• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae

Übersetzung ausblenden
Summe der Theologie

Erster Artikel. Die Sinnesseele wird kraft des Samens fortgepflanzt.

a) Dagegen wird geltend gemacht: I. Für jede vollkommene Substanz, die nicht aus Form und Stoff besteht, gilt es, daß ihr Beginn im Sein nicht der Zeugung gedankt wird, sondern sie entsteht durch Erschaffen; denn erzeugt wird nichts außer aus dem Stoffe heraus. Die Sinnesseele aber ist als Substanz vollendet; sonst könnte sie nicht bewegen. Sie ist ferner die Wesensform eines Körpers, also nicht selber aus Stoff und Form zusammengesetzt. Somit wird sie nicht erzeugt, sondern erschaffen. II. Das Princip für das Zeugen ist das Zeugungs- oder Fortpflanzungsvermögen. Dieses aber ist als Vermögen tieferstehend als die Seele, d. h. als das es tragende Vermögen selber; und noch dazu ist es nur ein Vermögen der Nährseele und nicht einmal der sinnlichen als solcher. Da nun aber nichts über sich selbst hinaus, über die Natur seines Gattungsseins hinaus wirken kann, so kann die Sinnesseele nicht von der Zeugungskraft des sinnbegabten Wesens verursacht werden. III. Das Zeugende erzeugt, was ihm selber ähnlich ist. Die Sinnesseele aber ist nicht dem thatsächlichen Sein nach im Samen; weder sie noch ein Teil von ihr. Denn kein Teil der Sinnesseele ist da, wo nicht ein Teil des Körpers ist. Im Samen aber ist kein Teilchen des sinnlichen Körpers; sonst könnte dieses Teilchen nicht erst werden, da doch kein Teilchen im Körper ist, was nicht würde aus dem Samen und durch die Kraft des Samens. Also wird die Sinnenseele durch den Samen nicht verursacht. IV. Ist im Samen ein thätig wirksames Princip, aus dem die sinnliche Seele hervorgeht, so bleibt dieses Princip entweder im Erzeugten oder es bleibt nicht. Bleiben aber kann es nicht. Denn entweder wäre es ein und dasselbe wie die Sinnesseele des Erzeugenden; dann wäre also das Erzeugte und das Erzeugende, das Verursachende und das Verursachte ein und dasselbe; — oder es wäre etwas Anderes; und dann wäre in ein und demselben sinnbegabten Wesen nicht ein einziges Formalprincip, nämlich die Seele, sondern es würden deren zwei sein und danach auch zwei Dinge. Bleibt aber das obengenannte Princip nicht, so scheint das wieder etwas Unmögliches; denn in diesem Falle würde ein wirkendes Princip zu seinem eigenen Vergehen beitragen. Also wird überhaupt die Sinnesseele nicht durch den Samen erzeugt. Auf der anderen Seite verhält sich die Kraft, welche im Samen ist, zu den Tieren, die aus dem Samen erzeugt werden; wie die Kraft, welche in den Elementen der Welt ist, zu den Tieren welche aus der Fäulnis erzeugt werden. In derartigen Tieren aber werden die Seelen hervorgebracht aus der Kraft, die in den Elementen ist, wie aus Gen. 1, 20. hervorgeht: „Es sollen hervorbringen die Wasser das Kriechende mit der lebenden Seele.“ Also auch die aus dem Samen erzeugten Tiere haben ihre Seele kraft des Samens.

