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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Secunda Pars Secundae Partis
Quaestio 47

Dritter Artikel. Die Kenntnis der Klugheit richtet sich auf Einzelheiten.

2.) Dies wird geleugnet. Denn: I. Die Klugheit ist in der Vernunft; diese aber hat zum Gegenstande das Allgemeine. II. Einzelheiten sind endlos. Endloses aber wird nicht umfaßt von der Vernunft. III. Einzelheiten sind Gegenstand der Sinne. Die Klugheit aber ist nicht im sinnlichen Teile. Auf der anderen Seite „erkennt,“ wie Aristoteles sagt (6 Ethic. 7.) „die Klugheit nicht nur Allgemeines, sondern auch Einzelheiten.“

b) Ich antworte, der Klugheit gehöre an nicht nur die vernünftige Betrachtung, sondern auch die Anwendung des Betrachteten auf das Wirken. Dafür muß man aber sowohl das kennen, was angewandt werden soll, als auch das, worauf die Anwendung stattzufinden hat. Da nun das Wirken immer unter einzelnen Umständen sich vollzieht, so muß der Kluge sowohl die allgemeinen Grundsätze der Vernunft kennen wie auch die einzelnen Umstände, unter denen das Wirken statthat.

c) I. An erster leitender Stelle hat die Vernunft zum Gegenstande das Allgemeine. Sie kann jedoch das Allgemeine auch anwenden auf Einzelheiten; wie ja die Schlußfolgerungen der Syllogismen nicht allein allgemeine Wahrheiten sind, sondern auch auf Besonderes oder Einzelnes bezügliche. Denn die Vernunft erstreckt sich vermittelst eines gewissen Zurückkehrens zu sich selbst auch auf den Stoff, soweit dieser vom allgemeinen Wesen durchdrungen ist. (3. de anima.) II. Das Endlose der einzelnen Umstände kann von der Vernunft nicht umfaßt werden; und deshalb „ist unsere Voraussicht ungewiß.“ (Sap. 9.) Aber die endlosen Einzelheiten lassen sich durch die Erfahrung zurückführen auf gewisse Klassen, denen gemäß für gewöhnlich die einzelnen Umstände sich verhalten; und deren Kenntnis genügt für die menschliche Klugheit. III. Die Klugheit besteht nicht in den äußeren Sinnen, sondern im inneren Sinne, der durch das Gedächtnis und die Erfahrung vollendet wird, um gleich zu urteilen über das, was vorkommt. Nicht als ob sie in diesem Sinne gerade ihren Sitz hätte, diesen hat sie vielmehr in der Vernunft; aber vermittelst einer gewissen Anwendung des Allgemeinen gelangt sie bis zu diesem Sinne.

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