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Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
7. Kapitel. Wie der Mann, so ist auch die Frau Bild Gottes.
S. 136 9. Nicht dürfen wir demnach die Tatsache, daß der Mensch nach dem Bilde der Dreieinigkeit, das ist nach dem Bilde Gottes, erschaffen wurde, so verstehen, daß ein und dasselbe Bild nur in drei Menschen verwirklicht wird, zumal der Apostel1 sagt, daß der Mann Bild Gottes ist, und ihm daher den Schleier des Hauptes wegnimmt, den zu gebrauchen er die Frau mahnt,2 indem er sagt: „Der Mann braucht das Haupt nicht zu verhüllen, da er das Abbild und der Abglanz Gottes ist, die Frau aber ist der Abglanz des Mannes.“3 Was sollen wir dazu sagen? Wenn die Frau für ihre Person das Bild der Dreieinigkeit vollendet, warum heißt dann der Mann, wenn sie von seiner Seite weggenommen wird, noch Abbild? Oder wenn schon von drei menschlichen Personen auch eine einzelne für sich Bild Gottes heißt, wie in der erhabenen Dreieinigkeit auch jede einzelne Person Gott ist, warum ist dann nicht auch die Frau Bild Gottes? Deshalb wird ihr ja vorgeschrieben, das Haupt zu verhüllen, was dem Mann, weil er Bild Gottes ist, verwehrt wird.
10. Man muß aber zusehen, wie das Wort des Apostels, daß nicht die Frau, sondern der Mann Bild Gottes sei, nicht in Widerspruch steht mit dem, was in der Genesis geschrieben steht: „Gott schuf den Menschen, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie und segnete sie.“4 Hier heißt es ja, daß nach dem Bilde Gottes die ganze menschliche Natur geschaffen ist, welche von beiden Geschlechtern verwirklicht wird; die Schrift schließt vom Verständnis des Bildes Gottes die Frau nicht aus. Auf das Wort, daß Gott den Menschen nach dem Bilde Gottes schuf, folgt nämlich: „Er schuf ihn als Mann und Frau“, oder nach der sicheren Lesart in anderer Unterscheidung: „er schuf sie als S. 137 Mann und Frau“. Wieso haben wir also vom Apostel vernommen, daß der Mann das Bild Gottes ist, weshalb er davon abgehalten wird, das Haupt zu verhüllen, die Frau aber nicht, die eben deshalb geheißen wird, es zu verhüllen? Der Grund liegt, wie ich glaube, darin — ich sprach schon davon, als ich von der Natur des menschlichen Geistes handelte —,5 daß die Frau zusammen mit ihrem Manne Bild Gottes ist, so daß die ganze menschliche Substanz ein Bild ist. Wenn aber die Zuteilung der Hilfeleistung stattfindet, die allein Sache der Frau ist, dann ist sie nicht Bild Gottes. Was aber den Mann allein betrifft, so ist er Bild Gottes, so vollkommen und so vollständig, wie mit der zur Einheit mit ihm vereinten Frau. Es ist so, wie wir es von der Natur des menschlichen Geistes sagten: Wenn er als ganzer die Wahrheit beschaut, ist er Bild Gottes; und wenn seine Aufgaben aufgeteilt werden und etwas von ihm in einer Art Hinrichtung auf die Beschäftigung mit den zeitlichen Dingen hierzu abgeordnet wird, ist er nichtsdestoweniger mit dem Teil, mit dem er die geschaute Wahrheit erwägt, Bild Gottes. Mit dem Teil indes, der auf die Beschäftigung mit dem Niederen hingerichtet ist, ist er nicht Bild Gottes. Und weil er, wie sehr immer er sich nach dem ausstreckt, was ewig ist, dadurch nur um so mehr nach dem Bilde Gottes gestaltet wird und deshalb nicht angehalten werden darf, sich hiervon zurückzuhalten oder hierin zu mäßigen, deshalb braucht der Mann sein Haupt nicht zu verhüllen. Weil aber jener Verstandesbeschäftigung, die sich um das Körperliche und Zeithafte sorgt, ein allzu weites Hineinschreiten in das Niedere gefährlich ist, muß sie Gewalt haben über ihr Haupt, was der Schleier andeutet, das Zeichen dafür, daß sie im Zaume zu halten ist. Willkommen ist nämlich den heiligen Engeln ein geheiligtes und frommes Zeichen. Denn Gott sieht nicht nach den Maßen der Zeit, und nichts Neues taucht in seiner Schau und in S. 138 seinem Wissen auf, wenn sich etwas zeithaft und vergänglich begibt; auf die Sinne freilich, seien es die fleischlichen der Tiere und Menschen, seien es auch die himmlischen der Engel, macht dies Eindruck.
