5. Bibelauszüge für Gebildete und Ungebildete.
Possidius bespricht nur ganz wenige Werke Augustins. Um so wichtiger ist die Mitteilung c. 28,4: „Prodesse omnibus volens, et valentibus multa librorum legere et non valentibus, ex utroque divino testamento, veteri et novo, praecepta, praemissa praefatione, divina seu vetita ad vitae regulam pertinentia excerpsit atque ex his unum codicum facit, ut qui vellet legeret atque in eo vel quam obediens deo inobediensque esset agnosceret, et hoc opus voluit ‚Speculum‘ appellari.“ Possidius hebt dieses Werk Augustins hervor, weil es als besonders nützliches jedem Christen dienen sollte, dem gebildeten und ungebildeten1, und zwar als „Spiegel“ zur Prüfung seines Christenstandes. Es soll also als Erbauungsbuch neben den viel gelesenen Psalmen stehen und die schwierige Lektüre der heiligen Schriften, die den meisten unmöglich war, einigermaßen ersetzen2.
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Einen befreundeten, aber wenig gebildeten bischöflichen Kollegen charakterisiert Augustin (c. 27, 7) so: „deum quidem timentem, verumtamen in villa natum et nutritum, sed non multa lectionis eruditum scientia“ („Gottes Wort vom Lande“). ↩
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Es gab solch ein Werk bereits, die „Testimonia“ Cyprians. Warum es Augustin nicht für ausreichend gehalten hat, ist schwer zu sagen. — Wenn Possidius hervorhebt, daß die Bibelauszüge (vorher waren sie wahrscheinlich auf „cartulae“ verzeichnet, s. Sitzungsber. 1. c. S. 1128) „in einem Kodex“ vereinigt waren, so sollte das die Leser anlocken, das Werk zu kaufen (die heiligen Schriften waren auf mehrere Kodizes verteilt und teuer). ↩