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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
5. Es läßt sich nicht beweisen, daß die Götter den Ehebruch des Paris bestraften; denn sie haben an der Mutter des Romulus die Unzucht nicht gerächt.
Band 1, S. 135Lassen wir es jedoch dahingestellt, ob es möglich sei, daß Venus von Anchises den Äneas geboren oder Mars mit der Tochter Numitors den Romulus gezeugt habe; denn so ziemlich die gleiche Frage entsteht auch auf Grund unserer Schriften1, nämlich ob die abgefallenen Engel mit Töchtern von Menschen Umgang gehabt haben, woraus Giganten d. i. überaus große und starke Männer hervorgingen, die damals die Erde erfüllten. Deshalb muß unsere Erörterung immerhin auch mit der Möglichkeit des Falles rechnen. Wenn also das wahr ist, was man in den Schriften allenthalben über die Mutter des Äneas und den Vater des Romulus liest, wie können dann den Göttern die Ehebrüche der Menschen mißfallen, da sie ihre eigenen gegenseitig in Eintracht ertragen? Ist das aber unwahr, so können sie gleichwohl über wirkliche Ehebrüche der Menschen nicht zürnen, weil sie an den ihnen angedichteten Freude haben. Dazu kommt, daß sich die Sache der Mutter des Romulus sehr verschlechtert, wenn man den Bericht über den Ehebruch des Mars nicht glaubt, um den Ehebruch der Venus in Abrede stellen zu können (Diesen nämlich mussten die in Abrede stellen, die den Ehebruch des Paris als Ursache des Zornes der Götter und der Zerstörung Trojas betrachteten); denn in diesem Fall tritt für die Mutter des Romulus kein Beilager eines Gottes rechtfertigend ein. Und sie war doch Priesterin der Vesta, und deshalb hätten die Götter eher an den Römern diesen schweren Religionsfrevel strafen sollen als an den Trojanern den Ehebruch des Paris. Haben ja selbst die Römer in alter Zeit die der Unzucht überführten Priesterinnen der Vesta lebendig begraben, während sie ehebrecherische Frauen zwar auch mit Strafe, aber doch nicht mit der Todesstrafe belegten; um soviel strenger straften sie die Entweihung dessen, was nach ihrer Meinung ausschließlich den Göttern zugehören sollte, als die Schändung des Ehebettes.
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Gen. 6, 4. ↩
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The City of God
Chapter 5.--That It is Not Credible that the Gods Should Have Punished the Adultery of Paris, Seeing They Showed No Indignation at the Adultery of the Mother of Romulus.
But whether Venus could bear Aeneas to a human father Anchises, or Mars beget Romulus of the daughter of Numitor, we leave as unsettled questions. For our own Scriptures suggest the very similar question, whether the fallen angels had sexual intercourse with the daughters of men, by which the earth was at that time filled with giants, that is, with enormously large and strong men. At present, then, I will limit my discussion to this dilemma: If that which their books relate about the mother of Aeneas and the father of Romulus be true, how can the gods be displeased with men for adulteries which, when committed by themselves, excite no displeasure? If it is false, not even in this case can the gods be angry that men should really commit adulteries, which, even when falsely attributed to the gods, they delight in. Moreover, if the adultery of Mars be discredited, that Venus also may be freed from the imputation, then the mother of Romulus is left unshielded by the pretext of a divine seduction. For Sylvia was a vestal priestess, and the gods ought to avenge this sacrilege on the Romans with greater severity than Paris' adultery on the Trojans. For even the Romans themselves in primitive times used to go so far as to bury alive any vestal who was detected in adultery, while women unconsecrated, though they were punished, were never punished with death for that crime; and thus they more earnestly vindicated the purity of shrines they esteemed divine, than of the human bed.