11. Daß also in dem sichtbaren Symbol des männlichen und weiblichen Geschlechtes der Apostel Paulus das Geheimnis einer verborgenen Wirklichkeit darstellen wollte, läßt sich auch daraus ersehen, daß er, während er an einer anderen Stelle sagt, die wahre Witwe sei ganz vereinsamt, ohne Söhne und Enkel, sie müsse jedoch ihre Hoffnung auf Gott setzen und im Gebete verharren Tag und Nacht,6 andererseits darauf hinweist, daß die Frau sich verführen ließ und in Sünde fiel, daß sie aber ihr Heil erlangen werde durch Kindergebären;7 er fügt dann hinzu: „wenn sie im Glauben, in der Liebe und in der Heiligung besonnen verharren“.8 Gleich als ob es der guten Witwe Unheil brächte, wenn sie keine Söhne hat, oder jene, die sie hat, in guten Werken nicht ausharren wollten. Weil aber die guten Werke, von denen wir sprechen, gleichsam die Söhne unseres Lebens sind — das hat man im Auge bei der Frage, welches Leben jemand führe, das heißt, wie er die zeitlichen Dinge betreibe; die Griechen heißen dieses Leben nicht ζωή [zoē], sondern βίος [bios]; diese guten Werke pflegt man vor allem im Dienste der Barmherzigkeit zu verrichten. Werke der Barmherzigkeit nützen indes nichts den Heiden und Juden, die nicht an Christus glauben, und auch nichts den Häretikern und Schismatikern, bei denen sich Glaube, Liebe und nüchterne Heiligung nicht findet —, so ist offenkundig, was der Apostel zum Ausdruck bringen wollte. Deshalb wird das Symbol und das Geheimnis, das er mit der Verhüllung des Hauptes der Frau meinte, sinnlos bleiben, wenn es nicht auf ein verborgenes Mysterium bezogen wird.
12. Wie nämlich nicht nur der darin durchaus richtig urteilende Verstand, sondern auch der Text beim S. 139 Apostel selbst dartut, ist der Mensch nicht hinsichtlich seiner Leibesform, sondern hinsichtlich seines vernunftbegabten Geistes nach dem Bilde Gottes geschaffen. Schändlich und eitel ist ja das Denken, welches Gott durch die Umrisse körperlicher Glieder umschrieben und begrenzt sein läßt. Sagt sodann nicht derselbe selige Apostel: „Erneuert euch im Sinne eures Geistes und ziehet den neuen Menschen an, den, der nach Gott geschaffen ist?“9 Und anderswo sagt er noch offenkundiger: „Ziehet aus den alten Menschen mit seinen Werken, ziehet den neuen an, der erneuert wird zur Erkenntnis Gottes, nach dem Bilde dessen, der ihn schuf.“10 Wenn wir also im Sinne unseres Geistes erneuert werden und eben der neue Mensch es ist, der zur Erkenntnis Gottes erneuert wird nach dem Bilde dessen, der ihn schuf, so ist niemandem zweifelhaft, daß der Mensch nicht hinsichtlich des Leibes und nicht hinsichtlich irgendeines Teiles seiner Seele, sondern hinsichtlich des vernunftbegabten Geistes, in dem die Erkenntnis Gottes stattfinden kann, nach dem Bilde dessen erschaffen wurde, der ihn schuf: Nach dieser Erneuerung aber werden wir auch Söhne Gottes durch die Taufe auf Christus, und indem wir den neuen Menschen anziehen, ziehen wir sicherlich durch den Glauben Christus an. Wer ist es also, der von dieser Gemeinschaft die Frauen ferne hält, wo sie doch mit uns die Erben der Gnade sind, und der gleiche Apostel an einer anderen Stelle sagt: „Alle seid ihr Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus. Ihr alle nämlich, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Da ist nicht Jude noch Grieche, nicht Sklave noch Freier, nicht Mann noch Frau, alle nämlich seid ihr eins in Christus Jesus.