• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae

Edition ausblenden
Summa theologiae

Articulus 8

Iª-IIae q. 6 a. 8 arg. 1

Ad octavum sic proceditur. Videtur quod ignorantia non causet involuntarium. Involuntarium enim veniam meretur, ut Damascenus dicit. Sed interdum quod per ignorantiam agitur, veniam non meretur; secundum illud I ad Cor. XIV, si quis ignorat, ignorabitur. Ergo ignorantia non causat involuntarium.

Iª-IIae q. 6 a. 8 arg. 2

Praeterea, omne peccatum est cum ignorantia; secundum illud Prov. XIV, errant qui operantur malum. Si igitur ignorantia involuntarium causet, sequeretur quod omne peccatum esset involuntarium. Quod est contra Augustinum dicentem quod omne peccatum est voluntarium.

Iª-IIae q. 6 a. 8 arg. 3

Praeterea, involuntarium cum tristitia est, ut Damascenus dicit. Sed quaedam ignoranter aguntur, et sine tristitia, puta si aliquis occidit hostem quem quaerit occidere, putans occidere cervum. Ergo ignorantia non causat involuntarium.

Iª-IIae q. 6 a. 8 s. c.

Sed contra est quod Damascenus et philosophus dicunt, quod involuntarium quoddam est per ignorantiam.

Iª-IIae q. 6 a. 8 co.

Respondeo dicendum quod ignorantia habet causare involuntarium ea ratione qua privat cognitionem, quae praeexigitur ad voluntarium, ut supra dictum est. Non tamen quaelibet ignorantia huiusmodi cognitionem privat. Et ideo sciendum quod ignorantia tripliciter se habet ad actum voluntatis, uno modo, concomitanter; alio modo, consequenter; tertio modo, antecedenter. Concomitanter quidem, quando ignorantia est de eo quod agitur, tamen, etiam si sciretur, nihilominus ageretur. Tunc enim ignorantia non inducit ad volendum ut hoc fiat, sed accidit simul esse aliquid factum et ignoratum, sicut, in exemplo posito, cum aliquis vellet quidem occidere hostem, sed ignorans occidit eum, putans occidere cervum. Et talis ignorantia non facit involuntarium, ut philosophus dicit, quia non causat aliquid quod sit repugnans voluntati, sed facit non voluntarium, quia non potest esse actu volitum quod ignoratum est. Consequenter autem se habet ignorantia ad voluntatem, inquantum ipsa ignorantia est voluntaria. Et hoc contingit dupliciter, secundum duos modos voluntarii supra positos. Uno modo, quia actus voluntatis fertur in ignorantiam, sicut cum aliquis ignorare vult ut excusationem peccati habeat, vel ut non retrahatur a peccando, secundum illud Iob XXI, scientiam viarum tuarum nolumus. Et haec dicitur ignorantia affectata. Alio modo dicitur ignorantia voluntaria eius quod quis potest scire et debet, sic enim non agere et non velle voluntarium dicitur, ut supra dictum est. Hoc igitur modo dicitur ignorantia, sive cum aliquis actu non considerat quod considerare potest et debet, quae est ignorantia malae electionis, vel ex passione vel ex habitu proveniens, sive cum aliquis notitiam quam debet habere, non curat acquirere; et secundum hunc modum, ignorantia universalium iuris, quae quis scire tenetur, voluntaria dicitur, quasi per negligentiam proveniens. Cum autem ipsa ignorantia sit voluntaria aliquo istorum modorum, non potest causare simpliciter involuntarium. Causat tamen secundum quid involuntarium, inquantum praecedit motum voluntatis ad aliquid agendum, qui non esset scientia praesente. Antecedenter autem se habet ad voluntatem ignorantia, quando non est voluntaria, et tamen est causa volendi quod alias homo non vellet. Sicut cum homo ignorat aliquam circumstantiam actus quam non tenebatur scire, et ex hoc aliquid agit, quod non faceret si sciret, puta cum aliquis, diligentia adhibita, nesciens aliquem transire per viam, proiicit sagittam, qua interficit transeuntem. Et talis ignorantia causat involuntarium simpliciter.

Iª-IIae q. 6 a. 8 ad 1

Et per hoc patet responsio ad obiecta. Nam prima ratio procedebat de ignorantia eorum quae quis tenetur scire. Secunda autem, de ignorantia electionis, quae quodammodo est voluntaria, ut dictum est. Tertia vero, de ignorantia quae concomitanter se habet ad voluntatem.

Übersetzung ausblenden
Summe der Theologie

Achter Artikel. Das Verhältnis der Unkenntnis zum Freiwilligen.

