Edition
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De Trinitate
II.
[II 4] Quilibet igitur studiosus, quilibet curiosus non amat incognita etiam cum ardentissimo appetitu instat scire quod nescit. Aut enim iam genere notum habet quod amat idque nosse expetit etiam in aliqua singula vel in singulis rebus quae illi nondum notae forte laudantur, fingitque animo imaginariam formam qua excitetur in amorem. (Unde autem fingit nisi ex his quae iam noverat? Cuius tamen formae animo figuratae atque in cogitatione notissimae si eam quae laudabatur dissimilem invenerit, fortasse non amabit; quod si amaverit, ex illo amare incipiet ex quo didicit. Paulo ante quippe alia erat quae amabatur quam sibi animus formans exhibere consueverat. Si autem illi formae similem invenerit quam fama praedicaverat cui vere possit dicere: ‚Iam te amabam,‘ nec tunc utique amabat incognitam quam in illa similitudine noverat.) Aut in specie sempiternae rationis videmus aliquid et ibi amamus, quod cum expressum in aliqua rei temporalis effigie illis qui experti sunt laudantibus credimus et amamus, non aliquid amamus incognitum unde iam supra satis disseruimus. Aut aliquid notum amamus propter quod ignotum aliquid quaerimus, cuius ignoti amor nequaquam nos tenet sed illius cogniti quo pertinere novimus ut illud etiam quod adhuc ignotum quaerimus noverimus sicut de incognito verbo paulo ante locutus sum. Aut ipsum scire quisque amat, quod nulli scire aliquid cupienti esse incognitum potest. His causis videntur amare incognita qui scire aliquid volunt quod nesciunt et propter ardentiorem quaerendi appetitum sine amore esse dici non possunt. Sed quam se res aliter habeat neque omnino quidquam ametur incognitum, arbitror me persuasisse verum diligenter intuentibus. Sed quia exempla quae dedimus eorum sunt qui aliquid quod ipsi non sunt nosse cupiunt, videndum est ne forte aliquod novum genus appareat cum se ipsa mens nosse desiderat.
Übersetzung
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Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
2. Kapitel. Niemand kann etwas völlig Unbekanntes lieben.
4. Jeder eifrig sich Mühende also, jeder Wißbegierige, liebt nicht etwas Unbekanntes, auch nicht, wenn er mit brennendstem Verlangen darauf besteht, zu wissen, was er nicht weiß. Entweder hat er nämlich schon eine allgemeine Kenntnis dessen, was er liebt, und verlangt nun darnach, es auch in einem bestimmten Einzelding oder in verschiedenen Einzeldingen kennenzulernen, die er noch nicht kennt, die ihm aber vielleicht gerühmt werden, und er bildet sich nun in der Seele eine bildhafte Gestalt, durch die er zur Liebe erregt wird. Woher anders aber bildet er diese Gestalt als aus jenen Elementen, die er schon kennt? Wenn er jedoch das Ding, das ihm gerühmt wurde, dieser in der Seele gestalteten und im Gedanken ganz bekannten Form unähnlich findet, dann wird er es vielleicht nicht lieben. Wenn er es liebt, dann beginnt er es in dem Augenblick zu lieben, in dem er es kennenlernt. Kurz zuvor war ja das, was geliebt wurde, was die Seele formte und sich selbst darzubieten pflegte, etwas ganz anderes. Wenn er aber das Ding, von dem ihm Kunde geworden war, jener Form ähnlich findet, so daß er in Wahrheit zu ihm sagen kann: Ich liebte dich schon, auch dann liebte er sicherlich nicht als etwas Unbekanntes, was er in jenem ähnlichen Bilde schon gekannt hatte. Es kann auch sein, daß wir in der Gestalt des ewigen Wesensgrundes etwas sehen und es dort lieben, S. 74 was wir dann, wenn es in der Erscheinung eines zeitlichen Dinges zum Ausdruck kommt, jenen, die es auf Grund ihrer Erfahrung loben, glauben und so lieben: auch da lieben wir nicht etwas Unbekanntes — wir haben darüber schon oben hinlänglich gehandelt. Oder wir lieben etwas Bekanntes, um dessentwillen wir etwas Unbekanntes suchen. Dabei hält uns keineswegs die Liebe zum Unbekannten gefangen, sondern zu jenem Bekannten, zu dessen Kenntnis, wie wir wissen, die Kenntnis auch des Unbekannten gehört, das wir noch suchen. So ist es mit dem unbekannten Wort, von dem ich eben vorhin sprach. Es kann auch sein, daß jemand das Wissen selbst liebt, das keinem, der etwas zu wissen wünscht, unbekannt sein kann. Aus diesen Gründen scheinen das Unbekannte jene zu lieben, die etwas wissen wollen, was sie nicht wissen, und von denen man wegen ihres brennenden Verlangens, das Unbekannte zu suchen, nicht sagen kann, daß sie ohne Liebe seien. Daß aber die Sache anders liegt und daß schlechthin nichts Unbekanntes geliebt wird, das glaube ich für alle, die sorgfältig auf die Wahrheit schauen, überzeugend nachgewiesen zu haben. Weil aber die Beispiele, die wir anführten, sich nur auf jene Fälle beziehen, wo jemand, was er selbst nicht ist, zu wissen wünscht, muß man zusehen, ob nicht etwa eine neue Sachlage auftaucht, wenn der Geist sich darnach sehnt, sich selbst kennenzulernen.