“11 Haben also etwa die gläubig gewordenen Frauen das Geschlecht des Leibes verloren? Nein. Denn weil sie dort nach dem Bilde Gottes erneuert werden, wo es kein Geschlecht gibt, so ist dort der Mensch nach dem Bilde Gottes S. 140 geschaffen, wo es kein Geschlecht gibt, das heißt im Sinne seines Geistes. Warum braucht also deshalb der Mann sein Haupt nicht zu verhüllen, weil er das Abbild und der Abglanz Gottes ist, die Frau aber muß es verhüllen, weil sie der Abglanz des Mannes ist, gleich als ob die Frau nicht im Sinne ihres Geistes erneuert würde, der zur Erkenntnis Gottes erneuert wird nach dem Bilde dessen, der ihn schuf? Weil sie aber durch die geschlechtliche Eigenart ihres Leibes vom Mann verschieden ist, konnte ordnungsgemäß durch ihre körperliche Verschleierung jener Teil des Verstandes versinnbildet werden, der zur Leitung des Zeitlichen abgleitet, so daß das Bild Gottes nur in jenem Teil des Geistes bleibt, in dem er der Beschauung und Erwägung der ewigen Wesensgründe anhängt — diesen Teil haben indes offenkundig nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen.
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De Trinitate
VII.
[VII 9] Non itaque ita debemus intellegere hominem factum ad imaginem summae trinitatis, hoc est ad imaginem dei, ut eadem imago in tribus intellegatur hominibus praesertim cum apostolus virum dicat esse imaginem dei, et propterea velamentum ei capitis demat quod mulieri adhibendum monet ita loquens: Vir quidem non debet velare caput cum sit imago et gloria dei. Mulier autem gloria viri est. Quid ergo dicemus ad haec? Si pro sua persona mulier adimplet imaginem trinitatis, cur ea detracta de latere viri adhuc ille imago dicitur? Aut si et una persona hominis ex tribus potest dici imago dei, sicut in ipsa summa trinitate et unaquaeque persona deus est, cur et mulier non est imago dei? Nam propterea caput velare praecipitur quod ille quia imago dei est prohibetur.
[10] Sed videndum est quomodo non sit contrarium quod dicit apostolus non mulierem sed virum esse imaginem dei huic quod scriptum est in Genesi: Fecit deus hominem ad imaginem dei; fecit eum masculum et feminam; fecit eos et benedixit eos. Ad imaginem quippe dei naturam ipsam humanam factam dicit quae sexu utroque completur, nec ab intellegenda imagine dei separat feminam. Dicto enim quod fecit deus hominem ad imaginem dei, fecit eum, inquit, masculum et feminam, vel certe alia distinctione, masculum et feminam fecit eos. Quomodo ergo per apostolum audivimus virum esse imaginem dei unde caput velare prohibetur, mulierem autem non et ideo ipsa hoc facere iubetur nisi, credo, illud esse quod iam dixi cum de natura humanae mentis agerem, mulierem cum viro suo esse imaginem dei ut una imago sit tota illa substantia; cum autem ad adiutorium distribuitur, quod ad eam ipsam solam attinet non est imago dei; quod autem ad virum solum attinet imago dei est tam plena atque integra quam in unum coniuncta muliere? Sicut de natura humanae mentis diximus quia et si tota contempletur veritatem, imago dei est, et cum ex ea distribuitur aliquid et quadam intentione derivatur ad actionem rerum temporalium, nihilominus ex qua parte conspectam consulit veritatem imago dei est; ex qua vero intenditur in agenda inferiora non est imago dei. Et quoniam quantumcumque se extenderit in id quod aeternum est tanto magis inde fomatur ad imaginem dei, et propterea non est cohibenda ut se inde contineat ac temperet, ideo vir non debet velare caput. Quia vero illi rationali actioni quae in rebus corporalibus temporalibusque versatur periculosa est nimia in interiora progressio, debet habere potestatem super caput, quod indicat velamentum quo significatur esse cohibenda. Grata est enim sanctis angelis sacrata et pia significatio. Nam deus non ad tempus videt, nec aliquid novit fit in eius visione atque scientia cum aliquid temporaliter ac transitorie geritur sicut inde afficiuntur sensus vel carnales animalium et hominum vel etiam caelestes angelorum.