b) Ich antworte, daß einige annahmen, die Tierseelen werden von Gott geschaffen. Diese Meinung nun wäre zulässig, wenn diese Art Seele ein Für-sich-bestehen und somit für sich allein Sein und Thätigkeit hätte. Denn so würde ihr nach Maßgabe ihrer Seinsweise auch ein entsprechendes selbständiges Werden gebühren. Und da ein stoffloses und deshalb einfaches, für sich bestehendes Wesen nicht anders werden kann als durch Erschaffen, denn es wird nicht aus dem Vermögen des Stoffes heraus; so würde die Sinnesseele nur der schaffenden Kraft ihr Sein verdanken. Die Wurzel dieser Meinung aber ist falsch, daß nämlich die Sinnesseele eine ihr eigene selbständige Thätigkeit hat, wie Kapitel 75, Artikel 3 gezeigt worden; sonst würde sie nicht vergehen beim Vergehen des Körpers. Deshalb also verhält sich die Tier- oder Sinnesseele, da sie keine für sich bestehende Form ist, in der Weise der anderen Formen im Stoffe, denen kein für sich bestehendes selbständiges Sein geschuldet wird, sondern von denen man das Sein aussagt, weil kraft und vermittelst ihrer das Zusammengesetzte ist. Sonach wird dem Zusammengesetzten als solchem auch ein Werden geschuldet, sowie auch das Zusammengesetzte eigentlich ist. Und weil das Erzeugte ähnlich ist dem Erzeugenden, so werden die sinnlichen Seelen gerade so wie andere derartige Formen hervorgebracht durch körperliche Ursachen, die den Stoff vom Vermögen in die Thatsächlichkeit hinüberführen vermittelst einer dem Körper angehörigen Kraft, die in ihnen sich findet. Je mächtiger aber eine wirkende Ursache ist, desto mehr kann sie ihre Thätigkeit hinverbreiten auf etwas von ihr Entferntes; wie ein Körper, der in höherem Grade warm ist, auch bis weiter hin in fernerstehende Körper die Wärme verbreitet. Die Körper also, welche nicht leben, also am niedrigsten stehen im Bereiche der Natur, erzeugen zwar sich Ähnliches, aber nicht durch Vermittlung von etwas Anderem, sondern allein durch sich selbst; wie Feuer das Feuer erzeugt. Die lebenden Körper jedoch als die mächtigeren zeugen in manchen Fällen sowohl ohne Vermittlung von etwas Anderem als auch in anderen Fällen durch Vermittlung von etwas Anderem. Ohne weiteres Mittel zeugt das lebende Wesen im Werke der Ernährung, wie Fleisch Fleisch erzeugt; mit einer Vermittlung aber im Werke der Fortpflanzung. Denn aus der Seele des Zeugenden leitet sich eine gewisse thätig wirksame Kraft ab bis zum Samen des Tieres oder der Pflanze; wie vom Haupteinwirkenden eine Kraft sich mitteilt dem Werkzeuge. Und wie es nicht darauf ankommt, zu sagen, es werde etwas vom Werkzeuge her bestimmt oder vom Haupteinwirkenden, so ist es dasselbe, zu sagen, die Sinnesseele werde verursacht von der Seele des Zeugenden oder von der Kraft im Samen, die sich von der Seele ableitet.

c) I. Die Sinnesseele ist kein für sich bestehendes Sein; als Substanz ist sie nicht vollendet. II. Das Zeugungsvermögen zeugt nicht nur in eigener Kraft, sondern kraft der ganzen Seele, deren Vermögen es ist. Und deshalb erzeugt das Fortpflanzungsvermögen der Pflanze eine Pflanze, das des Tieres aber erzeugt ein Tier. Je vollendeter nämlich die Seele ist, desto vollkommener ist die Wirkung, auf welche die Fortpflanzungskraft hingeordnet ist. III. Jene thätig wirksame Kraft, die im Samen ist und von der Seele des Zeugenden sich ableitet, ist gewissermaßen eine Bewegung, die von der zeugenden Seele herkommt, und ist weder die Seele noch ein Teil derselben außer etwa der Kraft nach, so wie im Beile oder in der Säge nicht die Form des Bettes ist; eine Bewegung nur ist diesen Werkzeugen mitgeteilt zur Form des Bettes hin. Diese thätig wirksame Kraft also hat dem thatsächlichen Sein nach kein stoffliches Organ, sondern ist begründet im treibenden Geiste selber, der im Samen eingeschlossen ist; und deshalb ist dieser Same wie ein Schaum, wovon die weiße Farbe desselben ein Zeichen ist. In diesem „Geiste“ findet sich eine gewisse Wärmekraft des Einflusses der Himmelskörper, vermittelst dessen die niederen wirkenden Ursachen die Gattungsform vorbereiten, wie Kapitel 115, Artikel 3 ad II. gesagt worden. Und weil nun eben in derartigem „Geiste“, wie er im Samen enthalten ist, die Kraft der Seele mit der Kraft der Himmelskörper zusammen sich findet, so wird gesagt, „der Mensch zeuge den Menschen und die Sonne zeuge ihn.“ Das warme Element aber ist wie ein Werkzeug in der Hand der Seele, wie auch in der Hand der Nährkraft. IV. In den vollkommenen sinnbegabten Wesen, welche aus dem Zusammenleben heraus gezeugt werden, ist die thätige Kraft im Samen des Männlichen; der bestimmbare Stoff in der Frucht aber rührt vom Weiblichen her. In diesem letzteren Stoffe ist nun sogleich von Anfang an die Nähr- (oder Pflanzen-) seele; nicht zwar als ob sie von vornherein gleich thätig wäre, sondern sie ist da vorhanden, wie etwa die Sinne im Schlafenden sind. Wenn sie jedoch anfängt, Nahrung zu nehmen; dann ist sie bereits thätig. Dieser so beschaffene Stoff selber nun wird von der Kraft, welche dem Samen des Männlichen innewohnt, so weit bestimmt und beeinflußt, bis er zur Thätigkeit der Sinnes- (Tier-) seele gelangt. Nicht aber die Kraft, welche im Samen war, wird selber eine solche Seele; denn da wäre das Erzeugte gleich dem Erzeugenden und dies würde ähnlicher sein der Ernährung und dem Wachsen wie der Zeugung. Nachdem aber durch die Kraft dek thätig wirksamen Princips, das da im männlichen Samen ist, der Stoff so weit geformt ist, daß die Sinnesseele wenigstens in einem ihrer Teile oder Vermögen thatsächlich gezeugt worden, dann beginnt diese, soweit sie erzeugt ist, selber auf die Vollendung ihres Körpers hinzuarbeiten durch Ernährung und Wachsen. Die thätig wirksame Kraft, die im Samen war, hört sonach damit auf zu sein, daß der Same zersetzt und der treibende Geist darin verloschen ist. Und das ist in keinem Falle unzulässig; denn diese Kraft ist nicht das an erster Stelle Einwirkende, sondern nur wie ein Werkzeug. Das Werkzeug aber hört auf, in Bewegung zu sein, sobald die gewollte Wirkung hervorgebracht ist.

