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Werke Theresia von Jesu (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Zweiundzwanzigstes Hauptstück

11.

Gott hat großes Wohlgefallen an einer Seele, die in Demut seinen Sohn zum Mittler nimmt und ihn so sehr liebt, daß sie sich auch dann, wenn Seine Majestät sie zu einer sehr hohen Beschauung erheben will, dessen für unwürdig erkennt und mit dem heiligen Petrus redet: »Herr, gehe weg von mir, denn ich bin ein sündhafter Mensch.« Dies habe ich selbst erprobt; auf diese Weise hat Gott meine Seele geführt. Andere mögen, wie gesagt, einen anderen Pfad gehen; aber ich habe erkannt, daß die ganze Grundlage des Gebetes die Demut und daß Gott eine Seele um so höher erhebt, je tiefer sie sich im Gebete erniedrigt. Ich erinnere mich nicht, auch nur eine jener ausgezeichneten Gnaden, die ich noch erwähnen werde, von Gott erhalten zu haben, ohne daß ich mich beim Anblicke meines so großen Elendes vernichtet fühlte. Auch suchte mich seine Majestät, um mir durch Selbsterkenntnis behilflich zu sein, über manche Einzelheiten aufzuklären, zu deren Kenntnis ich aus mir selbst nicht hätte gelangen können. Wenn die Seele ihrerseits etwas tut, um sie im Gebete der Vereinigung voranzuhelfen, so mag ihr dies für den Augenblick förderlich erschienen; aber meines Erachtens wird das, was sich dadurch erhielt, gleich einem Gebäude ohne Grund, sehr bald wieder zerfallen. Außerdem fürchte ich, eine solche Seele werde nie zur wahren Geistesarmut gelangen. Diese aber besteht darin, daß man nach Entsagung der irdischen Tröstungen auch im Gebete keinen Trost und keine Wonne sucht, sondern seinen Trost in den Leiden allein finden will aus Liebe zu dem, der sein ganzes Leben lang damit behaftet war. Die Seele, die arm im Geiste ist, bleibt in Leiden und Trockenheiten ruhig; sie wird wohl schmerzlich davon berührt, gibt sich aber der Unruhe und der Traurigkeit nicht so hin wie manche Personen, die da meinen, es sei alles verloren, wenn sie nicht immer mit dem Verstande tätig sind und keine Andacht empfinden, gleich als ob man sich durch eigene Anstrengung ein so großes Gut erwerben könnte. Ich sage nicht, daß man nicht nach dieser Andacht trachten und nicht mit Sorgfalt vor Gott stehen solle; wenn man aber trotzdem auch keinen guten Gedanken fassen kann, so soll man sich deshalb nicht zutode kümmern, wie ich dies schon anderwärts erwähnt habe. Wir sind ja unnütze Knechte; was meinen wir doch ausrichten zu können?

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Das Leben der heiligen Theresia von Jesu

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