21.
Nachdem wir mit der Verrichtung des gemeinsamen Chorgebetes begonnen, gewann auch das Volk allmählich eine große Zuneigung zu unserem Kloster. Es wurden noch mehr Nonnen aufgenommen; und der Herr änderte nach und nach den Sinn unserer ärgsten Widersacher derart, daß sie uns sehr geneigt wurden, uns Almosen spendeten und auf diese Weise billigten, was sie so lange verworfen hatten. Zuletzt ließen sie von dem Prozesse gegen uns ganz ab und sahen nun, wie sie gestanden, ein, daß die Stiftung ein Werk Gottes sei, weil sie Seine Majestät trotz des vielen Widerspruches doch habe weiterbestehen lassen wollen. Nun war niemand mehr der Ansicht, daß die Unterlassung der Stiftung besser gewesen wäre. Die Leute versehen uns sorgsam mit Almosen; und ohne daß wir es sammeln oder jemand darum ansprechen, treibt sie der Herr an, es uns ins Haus zu schicken. Wir leben somit ohne Mangel am Notwendigen; und ich hoffe zum Herrn, daß es allzeit so sein werde. Die Zahl der Nonnen ist ja klein; und tun sie ihre Schuldigkeit, wie die göttliche Majestät ihnen jetzt die Gnade dazu gibt, so bin ich versichert, daß sie keinen Mangel leiden werden und niemand zur Last zu fallen brauchen, da der Herr, wie er bisher getan, für sie sorgen wird. Für mich aber ist es der größte Trost, hier unter Seelen zu sein, die so ganz und gar von allem losgeschält sind. Ihr ganzes Tun und Lassen zielt darauf hin, im Dienste Gottes voranzuschreiten. Die Einsamkeit ist ihr Trost; und schon der Gedanke an die Besuche Auswärtiger, und seien es auch sehr nahe Anverwandte, ist ihnen lästig, es sei denn, daß dadurch in ihnen die Liebe zu ihrem göttlichen Bräutigam noch mehr entzündet werde. Daher kommen auch nur solche Personen zu diesem Kloster, die hierüber sich besprechen; andere sagen diesen Seelen nicht zu, noch sie ihnen. Sie kennen keine andere Sprache, als von Gott zu reden; und um sie zu verstehen und von ihnen verstanden zu werden, muß man dieselbe Sprache führen. Wir halten die Regel Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel, und zwar vollständig und ohne Milderung, so wie sie von Frater Hugo, Kardinal von St. Sabina, im Jahre 1248, dem fünften des Pontifikates des Papstes Innozenz IV., bestätigt worden ist.