem Origenes einen Vorwurf. Er hat nämlich in der Tat in seinem Werk, das er Περὶ ἀρχῶν, d. h. über die Ursprünge, betitelt hat, diese Anschauung vertreten und sie schriftlich niedergelegt. Unsagbar muß ich mich wundern, wie hier ein Mann, der in den Büchern der Kirche so außerordentlich unterrichtet und bewandert war1, nicht beachtet hat, zunächst, wie sehr eine solche Auffassung der Absicht dieser in so hohem Ansehen gehaltenen Schrift zuwiderläuft, die doch, indem sie bei den einzelnen Werken Gottes beifügt: „Und Gott sah, daß es gut sei“ und nach Vollendung des Ganzen sagt: „Gott sah alles, was er gemacht, und siehe, es war sehr gut“, damit als Grund der Weltschöpfung nichts anderes dem Verständnis nahelegen wollte, als daß Gutes von der Gutheit Gottes erschaffen werde. Hätte niemand darin gesündigt, so2 wäre die Welt nur mit guten Wesen geschmückt und erfüllt. Andrerseits ist deshalb, Band 16, S. 621weil die Sünde eintrat, nicht alles mit Sünden erfüllt, da ja in den himmlischen Sphären eine weit größere Zahl von Guten die ihrer Natur zukommende Ordnung bewahrt. Und dazu entgeht der böse Wille, weil er die Ordnung der Natur nicht bewahren will, deshalb ja doch nicht den Gesetzen des gerechten Gottes, der alles gut zu ordnen weiß. Denn wie ein Gemälde mit schwarzen Schatten an ihrem Platz, so ist das Weltall, wenn man es zu betrachten versteht, auch mit den Sündern schön3, obgleich diese, in sich selbst betrachtet, durch ihre eigene Häßlichkeit besudelt sind.
Sodann hätte Origenes und sein Anhang sehen sollen, daß, wenn diese Meinung richtig wäre, wonach die Welt erschaffen worden, um den Seelen je nach dem Mißverdienst ihrer Sünden Körper zu geben als eine Art Gefängnis, worin sie zur Strafe eingeschlossen werden sollten, und zwar für geringere Schuld höher geartete und feinere Körper, für größere Schuld dagegen niedrigere und schwerfälligere, daß alsdann die Dämonen als die allerschlechtesten Wesen, nicht aber die Menschen, da sie sogar noch gut waren, irdische Körper als die niedrigsten und schwerfälligsten hätten erhalten müssen. So aber hat — woraus wir erkennen mögen, daß die Schuld der Seelen nicht nach der Beschaffenheit der Körper abzuwägen sei — der ganz verdorbene Dämon einen luftartigen Körper, der Mensch hingegen, der auch jetzt, obwohl sündig, in weit geringerem und milderem Grade böse ist, hat, und zwar bestimmt schon vor der Sünde4, gleichwohl einen Leib aus Lehm erhalten. Die ganze Widersinnigkeit dieser Lehre aber tritt darin zutage, daß sie sagen muß, der göttliche Bildner habe die Anordnung einer einzigen Sonne für die eine Welt nicht mit Rücksicht auf Schönheit und Zier noch auf die Wohlfahrt der körperlichen Wesen getroffen, sondern das habe sich vielmehr deshalb so gemacht, weil nur eine Seele in der Weise sündigte, daß sie in einen solchen Körper eingeschlossen zu werden verdiente. Wenn es sich demnach begeben hätte, dass Band 16, S. 622nicht eine, sondern zwei oder gar zehn oder hundert in ganz gleicher Weise gesündigt hätten, so hätte diese Welt hundert Sonnen! Daß dieser Fall nicht eintrat, dafür sorgte nicht etwa zur Wohlfahrt und Zier der körperlichen Wesen des Schöpfers wunderbare Vorkehr, sondern es lag lediglich an dem Grade der Abkehr, dem eine sündigende Seele frönte, daß sie allein sich einen solchen Körper zuzog. Wahrlich, nicht die Abkehr von Seelen, über die sie reden, sie wissen selbst nicht was, sondern ihre eigene Abkehr gar weit von der Wahrheit muß nach Verdienst in Schranken gewiesen werden.
