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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Secunda Pars Secundae Partis
Quaestio 188

Fünfter Artikel. Die behufs des Unterrichts und der Wissenschaft gestifteten Orden sind zukömmlich.

a) Dem steht entgegen Folgendes: I. Ps. 70. heißt es: „Weil ich nicht die Litteratur (oder im Allgemeinen die Wissenschaft) kenne, werde ich eintreten in die Macht des Herrn;“ d. i. sagt die Glosse „in die christliche Tugend.“ Gerade die Orden aber sollen eine Pflegestätte sein für das Tugendleben. Also dürfen sie nicht die Wissenschaften pflegen. II. Die Wissenschaft ist Ursache der Spaltung und Uneinigkeit. Deshalb sagt Hieronymus zu Tit. 1. (Et constituas): „Bevor auf den Antrieb des Teufels in der Religion die Wissenschaft gepflegt und unter den Leuten gesagt wurde: Ich gehöre zu Paulus, ich zu Cephas …“ Und ebenso verhält es sich mit der Philosophie, die in so viele Sekten sich spaltete. Also kein Orden darf der Wissenschaft sich widmen. III. Die christliche Vollkommenheit feierlich bekennen muß nicht zusammenfallen mit dem feierlichen Bekennen der Heiden. Da aber, bei den Heiden, bekannte man sich zur Philosophie. Also muß dies fernbleiben von den Orden. Auf der anderen Seite ladet Hieronymus den Paulinus zur Erlernung der Wissenschaft im Ordensstande ein: „Lernen wir auf Erden das, dessen Kenntnis bleibt im Himmel… Was du auch immer erforschen willst, ich werde dir beistehen.“

b) Ich antworte, zum beschaulichen und zum thätigen Leben könne ein Orden hinbezogen werden; und unter den Werken des thätigen Lebens ragen hervor jene, die dem Heile der Seelen dienen. Also kommt den Ordensleuten aus drei Gründen das Studium der Wissenschaften zu. Denn: I. Das Studium der Wissenschaft hilft dem beschaulichen Leben; einerseits direkt, weil es die Vernunft erleuchtet und so diese leichter zur Betrachtung des Göttlichen sich erhebt; nach Ps. 1.: „Im Gesetze des Herrn wird er betrachten Tag und Nacht,“ und Ekkli. 39.: „Die Weisheit der Alten wird der Weise erforschen und in den Propheten wird er nachdenken;“ — andererseits indirekt, weil es die Irrtümer entfernt, welche oft das Betrachten hindert oder gefahrvoll macht. So wird collat. Patr. 10. cap. 3. gelesen,daß der Abt Serapion aus zu großer Einfalt in den Irrtum der Anthropomorphiten fiel, die da meinten, Gott habe menschliche Form und menschliche Glieder. Deshalb schreibt Gregor (6. moral. 17.): „Während manche im Betrachten mehr forschen als ihr Wissen reicht, fallen sie in verderbliche Irrtümer; und da sie demütige Schüler der Wahrheit nicht sein wollten, werden sie Lehrer des Irrtums.“ Und Ekkle. 2. heißt es: „Ich habe gedacht in meinem Herzen, des Weines mich zu enthalten, damit ich meinen Geist zur Weisheit wende und die Thorheit vermeide.“ 2. Das Studium der Wissenschaften ist notwendig für das Predigtamt und was damit zusammenhängt. Deshalb sagt der Apostel vom Bischofe, dessen eigenstes Amt es ist, zu predigen (Tit. 1, 9.): „Er soll die Rede des Glaubens festhalten, welche gemäß der gesunden Lehre ist; damit er fähig sei, zu ermahnen und jene, die widersprechen, zu widerlegen.“ Man soll in diesem Punkte nicht auf das Beispiel der Apostel verweisen, die ungebildet waren: „Denn was den anderen die geistige Übung und das tägliche Betrachten des göttlichen Gesetzes zu teil werden läßt, das gab ihnen der heilige Geist,“ sagt Hieronymus (ad Rustikum). 3. Das Studium der Wissenschaft hilft auch in dem, was allen Orden gemeinsam ist: Es tötet das Fleisch ab: „Liebe die Wissenschaft der heiligen Schrift,“ sagt Hieronymus (ad Paulinum) „und du wirst nicht lieben die Laster des Fleisches;“ und Ekkli. 31.: „Das ehrbare Nachtwachen schwächt das Fleisch.“ Auch zur Bezähmung der Geldgier dient das Studium der Wissenschaft, so daß Sap. 7. gesagt wird: „Den Reichtum habe ich für nichts geachtet im Vergleiche mit ihr;“ und 1. Makk. 12. wird gesagt: „Wir aber bedürfen nichts von diesem (nämlich von äußeren Hilfsmitteln); denn unser Trost sind die heiligen Bücher, die wir in Händen haben.“ Ebenso dient das Studium der Wissenschaft dem Gehorsam, so daß Augustin sagt (de oper. mouach. 7.): „Welche Verkehrtheit, der Welt gehorchen zu wollen, da man sich doch frommer Lesung hingiebt.“ Also dient die Wissenschaft dem Ordensleben,

c) I. Die Glosse erklärt dieses Wort litteraturam von dem Buchstaben (littora) des Alten Gesetzes, von dem Paulus sagt (2. Kor. 3.): „Der Buchstabe tötet.“ Nicht den Buchstaben kennen will also heißen: nicht billigen die Beschneidung bloß dem Buchstaben nach sowie die anderen fleischlichen Übungen, ohne daß der Geist daran Anteil hätte. II. Die Wissenschaft ohne Liebe bläht auf und verursacht Streit, nach Prov. 13.: „Unter den stolzen ist immer Streit;“ zusammen mit der Liebe aber erbaut sie und bringt Eintracht hervor, nach 1. Kor. 1.: „Reich seid ihr geworden in jedem Worte und in jeder Wissenschaft…; also habet nun alle die nämliche Meinung, und es seien unter euch keine Spaltungen.“ Hieronymus spricht da nicht vom Studium der Wissenschaft, sondern vom Studium der widerstreitenden Meinungen, welche mit den Ketzern und Schismatikern in die Kirche eintraten. III. Die Philosophen gaben sich zumal mit weltlichen Wissenschaften ab. Der Ordensmann aber muß alles Wissen auf die Hingebung an Gott beziehen (nach Tit.) und auf die heilige Schrift sowie auf das Heil der Mitmenschen. Daher sagt Augustin (in fine musicae): „Wir erachten aber nicht, daß wir jene beiseite lassen müssen, welche von den Häretikern mit dem trügerischen Scheine von Vernünftigkeit und Wifsenschaftlichkeit getäuscht worden sind; wir gehen diesen später nach, indem wir ihre Wege betrachten. Es würde aber dies nicht lobenswert sein, wenn nicht viele treuen Kinder der besten Mutter, der heiligen Kirche, uns vorangegangen wären durch die Notwendigkeit bewogen, die Häretiker zu widerlegen.“

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