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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 46

Dritter Artikel. Keine andere Art und Weise das Menschengeschlecht zu befreien, war zulässiger.

a) Dem wird widersprochen. Denn: I. Die Natur ahmt in ihrem Thätigsein Gott nach. Sie stellt aber
nicht durch zwei Mittel her, was sie durch eines herstellen kann. Da also
Gott den Menschen einfach durch einen Akt der Güte befreien konnte, so
war es unzulässig, hinzuzufügen das Leiden Christi. II. Was von Natur geschieht ist besser, als was aus Zwang geschieht.
Das Leiden Christi aber führte zu einem gewaltsamen Tode. Also hätte
der Herr lieber durch einen natürlichen Tod den Menschen befreien müssen
wie durch einen gewaltsamen. III. Wer mit Gewalt und zu Unrecht etwas festhält, der wird mit allem Recht durch die Gewalt eines höheren dessen beraubt; nach Isai. 52.: „Unverdienterweise seid ihr verkauft worden und ohne Geld werdet ihr losgekauft.“ Der Teufel aber hatte keinerlei Recht auf den Menschen, den er betrogen und wie durch Gewalt in Knechtschaft hielt. Also hätte Er der Herr mit seiner Macht allein und ohne sein Leiden den Menschen befreien müssen. Auf der anderen Seite schreibt Augustin (13. de Trin. 10.): „Eine mehr zukömmliche Art und Weise, unser Elend zu heilen, giebt es nicht als durch Christi Leiden.“

b) Ich antworte, um so zukömmlicher sei ein Mittel zum Zwecke, in je mannigfaltigerer Weise es dem Zwecke entspricht und zu demselben führt. In der Befreiung des Menschen aber durch das Leiden Christi kommt überaus Vieles zusammen, was dem Heile des Menschen entspricht. Denn 1. erkennt dadurch der Mensch, wie sehr Gott ihn liebt; und wird so angeregt, Gott wieder seinerseits zu lieben, in welcher Liebe das ganze Heil des Menschen besteht, so daß der Apostel (Röm. 5.) schreibt: „Gott macht liebwert seine heilige Liebe in uns; denn da wir Feinde waren, ist Christus für uns gestorben.“ Der Herr gab uns 2. das Beispiel der Demut, des Gehorsams, der Standhaftigkeit, der Gerechtigkeit und der anderen Tugenden durch sein Leiden, so daß 1. Petr. 2. es heißt: „Christus hat für uns gelitten und uns ein Beispiel hinterlassen, daß wir folgen seinen Spuren.“ 3. Christus hat durch sein Leiden den Menschen nicht nur von der Sünde befreit, sondern ihm auch die heiligmachende Gnade und die ewige Seligkeit verdient (s. unten Kap. 48.). 4. Der Mensch ist nunmehr gezwungen, sich von Sünden frei zu halten; wie 1. Kor. 6. es heißt: „Gekauft seid ihr um einen hohen Preis: verherrlichet und traget Gott in eueren Leibern.“ 5. Die Würde des Menschen ist mehr bewahrt. Denn wie ein Mensch vom Teufel getäuscht und überwunden worden war, so hat ein Mensch nun den Teufel überwunden; und wie ein Mensch den Tod verdiente, so hat ein Mensch durch den Tod den Tod getötet. Deshalb heißt es 1. Kor. 15.: „Gott Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unseren Herrn Jesum Christum.“

c) I. Damit die Natur etwas in zukömmlicherer Weise mache, nimmt sie auch manchmal zwei Mittel anstatt eines; wie sie zwei Augen giebt, wo eines genügt hätte. II. „Christus hat nicht seinen Tod, ist Er doch das Leben, sondern
unseren Tod aufzehren wollen. Deshalb hat Er nicht durch natürlichen
eigenen Tod seinen Körper abgelegt, sondern den von Menschen beigebrachten
ausgehalten. Wäre sein Leib an einer Krankheit und Er so vor aller Blicken
gestorben, so war dies unzukömmlich, daß Er, der alle Krankheiten zu entfernen gekommen, nun den eigenen Körper Krankheiten preisgegeben sah.
Wäre Er aber insgeheim in natürlicher Weise gestorben, und hätte sich
dann als auferstanden den anderen vorgestellt, so hätte niemand seine Auferstehung geglaubt. Wie nämlich konnte der Sieg Christi im Tode offenbar
werden, wenn der Herr nicht vor allen, öffentlich, bewiesen hätte, Er sei
wahrhaft tot gewesen?“ (Athann. de incarn. Verbi.) III. Freilich hatte ungerechterweise der Teufel den Menschen angegriffen; aber wegen der Sünde war der Mensch gerechterweise verlassen
von Gott und der Knechtschaft verfallen. Also war es zukömmlich, daß der
Mensch durch die Gerechtigkeit aus dieser Knechtschaft befreit würde, indemChristus genugthat durch sein Leiden. Dies war auch zukömmlich, „um den Stolz des Teufels zu bändigen, der da verlassen hat die Gerechtigkeit und geliebt hat die Macht, daß Christus den Teufel besiege und den Menschen befreie, nicht durch die Macht allein der Gottheit, sondern auch durch die Gerechtigkeit und Demut des Leidens“ (Aug. 13. de Trin. 13.).

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