Da man nun also bei jeglicher Kreatur stets nach den drei oben erwähnten Punkten fragt, wer sie erschaffen, wodurch und weshalb, worauf die Antwort lautet: „Gott, durch das Wort, weil sie gut ist“, so erhebt sich die weitere Frage, ob uns dadurch in mystischem Tiefsinn die Dreifaltigkeit selbst, d. i. der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, angekündigt werde oder ob etwas einer solchen Auffassung der betreffenden Schriftstellen hindernd im Wege steht; allein diese Frage kann nicht mit ein paar Worten erledigt werden, und man soll uns nicht drängen, alles in einem Abschnitt zu erörtern.
Übersetzung
ausblenden
The City of God
Chapter 23.--Of the Error in Which the Doctrine of Origen is Involved.
But it is much more surprising that some even of those who, with ourselves, believe that there is one only source of all things, and that no nature which is not divine can exist unless originated by that Creator, have yet refused to accept with a good and simple faith this so good and simple a reason of the world's creation, that a good God made it good; and that the things created, being different from God, were inferior to Him, and yet were good, being created by none other than He. But they say that souls, though not, indeed, parts of God, but created by Him, sinned by abandoning God; that, in proportion to their various sins, they merited different degrees of debasement from heaven to earth, and diverse bodies as prison-houses; and that this is the world, and this the cause of its creation, not the production of good things, but the restraining of evil. Origen is justly blamed for holding this opinion. For in the books which he entitles peri archon, that is, Of Origins, this is his sentiment, this his utterance. And I can not sufficiently express my astonishment, that a man so erudite and well versed in ecclesiastical literature, should not have observed, in the first place, how opposed this is to the meaning of this authoritative Scripture, which, in recounting all the works of God, regularly adds, "And God saw that it was good;" and, when all were completed, inserts the words, "And God saw everything that He had made, and, behold, it was very good." 1 Was it not obviously meant to be understood that there was no other cause of the world's creation than that good creatures should be made by a good God? In this creation, had no one sinned, the world would have been filled and beautified with natures good without exception; and though there is sin, all things are not therefore full of sin, for the great majority of the heavenly inhabitants preserve their nature's integrity. And the sinful will though it violated the order of its own nature, did not on that account escape the laws of God, who justly orders all things for good. For as the beauty of a picture is increased by well-managed shadows, so, to the eye that has skill to discern it, the universe is beautified even by sinners, though, considered by themselves, their deformity is a sad blemish.
In the second place, Origen, and all who think with him, ought to have seen that if it were the true opinion that the world was created in order that souls might, for their sins, be accommodated with bodies in which they should be shut up as in houses of correction, the more venial sinners receiving lighter and more ethereal bodies, while the grosser and graver sinners received bodies more crass and grovelling, then it would follow that the devils, who are deepest in wickedness, ought, rather than even wicked men, to have earthly bodies, since these are the grossest and least ethereal of all. But in point of fact, that we might see that the deserts of souls are not to be estimated by the qualities of bodies, the wickedest devil possesses an ethereal body, while man, wicked, it is true, but with a wickedness small and venial in comparison with his, received even before his sin a body of clay. And what more foolish assertion can be advanced than that God, by this sun of ours, did not design to benefit the material creation, or lend lustre to its loveliness, and therefore created one single sun for this single world, but that it so happened that one soul only had so sinned as to deserve to be enclosed in such a body as it is? On this principle, if it had chanced that not one, but two, yea, or ten, or a hundred had sinned similarly, and with a like degree of guilt, then this world would have one hundred suns. And that such is not the case, is due not to the considerate foresight of the Creator, contriving the safety and beauty of things material, but rather to the fact that so fine a quality of sinning was hit upon by only one soul, so that it alone has merited such a body. Manifestly persons holding such opinions should aim at confining, not souls of which they know not what they say, but themselves, lest they fall, and deservedly, far indeed from the truth. And as to these three answers which I formerly recommended when in the case of any creature the questions are put, Who made it? By what means? Why? that it should be replied, God, By the Word, Because it was good,--as to these three answers, it is very questionable whether the Trinity itself is thus mystically indicated, that is, the Father, the Son, and the Holy Ghost, or whether there is some good reason for this acceptation in this passage of Scripture,--this, I say, is questionable, and one can't be expected to explain everything in one volume.
-
Gen. i. 31. ↩