Edition ausblenden
Summa theologiae

Articulus 1

Iª q. 118 a. 1 arg. 1

Ad primum sic proceditur. Videtur quod anima sensitiva non traducatur cum semine, sed sit per creationem a Deo. Omnis enim substantia perfecta quae non est composita ex materia et forma, si esse incipiat, hoc non est per generationem, sed per creationem, quia nihil generatur nisi ex materia. Sed anima sensitiva est substantia perfecta, alioquin non posset movere corpus, et cum sit forma corporis, non est ex materia et forma composita. Ergo non incipit esse per generationem, sed per creationem.

Iª q. 118 a. 1 arg. 2

Praeterea, principium generationis in rebus viventibus est per potentiam generativam; quae, cum numeretur inter vires animae vegetabilis, est infra animam sensitivam. Nihil autem agit ultra suam speciem. Ergo anima sensitiva non potest causari per vim generativam animalis.

Iª q. 118 a. 1 arg. 3

Praeterea, generans generat sibi simile, et sic oportet quod forma generati sit actu in causa generationis. Sed anima sensitiva non est actu in semine, nec ipsa nec aliqua pars eius, quia nulla pars animae sensitivae est nisi in aliqua parte corporis; in semine autem non est aliqua corporis particula, quia nulla particula corporis est quae non fiat ex semine, et per virtutem seminis. Ergo anima sensitiva non causatur ex semine.

Iª q. 118 a. 1 arg. 4

Praeterea, si in semine est aliquod principium activum animae sensitivae, aut illud principium manet, generato iam animali; aut non manet. Sed manere non potest. Quia vel esset idem cum anima sensitiva animalis generati, et hoc est impossibile, quia sic esset idem generans et generatum, faciens et factum. Vel esset aliquid aliud, et hoc etiam est impossibile, quia supra ostensum est quod in uno animali non est nisi unum principium formale, quod est una anima. Si autem non manet, hoc etiam videtur impossibile, quia sic aliquod agens ageret ad corruptionem sui ipsius, quod est impossibile. Non ergo anima sensitiva potest generari ex semine.

Iª q. 118 a. 1 s. c.

Sed contra, ita se habet virtus quae est in semine, ad animalia quae ex semine generantur, sicut se habet virtus quae est in elementis mundi, ad animalia quae ex elementis mundi producuntur, sicut quae ex putrefactione generantur. Sed in huiusmodi animalibus animae producuntur ex virtute quae est in elementis; secundum illud Gen. I, producant aquae reptile animae viventis. Ergo et animalium quae generantur ex semine, animae producuntur ex virtute quae est in semine.

Iª q. 118 a. 1 co.

