Siebenter Artikel. Die Ähnlichkeit ist Ursache des Ergötzens.
a) Dem steht entgegen: I. Herrschen und Vorgesetztsein ist naturgemäß ergötzend; schließt aber eine Unähnlichkeit mit den anderen in seinem Begriffe ein. II. Nichts ist etwas Anderem so unähnlich wie die Trauer dem Ergötzen. Wer aber in Traurigkeit sich befindet, läuft am meisten den Ergötzlichkeiten nach; wie es 7 Ethic. 14. heißt. III. Wer von den nämlichen, also einander ähnlichen Ergötzlichkeiten angefüllt ist, hat kein Ergötzen mehr daran, sondern vielmehr Ekel; wie dies bei der Speise der Fall ist. Also ist die Ähnlichkeit nicht Ursache für das Ergötzen. Auf der anderen Seite ist die Ähnlichkeit Ursache der Liebe; die Liebe aber ist Ursache des Ergötzens. Also verursacht die Ähnlichkeit Ergötzen.
b) Ich antworte; Ähnlichkeit sei eine gewisse Einheit. Also ist das, was ähnlich ist und insoweit Einheit darbietet, ergötzlich ebenso wie auch liebwert, wie dies oben Kap. 27, Art. 3 gezeigt worden. Und wenn das, was ähnlich ist, das eigene Gute nicht schädigt, sondern vermehrt, ist es schlechthin ergötzlich; wie der Mensch für den Menschen, der Jüngling für den Jüngling. Schädigt es aber das eigene Gute, so ist es anekelnd und betrübend; nicht insoweit es ähnlich ist und eins, sondern insoweit es schädigt das, was in höherem Grade Einheit hat. Daß aber etwas Ähnliches das eigene Gute schädigt, kann in zweifacher Weise geschehen: einmal weil es durch ein gewisses Übermaß das Maß des eigenen Guten verdirbt. Denn zumal das körperliche Gute wie die Gesundheit besteht in einem gewissen Maßhalten den einzelnen Teilen gegenüber, daß keiner von diesen Teilen zu stark werde; und deshalb ekelt uns übermäßiges Essen oder überhaupt jedes übermäßige körperliche Ergötzen am Ende an. Dann auf Grund des unmittelbaren Gegensatzes zum eigenen Gute, wie der eine Töpfer den anderen verabscheut; nicht weil beide Töpfer sind, sondern weil der eine wegen des anderen Einbuße erleidet am eigenen Gewinne oder an der Wertschätzung seiner Arbeiten von seiten anderer.
c) I. Auf Grund der Gemeinschaft zwischen dem Herrscher und dem Unterthan besteht da eine gewisse Ähnlichkeit; so jedoch, daß dieselbe in hervorragendem Maße im Herrscher existiert. Und danach erweckt und hält lebendig diese Ähnlichkeit, das Herrschen nämlich, die vorwiegende Erhabenheit des eigenen Vorzuges, gehört es doch den Weiseren und Besseren zu, daß sie herrschen; und so ist die Ähnlichkeit auch hier Grund für die Freude. Oder der Herrscher thut kraft seines Herrschens den Unterthanen wohl; was dann auch ein Grund für Freude ist. II. Das, woran der Traurige sich ergötzt, ist zwar nicht ähnlich der Trauer, es ist aber etwas dem traurigen Menschen Ähnliches; denn die Traurigkeiten stehen entgegen dem eigensten Gute desjenigen, der trauert. Und deshalb wird Ergötzliches erstrebt von denen, die in der Trauer sind, weil es zum eigenen Guten beiträgt, insoweit es ein Heilmittel ist für das Gegenteil. Deshalb auch werden die körperlichen Ergötzlichkeiten mehr erstrebt wie die geistigen; denn ihnen stehen gegenüber manche Betrübnisse, während das geistig Ergötzliche keine Trauer als Gegensatz hat. (Vgl. unten Kap. 35, Art. 5.) Aus diesem Grunde begehren ebenso alle sinnbegabten Wesen ihrer Natur nach die Ergötzung; denn das sinnbegabte Wesen ist thätig vermittelst des Sinnes und der Bewegung. Darum begehren auch die jungen Leute im höchsten Grade nach Ergötzlichkeiten, weil viele Veränderungen in ihnen vor sich gehen, während sie im Zustande des Wachstums sind. Und auch die Trübseligen oder Melancholischen begehren hastig nach Ergötzlichkeiten, um die Trauer zu vertreiben; weil ihr Körper, wie 7 Ethic. 14. gesagt wird, gleichsam durch einen schlechten Humor zerfressen wird. III. Die körperlichen Güter bestehen in einer gewissen Abmessung. Das Übermaß des Ähnlichen also schädigt das eigene Gute; und deshalb geht von ihnen nicht selten Ekel und Trauer aus.