[11] In isto quippe manifesto sexu masculi et feminae apostolus Paulus occultioris cuiusdam rei figurasse mysterium vel hinc intellegi potest quod cum alio loco dicat veram viduam esse desolatam sine filiis et nepotibus, et tamen eam sperare debere in domino et persistere in orationibus nocte et die, hic dicat mulierem seductam in praevaricatione factam salvam fieri per filiorum generationem et addidit: Si permanserint in fide et dilectione et sanctificatione cum sobrietate. Quasi vero possit obesse bonae viduae si vel filios non habuerit vel hi quos habuerit in bonis moribus permanere noluerint. Sed quia ea quae dicuntur opera bona tamquam filii sunt vitae nostrae secundum quam quaeritur cuius vitae sit quisque, id est quomodo agat haec temporalia, quam vitam Graeci non ζωήν sed βίον vocant, et haec opera bona maxime in officiis misericordiae frequentari solent (opera vero misericordiae nihil prosunt sive Paganis sive Iudaeis qui Christo non credunt sive quibusque haereticis vel schismaticis ubi fides et dilectio et sobria sanctificatio non invenitur), manifestum est quid apostolus significare voluerit, ideo figurate ac mystice quia de velando muliebri capite loquebatur, quod nisi ad aliquod secretum sacramenti referatur inane remanebit.
[12] Sicut enim non solum veracissima ratio sed etiam ipsius apostoli declarat auctoritas, non secundum formam corporis homo factus est ad imaginem dei sed secundum rationalem mentem. Cogitatio quippe turpiter vana est quae opinatur deum membrorum corporalium lineamentis circumscribi atque definiri. Porro autem nonne idem beatus apostolus dicit: Renovamini spiritu mentis vestrae et induite novum hominem, eum qui secundum deum creatus est, et alibi apertius: Exuentes vos, inquit, veterem hominem cum actibus eius induite novum qui renovatur in agnitionem dei secundum imaginem eius qui creavit eum? Si ergo spiritu mentis nostrae renovamur, et ipse est novus homo qui renovatur in agnitionem dei secundum imaginem eius qui creavit eum, nulli dubium est non secundum corpus neque secundum quamlibet animi partem sed secundum rationalem mentem ubi potest esse agnitio dei hominem factum ad imaginem eius qui creavit eum. Secundum hanc autem renovationem efficimur etiam filii dei per baptismum Christi, et induentes novum hominem Christum utique induimus per fidem. Quis est ergo qui ab hoc consortio feminas alienet cum sint nobiscum gratiae cohaeredes et alio loco idem apostolus dicat: Omnes enim filii dei estis per fidem in Christo Iesu. Quicumque enim in Christo baptizati estis Christum induistis. Non est Iudaeus neque Graecus, non est servus neque liber, non est masculus et femina; omnes enim vos unum estis in Christo Iesu? Numquidnam igitur fideles feminae sexum corporis amiserunt? Sed quia ibi renovantur ad imaginem dei ubi sexus nullus est, ibi factus est homo ad imaginem dei ubi sexus nullus est, hoc est in spiritu mentis suae. Cur ergo vir propterea non debet caput velare quia imago est et gloria dei, mulier autem debet quia gloria viri est, quasi mulier non renovetur spiritu mentis suae, qui renovatur in agnitionem dei secundum imaginem eius qui creavit eum? Sed quia sexu corporis distat a viro, rite potuit in eius corporali velamento figurari pars illa rationis quae ad temporalia gubernanda deflectitur ut non maneat imago dei nisi ex qua parte mens hominis aeternis rationibus conspiciendis vel consulendis adhaerescit, quam non solum masculos sed etiam feminas habere manifestum est. [13] Ergo in eorum mentibus communis natura cognoscitur; in eorum vero corporibus ipsius unius mentis distributio figuratur.