17.
Ich will mich deutlicher erklären, obschon ich glaube, mich in zu viele Dinge einzulassen; denn immer haftet mir der Fehler an, daß ich, wie schon gesagt, mich nicht anders verständlich machen kann als mit Aufwand von vielen Worten. Da ist z. B. eine Nonne, die anfängt, das innerliche Gebet zu üben. Wenn nun ein unverständiger Führer sie leitet und es ihm einfällt, so wird er ihr beibringen, es wäre besser, ihm zu gehorchen als ihrem Oberen. Dies tut er nicht aus Bosheit, sondern weil er meint, das Rechte zu treffen; denn wenn er nicht selbst auch dem Ordensstande angehört, so mag es ihm wohl so scheinen. Ist es aber eine verheiratete Frau, die sich seiner Leitung unterworfen hat, so wird er ihr sagen, sie tue besser daran, anstatt ihre Hausgeschäfte zu besorgen, dem Gebete obzuliegen, wenngleich sie ihren Gatten dadurch unzufrieden macht. Ein solcher Führer weiß weder Zeit noch Dinge zu ordnen; ihm sei fehlt es an Licht, und darum kann er auch anderen keines mitteilen, wenn er auch will. Obschon nun für Dinge dieser Art keine Gelehrsamkeit notwendig zu sein scheint, so war es doch immer meine Meinung, und sie wird es auch bleiben, daß jeder Christ nach Möglichkeit trachten soll, sie bei tüchtigen Gelehrten Rats zu erholen; je mehr Wissenschaft sie besitzen, desto besser wird es sein. Am meisten aber bedürfen dies jene, die den Weg des Gebetes wandeln; und je mehr sie im geistlichen Leben vorangeschritten sind, um so dringender in dieses Bedürfnis für sie. Man sage nicht, Gelehrte, die das innerliche Gebet nicht üben, seien nicht für jene, die ihm ergeben sind; denn da würde man sich täuschen. Ich selbst habe mit vielen Gelehrten verkehrt, da ich ihnen von jeher zugetan war, seit einigen Jahren aber des größeren Bedürfnisses halber mich noch häufiger mit ihnen zu besprechen suchte. Gibt es auch solche unter ihnen, die keine Erfahrung haben, so sind diese doch dem geistlichen Leben nie abhold und in diesen Dingen nicht unwissend, da sie in der Heiligen Schrift, mit der sie vertraut sind, allzeit die Wahrheit des guten Geistes finden. Ja, ich halte dafür, daß eine dem Gebete ergebene Person, die bei Gelehrten sich Rats erholt, sicher ist vor den Täuschungen und dem Betruge des bösen Feindes, außer sie will sich selbst betrügen; denn ich glaube, die bösen Geister fürchten die Wissenschaft, die mit Demut und Tugend verbunden ist, gar sehr, weil sie wissen, daß sie dadurch entdeckt werden und mit Verlust abziehen müssen.