Respondeo dicendum quod quidam posuerunt animas sensitivas animalium a Deo creari. Quae quidem positio conveniens esset, si anima sensitiva esset res subsistens, habens per se esse et operationem. Sic enim, sicut per se haberet esse et operationem, ita per se deberetur ei fieri. Et cum res simplex et subsistens non possit fieri nisi per creationem, sequeretur quod anima sensitiva procederet in esse per creationem. Sed ista radix est falsa, scilicet quod anima sensitiva per se habeat esse et operationem, ut ex superioribus patet, non enim corrumperetur, corrupto corpore. Et ideo, cum non sit forma subsistens, habet se in essendo ad modum aliarum formarum corporalium, quibus per se non debetur esse, sed esse dicuntur inquantum composita subsistentia per eas sunt. Unde et ipsis compositis debetur fieri. Et quia generans est simile generato, necesse est quod naturaliter tam anima sensitiva, quam aliae huiusmodi formae, producantur in esse ab aliquibus corporalibus agentibus transmutantibus materiam de potentia in actum, per aliquam virtutem corpoream quae est in eis. Quanto autem aliquod agens est potentius, tanto potest suam actionem diffundere ad magis distans, sicut quanto aliquod corpus est magis calidum, tanto ad remotius calefactionem producit. Corpora igitur non viventia, quae sunt inferiora naturae ordine, generant quidem sibi simile, non per aliquod medium, sed per seipsa; sicut ignis per seipsum generat ignem. Sed corpora viventia, tanquam potentiora, agunt ad generandum sibi simile et sine medio, et per medium. Sine medio quidem, in opere nutritionis, in quo caro generat carnem, cum medio vero, in actu generationis, quia ex anima generantis derivatur quaedam virtus activa ad ipsum semen animalis vel plantae, sicut et a principali agente derivatur quaedam vis motiva ad instrumentum. Et sicut non refert dicere quod aliquid moveatur ab instrumento, vel a principali agente; ita non refert dicere quod anima generati causetur ab anima generantis, vel a virtute derivata ab ipsa, quae est in semine.

Iª q. 118 a. 1 ad 1

Ad primum ergo dicendum quod anima sensitiva non est substantia perfecta per se subsistens. Et de hoc supra dictum est, nec oportet hic iterare.

Iª q. 118 a. 1 ad 2

Ad secundum dicendum quod virtus generativa non generat solum in virtute propria, sed in virtute totius animae, cuius est potentia. Et ideo virtus generativa plantae generat plantam; virtus vero generativa animalis generat animal. Quanto enim anima fuerit perfectior, tanto virtus eius generativa ordinatur ad perfectiorem effectum.

Iª q. 118 a. 1 ad 3

Ad tertium dicendum quod illa vis activa quae est in semine, ex anima generantis derivata, est quasi quaedam motio ipsius animae generantis, nec est anima, aut pars animae, nisi in virtute; sicut in serra vel securi non est forma lecti, sed motio quaedam ad talem formam. Et ideo non oportet quod ista vis activa habeat aliquod organum in actu; sed fundatur in ipso spiritu incluso in semine, quod est spumosum, ut attestatur eius albedo. In quo etiam spiritu est quidam calor ex virtute caelestium corporum, quorum etiam virtute agentia inferiora agunt ad speciem, ut supra dictum est. Et quia in huiusmodi spiritu concurrit virtus animae cum virtute caelesti, dicitur quod homo generat hominem, et sol. Calidum autem elementare se habet instrumentaliter ad virtutem animae, sicut etiam ad virtutem nutritivam, ut dicitur in II de anima.

Iª q. 118 a. 1 ad 4

Ad quartum dicendum quod in animalibus perfectis, quae generantur ex coitu, virtus activa est in semine maris, secundum philosophum in libro de Generat. Animal.; materia autem foetus est illud quod ministratur a femina. In qua quidem materia statim a principio est anima vegetabilis, non quidem secundum actum secundum, sed secundum actum primum, sicut anima sensitiva est in dormientibus. Cum autem incipit attrahere alimentum, tunc iam actu operatur. Huiusmodi igitur materia transmutatur a virtute quae est in semine maris, quousque perducatur in actum animae sensitivae, non ita quod ipsamet vis quae erat in semine, fiat anima sensitiva; quia sic idem esset generans et generatum; et hoc magis esset simile nutritioni et augmento, quam generationi, ut philosophus dicit. Postquam autem per virtutem principii activi quod erat in semine, producta est anima sensitiva in generato quantum ad aliquam partem eius principalem, tunc iam illa anima sensitiva prolis incipit operari ad complementum proprii corporis, per modum nutritionis et augmenti. Virtus autem activa quae erat in semine, esse desinit, dissoluto semine, et evanescente spiritu qui inerat. Nec hoc est inconveniens, quia vis ista non est principale agens, sed instrumentale; motio autem instrumenti cessat, effectu iam producto in esse.

  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Editionen dieses Werks
Summa theologiae
Übersetzungen dieses Werks
Summe der Theologie

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung