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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Prima Pars Secundae Partis
Quaestio 67

Erster Artikel. Die Fortdauer der moralischen Tugenden.

a) Es scheint, daß die moralischen Tugenden nach diesem Leben nicht fortdauern. Denn: I. Die Menschen werden nach Matth. 22. im künftigen Leben sein wie die Engel. Lächerlich aber ist es, in den Engeln moralische Tugenden vorauszusetzen. (Arist. 10 Ethic. 8.) II. Die moralischen Tugenden vollenden den Menschen für das thätige Leben, das nach diesem Erdenleben nicht mehr ist gemäß Gregor (6. moral. 18.): „Die Werke des thätigen Lebens gehen vorüber mit dem irdischen Leben.“ III. Mäßigkeit und Stärke, also moralische Tugenden, haben ihren Sitz in den vernunftlosen Teilen. (3 Ethic. 10.) Diese aber vergehen mit dem Körper, da sie Thätigkeiten körperlicher Organe sind. Auf der anderen Seite heißt es Sap. 1.: „Die Gerechtigkeit ist beständig und unsterblich.“

b) Ich antworte; wie Augustin berichtet, nahm Cicero an, die vier Haupttugenden hätten nach diesem Leben keinen Bestand mehr, sondern im anderen Leben würden die Menschen „selig sein allein durch die Kenntnis der Natur“ und Augustin fügt hinzu „freilich jener Natur, welche geschaffen hat alle Naturen.“ Er selber aber nimmt an, die vier Kardinaltugenden beständen, allerdings in anderer Weise, fort nach dem gegenwärtigen Leben. Zu dessen Klarstellung ist zu erwägen, daß in diesen Tugenden es ein formal bestimmendes Moment giebt und ein material bestimmbares. Das letztere ist die Hinneigung des begehrenden Teiles zu den Leidenschaften und Thätigkeiten gemäß einer gewissen Weise. Weil aber diese Weise bestimmt wird von der Vernunft, deshalb ist in allen Tugenden das formal bestimmende Moment die von der Vernunft ausgehende Ordnung selber. Die besagten Tugenden also bleiben im künftigen Leben nicht rücksichtlich dessen, was sie Bestimmbares einschließen; denn weder Begierlichkeit noch Ergötzung an Speise und Trank oder Geschlechtlichem noch Furcht noch Todesangst werden da sein noch endlich Verteilungen oder Kauf und Verkauf. Rücksichtlich des formal bestimmenden Momentes aber bleiben diese Tugenden nach dem gegenwärtigen Leben, insofern die Vernunft im höchsten Grade die rechte Richtschnur sein wird für alles dies und der begehrende Teil genau nach der Ordnung der Vernunft dann thätig sein wird. Deshalb sagt Augustin (l. c.): „Klugheit wird da sein ohne Gefahr des Irrtums, Stärke ohne Belästigung von seiten der Übel, die zu ertragen sind, Mäßigkeit ohne Widerstreben seitens der Begierlichkeiten, so daß es Sache der Klugheit sein wird kein Gut dem göttlichen vorzusetzen oder gleichzuhalten; Sache der Stärke ihm unverrückbar anzuhängen; Sache der Mäßigkeit an keinem verderblichen Mangel sich zu ergötzen.“

c) I. Aristoteles spricht da vom Material bestimmbaren Moment in den Tugenden; das kann in den reinen Vernunftkräften an sich nicht sein, wie Kauf und Verkauf, Schrecken und Gefahren, schlechte Begier. II. Dasselbe gilt auch hier als Antwort. III. Ein doppelter Zustand muß nach diesem Leben unterschieden werden: vor der Auferstehung des Fleisches und nach derselben. Im Zustande nach der Auferstehung der Leiber werden die vernunftlosen Kräfte in den körperlichen Organen sein wie jetzt. Also kann auch dann in der Abwehrkraft die Stärke sein und in der Begehrkraft die Begierde, insofern jede von beiden Kräften in der geregelten Verfassung sein wird, der Vernunft zu gehorchen. Im Zustande aber vor der Auferstehung werden diese Kräfte nur wie in ihrer Wurzel im Wesen der Seele sein; und also werden sie nur in der Vernunft und im geistigen Willen sich finden, wo die sie regelnde Kraft wie ein Samenkorn immer verbleibt. Die Gerechtigkeit aber, die ja im Willen ihren Sitz hat, wird immer, auch der Thätigkeit nach, bleiben, weshalb von ihr im besonderen gesagt ist: „sie sei unvergänglich“. Denn sowohl der Wille ist unvergänglich als auch die der Gerechtigkeit entsprechende Thätigkeit findet sich da; sie wird nämlich da die Thätigkeit haben, Gott unterworfen zu sein, kommt es ja doch auch in diesem Leben der Gerechtigkeit zu, dem Oberen zu gehorchen.

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