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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 15

Fünfter Artikel. Empfindlicher Schmerz war in Christo.

a) Dem wird widersprochen. Denn: I. Hilarius sagt (10. de Trin.): „Da für Christum das Sterben
Leben ist, wie soll man meinen, daß Er im Geheimnisse seines Schmerzes
empfunden habe, der da Leben den in Ihm sterbenden verleiht. … Der
Eingeborene Gott hat einen wahren Menschen angenommen, während Er
seiner selbst als Gott nicht ermangelte. Mochten nun Schläge auf Ihn
fallen oder Wunden Ihn verletzen oder Nägel Ihn durchbohren und das
Anheften am Kreuze schmerzen; — alles Dies dürfte den Ansturm der
Leidenschaft nahebringen, nicht aber den Schmerz des Leidens hineintragen;
es war wie ein Geschoß, welches das Wasser durchschneidet.“ Also war
in Christo kein Schmerz. II. Schmerz empfinden ist eigen dem in Sünde empfangenen Fleische;
Christi Leib aber war nicht so empfangen. III. Das Ergötzen an der Betrachtung des Göttlichen mindert den
körperlichen Schmerz, wie ja auch die Märtyrer an das Göttliche dachten,
um geduldig ihre Leiden zu ertragen. Die Seele Christi aber ergötzte sich
im höchsten Grade an Gott; denn sie schaute Gott wie Er ist. Also hatte
sie keinen Schmerz. Auf der anderen Seite sagt Isai. 53.: „Wahrhaft unsere Schmerzen hat Er getragen.“

b) Ich antworte, zur Wahrhaftigkeit empfindlichen Schmerzes werde erfordert: die Verletzung des Körpers und die Empfindung derselben. Nunwar der Körper Christi leidensfähig und die Seele hatte alle natürlichen Seelenvermögen. Also empfand der Herr Schmerz.

c) I. Mit dieser ganzen Stelle wollte Hilarius nicht die Wahrhaftigkeit des Schmerzes vom Leibe Christi ausschließen, sondern die Notwendigkeit desselben. Denn unmittelbar darauf sagt er: „Denn nicht darin daß der Herr gehungert oder gedurstet oder geweint hat ist bewiesen, daß der Herr nun notwendigerweise trank oder aß oder Schmerz empfand. Vielmehr damit Er die Wahrhaftigkeit seines Leibes darthue, hat Er die Gewohnheiten des Körpers ebenfalls annehmen wollen, so daß der Gewohnheit des Körpers genuggethan wurde durch freiwillige Übernahme der Gewohnheiten unserer Natur. Also wenn Er Speise und Trank nahm, war Er nicht dazu gezwungen durch die äußere Notwendigkeit des Körpers, sondern Er wollte dies der Gewohnheit zuteilen.“ Und zwar nahm Er nicht solche Notwendigkeit an mit Rücksicht auf die erste Ursache dieser Schmerzen und Mängel, nämlich die Sünde; als ob es der Sünde in Christo geschuldet wäre, daß sein Leib dergleichen Mängeln unterläge. Deshalb fügt Hilarius hinzu: „Denn Christus hatte einen Leib; aber mit einem Ursprünge, der demselben allein eigen war. Dieser Leib rührte nicht her von einer durch die Sünde verderbten Empfängnis, sondern der Herr hatte sein Fürsichbestehen in der Form unseres Körpers, jedoch kraft der Gewalt seiner Macht.“ Mit Rücksicht auf die andere Ursache solcher Mängel, nämlich die Zusammensetzung des Körpers aus einander entgegengesetzten Elementen, unterlag das Fleisch Christi der Notwendigkeit, solche Mängel wie Hunger, Durst, Tod etc. zu tragen. II. Das in Sünden empfangene Fleisch unterliegt dem Schmerze nicht
nur auf Grund der natürlichen Principien, sondern auch auf Grund dessen,
was der Sünde geschuldet war. Die letztere war in Christo nicht, die erstere
bestand. III. Um des Geheimnisses der Genugthuung für unsere Sünden willen
ward die Seligkeit so zurückgehalten in der Seele, daß sie nicht auf den
Leib sich ableitete, damit nicht Leidensfähigkeit und Sterblichkeit entfernt
würde. Und ebenso ward die Freude des Geistes so zurückgehalten, daß sie
sich nicht ausbreitete auf die niederen Kräfte, damit nicht der sinnliche
Schmerz ausgeschlossen würde.

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