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Werke Theresia von Jesu (1515-1582) Das Leben der heiligen Theresia von Jesu
Viertes Hauptstück

7.

Während der neun Monate, die ich in jener Einsamkeit zubrachte, belohnte seine Majestät meinen anfänglichen Eifer mit vielen Gnaden. Zwar war ich damals nicht so frei von Beleidigungen Gottes, wie das erwähnte Buch es forderte; ich ging vielmehr über diesen Punkt hinweg, weil mir eine so große Bedeutsamkeit fast unmöglich schien. Bloß vor der Todsünde hütete ich mich und wollte Gott, es wäre wenigstens dies immer der Fall gewesen; aus den läßlichen Sünden aber machte ist mir wenig, und eben dies war mein Verderben. Nichtsdestoweniger ließ mich Gott gegen das Ende jener neun Monate auf dem betretenen Wege seine Süßigkeiten in so reichlichem Maße kosten, daß er mich sogar mit dem Gebete der Ruhe und einigemal auch mit dem der Vereinigung begnadigte. Ich hatte jedoch damals weder von dem einen noch von dem anderen Gebete ein Verständnis und wußte nicht, wie hoch beides zu schätzen sei. Hätte ich es verstanden, so würde es mir, wie ich glaube, viel genützt haben. Es ist wahr, das Gebet der Vereinigung hielt nur so kurze Zeit an, daß ich nicht weiß, ob es auch nur ein Ave Maria lang war. Immerhin aber ließ dieses Gebet so auf erhebliche Wirkungen in mir zurück, daß ich, obwohl damals noch nicht zwanzig Jahre alt, die ganze Welt unter den Füßen zu haben glaubte; so bedauerte ich denn auch, wie ich mich noch erinnere, jene, die sich, wenngleich in erlaubten Dingen, der Welt hingeben. Ich befliß mich, so gut ich konnte, Jesus Christus, unser höchstes Gut und unseren Herrn, in mir zu vergegenwärtigen; dies war meine Weise, innerlich zu beten. Wenn ich irgendein Geheimnis des Leidens Christi betrachtete, so stellte ich es mir in meinem inneren vor. Die meiste Zeit brachte ich indessen mit dem Lesen guter Bücher zu, was zugleich meine ganze Erholung ausmachte; denn Gott hatte mir nicht die Fähigkeit verliehen, mit dem Verstande nachzudenken noch mich mit Nutzen der Einbildungskraft zu bedienen. Letztere insbesondere ist so unbeholfen bei mir, daß ich es niemals fertigbrachte, mir auch nur von der Menschheit des Herrn, den ich als in mir gegenwärtig zu betrachten mich bemühte, ein deutliches Bild vorzustellen. Die eben erwähnte Weise des innerlichen Gebetes, wobei man nämlich mit dem Verstande nicht nachsinnen kann, führt zwar eher zur Beschauung, vorausgesetzt, daß man darin beharrlich ist; doch ist dieser Weg sehr beschwerlich und mühsam. Denn wenn es dem Willen an Beschäftigung fehlt und der Liebe an Nahrung, um sich mit passenden Anmutungen dem vorgestellten Gegenstande zuwenden zu können, so bleibt die Seele gleichsam ohne Stütze und ohne Tätigkeit, und es verursachen ihr Einsamkeit und Trockenheit große Pein und die zerstreuenden Gedanken den härtesten Kampf.

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Das Leben der heiligen Theresia von Jesu

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