a) Die Unkenntnis scheint nicht Unfreiwilliges zur Folge zu haben. Denn: I. Unfreiwilligkeit verdient Nachsicht, wie oben Damascenus sagte. Paulus aber sagt (1. Kor. 14): „Wenn jemand in Unkenntnis ist, der wird nicht gekannt werden,“ wird also keine Nachsicht erhalten und somit ist Unkenntnis nicht Ursache des Unfreiwilligen. II. Jede Sünde ist von Unkenntnis begleitet, wie es Prov. 14. heißt: „Es irren jene, welche Böses thun.“ Also wäre, wenn aus der Unkenntnis Unfreiwilligkeit folgte, jede Sünde etwas Unfreiwilliges, wogegen Augustin (I. Retr. 15.) schreibt: „Jede Sünde ist etwas Freiwilliges.“ III. Unfreiwilliges thut man mit Traurigkeit. (Vgl. oben Damasc.) Manches aber thut man aus Unkenntnis und trotzdem mit Freude; wie wenn jemand z. B. seinen Feind tötet in der Meinung, er töte einen Hirsch. Also Unkenntnis ist nicht die Quelle von Unfreiwilligkeit. Auf der anderen Seite schreibt Damascenus (l. c.): „Manches Unfreiwillige geschieht aus Unkenntnis.“

b) Ich antworte; in dem Maße, daß die Unkenntnis jenes Wissens beraubt, was zum Wesen des Freiwilligen gehört, sei sie auch Ursache des Unfreiwilligen. Nicht jede Unkenntnis aber beraubt ganz und gar des vom Wesen des Freiwilligen vorausgesetzten Wissens. Und deshalb muß man wohl berücksichtigen, daß das Verhältnis der Unkenntnis zum Willensakte ein dreifaches ist: Bald nämlich begleitet die Unkenntnis den Willensakt, bald folgt sie ihm nach, bald geht sie ihm voran. 1. Das erste ist der Fall, wenn die Unkenntnis das betrifft, was augenblicklich geschieht, was jedoch, auch wenn eine Kenntnis vorhanden wäre, geschehen würde; wie in dem eben angeführten Beispiele, daß jemand einen Feind tötet, meinend, es sei ein Hirsch, der sich ihm auf der Jagd darbietet. Hier hat die Unkenntnis nicht den Willen zur Folge, daß dies geschehe; sondern es trifft sich, daß zu gleicher Zeit etwas geschehen sei und Unkenntnis geherrscht habe. Also verursacht eine solche Unkenntnis nichts Unfreiwilliges, wie Aristoteles (l. c.) sagt, denn sie verursacht nichts, was dem Willen zuwider wäre. Sie bewirkt nur, daß etwas vom freien Willen absieht, also nicht mit Absicht geschieht; denn es kann etwas nicht gewollt beabsichtigt sein, was man nicht weiß. Ein non voluntarium ist da die Folge, nicht ein involuntarium. 2. Die Unkenntnis folgt dem Willensakte nach, insofern die Unkenntnis selber freiwillig ist; und das geschieht:

a) wenn der Willensakt sich auf die Unkenntnis richtet; wenn also jemand etwas nicht wissen will, damit er eine Entschuldigung für seine Sünde habe oder damit er nicht von der Sünde abgezogen werde, nach der Stelle bei Job 21.: „Die Kenntnis Deiner Wege wollen wir nicht; — diese Unkenntnis nennt man deshalb „die gewollte“ oder „die zur Schau getragene“, affectata. Ferner wird

b) die Unkenntnis als eine freiwillige bezeichnet, wenn sie das betrifft, was jemand wissen kann und muß. Dies hat statt, wenn jemand thatsächlich etwas nicht betrachtet, was er betrachten oder erwägen kann und müßte; eine solche Unkenntnis kommt entweder von der Leidenschaft oder von einer Gewohnheit und wird genannt „die Unkenntnis, welche der schlechten Auswahl folgt“, ignorantia malae electionis. Es hat dieses selbige ferner statt, wenn jemand um eine Kenntnis oder Wissenschaft, welche er haben müßte, gar nicht sich kümmert; eine solche Unkenntnis betrifft z. B. die allgemeinen Rechtsprincipien, welche man zu wissen verpflichtet ist und deren Kenntnisnahme man vernachlässigt. Da nun also eine Unkenntnis, wie die eben genannte, in ihren beiden Arten freiwillig ist, d. h. vom Willen selber kommt, so kann sie nicht an und für sich, von vornherein die Ursache sein für Unfreiwilliges. Unter einer gewissen Voraussetzung und nach einer Seite hin verursacht diese Unkenntnis Unfreiwilligkeit; insofern sie nämlich, soweit sie einmal da ist, einem gewissen Willensakte vorangeht, der sich auf etwas richtet, worauf er nicht sich richten würde, wenn Kenntnis da wäre. 3. Dem Willensakte geht die Unkenntnis voran, wann sie nicht freiwillig oder gewollt ist und doch die Ursache bildet, daß man etwas will, was man sonst nicht wollen würde; wenn jemand nämlich den Umstand einer Willensthätigkeit nicht kennt, welchen er nicht zu wissen gehalten war und deshalb etwas thut, was, wenn er Kenntnis hätte, er nicht thäte. So z. B. kann jemand trotz angewendeter Sorgfalt, um zu erkennen, ob jemand vorübergehe, einen Pfeil abschießen, welcher einen Vorübergehenden tötet. Und solche Unkenntnis verursacht an und für sich, ohne weiteres und ohne andere Voraussetzung, Unfreiwilligkeit.

c) I. Dieser Einwurf spricht von der Unkenntnis dessen, das zu kennen jemand gehalten ist. II. Hier ist die Rede von der Unkenntnis, welche als das Ergebnis der freien Wahl erscheint; die also demnach gewissermaßen freiwillig ist. III. Dies ist die Unkenntnis, welche den freien Willensakt begleitet.

  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Editionen dieses Werks
Summa theologiae
Übersetzungen dieses Werks
Summe der Theologie

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung